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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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wäre so klar gewesen, dass sie die Verbindungsübersicht gar nicht erst abgefragt hätten. Und selbst wenn, würde er diese niemals einem … Moment, wie hat er sich ausgedrückt«, Harry schloss die Augen und zählte etwas an seinen Fingern ab, »›abgehalfterten Bullen, Alkoholiker und Verräter wie Ihnen‹ überlassen.«
    »Wie gesagt, ich wusste gar nicht, dass du alte Freunde hast.«
    »Na ja, jetzt muss ich mir die halt woanders besorgen.«
    »Okay. Ich kümmere mich um dieses Pulver. Die Analyse mache ich auf jeden Fall noch heute.«
    Harry blieb in der Tür stehen. »Du hast gesagt, vor kurzem wäre auch in Göteborg und Kopenhagen Violin aufgetaucht? Willst du damit sagen, dass das dort später als in Oslo eingeführt worden ist?«
    »Ja.«
    »Ist das für gewöhnlich nicht umgekehrt? Meistens kommt das neue Dope doch erst nach Kopenhagen und verbreitet sich von dort aus weiter nach Norden?«
    »Stimmt eigentlich. Wieso?«
    »Ich weiß noch nicht recht. Was hast du gesagt? Wie heißt dieser Pilot?«
    »Ich hab gar nichts gesagt. Er heißt Schultz, Vorname Tord. Sonst noch was?«
    »Ja. Hast du dich schon mal gefragt, ob dieser verdeckte Ermittler vielleicht recht hatte?«
    »Recht?«
    »Die Klappe zu halten und niemandem zu vertrauen. Vielleicht hatte er ja herausgefunden, dass tatsächlich irgendwo ein Brenner sitzt.«
    Harry sah sich in der großen, luftigen Rezeption des Telenor-Hauptgebäudes in Fornebu um. Sie hatte etwas von einer Kathedrale. Zehn Meter weiter vorne standen zwei Leute und warteten darauf, bedient zu werden. Er sah, dass sie Gästeausweise bekamen und warten mussten, bis sie von denjenigen, die sie sprechen wollten, an der Personalschleuse abgeholt wurden. Telenor hatte die Sicherheitsvorkehrungen allem Anschein nach gründlich überarbeitet, so dass er seinen Plan, einfach in Klaus Torkildsens Büro zu marschieren, gründlich überdenken musste.
    Torkildsen würde sich garantiert nicht über Harrys Besuch freuen. Aus einem ganz einfachen Grund. Torkildsen war wegen Exhibitionismus vorbestraft, hatte das seinem Arbeitgeber aber nie mitgeteilt, was Harry wiederum über Jahre hinweg ausgenutzt hatte, um an Informationen zu kommen, die zum Teil weit über das hinausgingen, was die Gesellschaft überhaupt herausgeben durfte.
    Aber wie dem auch sei, ohne die Allmacht, die ein Polizeiausweis mit sich brachte, würde Torkildsen Harry vermutlich nicht einmal empfangen.
    Rechts neben den vier Personalschleusen befand sich eine große Tür, durch die gerade eine größere Gruppe Besucher eingelassen wurde. Harry fasste einen spontanen Entschluss. Er ging mit raschen Schritten zu der Besuchergruppe und schob sich in die Mitte der Leute, die sich langsam auf den Telenor-Angestellten zubewegten, der die Tür aufhielt. Harry wandte sich an seinen Nebenmann, einen kleinen Mann mit chinesischen Gesichtszügen.
    »Nín hˇao.«
    »Excuse me?«
    Harry las den Namen auf dem Aufkleber. Yuki Nakazawa.
    »Oh, Japanese «, sagte Harry mit einem Lachen und schlug dem Mann wie einem alten Freund mehrmals auf die Schulter. Yuki Nakazawa lächelte unsicher.
    »Nice day« , sagte Harry, die Hand noch immer auf der Schulter des anderen.
    »Yes«, sagte Yuki. »Which company are you?«
    »TeliaSonera«, sagte Harry.
    »Very, very good.«
    Sie gingen an dem Telenor-Angestellten vorbei, und aus dem Augenwinkel sah Harry, dass er ihnen folgte. Er wusste ziemlich genau, was der Mann wollte. Und er hatte recht.
    »Sorry, sir, I can’t let you in without a tag.«
    Yuki Nakazawa sah den Mann überrascht an.
    Torkildsen hatte ein neues Büro bekommen. Nachdem Harry einen Kilometer durch eine offene Bürolandschaft zurückgelegt hatte, entdeckte er in einer Art Glaskäfig endlich den wohlbekannten stattlichen Körper.
    Harry ging direkt hinein.
    Der Mann drehte ihm den Rücken zu und telefonierte. Harry sah, wie sein Speichel an die Scheibe des Glaskastens spritzte, als der Mann schimpfte: »Verdammt, jetzt kriegt endlich diese SW2 -Server ans Laufen!«
    Harry räusperte sich.
    Der Stuhl schwang herum. Klaus Torkildsen war noch fetter geworden. Nicht einmal der überraschend elegante, maßgeschneiderte Anzug vermochte die Fettwülste zu kaschieren, das alles war aber bei weitem nicht so auffällig wie der Ausdruck reiner, klarer Angst, der sich auf seinem merkwürdigen Gesicht abzeichnete. Merkwürdig deshalb, weil sich trotz des zur Verfügung stehenden Platzes Augen, Nase und Mund wie auf einer kleinen Insel mitten im

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