Die Larve
spielenden Kinder, das Brummen der anfliegenden Flugzeuge und das sorglose Lachen der anderen draußen vor dem offenen Fenster hörte. Die Flugzeuge, die kamen und kamen. Seines, Tords, dröhnendes Lachen nach einer weiteren klassischen Pilotengeschichte und das leise Stöhnen von ihr, Else, Tords Frau.
Kapitel 18
D u hast Violin gekauft?«
Beate Lønn starrte Harry ungläubig an. Er saß in der Ecke ihres Büros, hatte den Stuhl aus dem scharfen Morgenlicht in den Schatten geschoben, die Jacke über den Stuhlrücken gehängt und die Hände um die Kaffeetasse gelegt, die sie ihm gereicht hatte. Schweiß lag wie eine Plastikfolie auf seinem Gesicht.
»Du hast das doch wohl nicht …?«
»Nein, bist du verrückt?« Harry schlürfte den heißen Kaffee. »Als Alki darf man sich so was auf keinen Fall erlauben, das ist doch klar.«
»Gut, denn sonst wär das wohl ein klassischer Fehlschuss gewesen«, sagte sie und zeigte auf seinen Unterarm.
Harry blickte nach unten. Neben seinem Anzug hatte er lediglich drei Unterhosen, ein paar Ersatzsocken und zwei kurzärmelige Hemden dabei. Er hatte vorgehabt, in Oslo zu kaufen, was er brauchte, war allerdings noch nicht dazu gekommen. Und an diesem Morgen hatte er sich beim Aufwachen gefühlt wie nach einem Kater und hätte aus alter Gewohnheit beinahe ins Klo gekotzt. Das Resultat der Spritze ins Fleisch war ein Bluterguss in Form und Farbe der Vereinigten Staaten bei Reagans Wiederwahl.
»Ich möchte, dass du das hier für mich analysierst«, sagte Harry.
»Warum?«
»Wegen der Tatortfotos, auf denen man das Tütchen sieht, das ihr bei Oleg gefunden habt.«
»Wieso?«
»Ihr habt inzwischen verdammt gute Kameras mit einer hohen Auflösung. Auf den Fotos konnte man erkennen, dass das Pulver auf den Fotos vollkommen weiß war. Dieses Pulver hier hat ein paar braunschwarze Partikel.«
Beate nahm eine Lupe aus der Schreibtischschublade und beugte sich über das Pulver, das Harry auf die Titelseite des Forensic Magazine gestreut hatte.
»Du hast recht«, sagte sie. »Die Proben, die wir hier hatten, waren alle reinweiß, aber in den letzten Monaten ist ja so gut wie nichts mehr beschlagnahmt worden, deshalb ist das wirklich interessant. Insbesondere weil neulich ein Kommissar von der Flughafenpolizei in Gardermoen angerufen hat und etwas Ähnliches erzählt hat.«
»Was genau?«
»Die haben ein Päckchen im Handgepäck eines Piloten gefunden, und dieser Kommissar wollte wissen, wie wir auf die Idee kommen könnten, es handele sich um Kartoffelmehl, wo er doch mit eigenen Augen diese braunen Partikel gesehen habe.«
»War der wirklich der Meinung, dieser Pilot würde Violin schmuggeln?«
»Bis jetzt ist an der Grenze nicht eine einzige Lieferung Violin beschlagnahmt worden, der Kommissar hatte das Zeug also vermutlich noch nie gesehen. Außerdem ist weißes Heroin selten, das meiste, was hier ankommt, ist braun. Der Kommissar ist vermutlich davon ausgegangen, dass da zwei Partien vermischt worden sind. Außerdem war der Pilot nicht auf dem Weg ins Land, sondern bei der Ausreise.«
»Aus Norwegen raus?«
»Ja.«
»Wohin denn?«
»Nach Bangkok.«
»Der hat Kartoffelmehl nach Bangkok mitgenommen?«
»Vermutlich für ein paar Norweger, die weiße Sauce zu ihren Fischküchlein machen wollten.« Sie lächelte, wurde aber trotzdem rot wegen des Witzes.
»Hm. Noch was ganz anderes. Ich habe gerade etwas über einen Drogenfahnder gelesen, der tot im Hafen von Göteborg gefunden worden ist. Es gab Gerüchte, es könne sich um einen Brenner gehandelt haben. Gab es ähnliche Vermutungen über den verdeckten Ermittler, den ihr hier in Oslo gefunden habt?«
Beate schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Im Gegenteil. Dieser Mann war eher dafür bekannt, bei seiner Jagd auf die Dealer ein bisschen übereifrig zu sein. Kurz vor seinem Tod soll er behauptet haben, den ganz großen Fisch an der Angel zu haben. Er wollte ihn aber partout allein an Land bringen.«
»Allein, ja.«
»Mehr wollte er nicht sagen, angeblich weil er nur sich selbst vertraute. Hört sich eigentlich wie jemand an, den du kennst, Harry.«
Er stand lächelnd auf und schob die Arme in die Ärmel seiner Jacke.
»Wohin willst du?«
»Einen alten Freund besuchen.«
»Ich wusste gar nicht, dass du so etwas hast.«
»Eine Redewendung. Ich habe den Chef des Kriminalamtes angerufen.«
»Heimen?«
»Ja. Wegen Gustos Handyverbindungen. Aus den letzten Tagen vor seinem Tod, aber Heimen meinte nur, die Sache
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