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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Unbezahlte Rechnungen.
    Geld.
    Am Anfang und am Ende zählte nur das Geld. Das war bei Drogen immer so. Harry dachte nach. Versuchte, sich an den Namen zu erinnern, den Beate ihm genannt hatte. Der Pilot, der mit dem Pulver im Handgepäck geschnappt worden war. Sein Polizistengedächtnis funktionierte noch immer. Er tippte TORD SCHULTZ in das Suchfeld der Auskunft.
    Eine Mobilnummer wurde angezeigt.
    Als Harry auf der Suche nach einem Stift die Schublade von Olegs Schreibtisch öffnete und das Masterful Magazine anhob, fiel sein Blick auf einen Zeitungsausschnitt in einer Plastikmappe. Sofort erkannte er sein eigenes, jüngeres Gesicht. Er nahm die Mappe heraus und blätterte die anderen Zeitungsausschnitte durch. Immer ging es um Fälle, die Harry bearbeitet hatte und wegen der er genannt oder abgebildet worden war. Darunter war auch ein altes Interview in einer psychologischen Zeitschrift, in dem man ihn über Serienmorde ausgefragt hatte. Wenn er sich richtig erinnerte, hatten ihn die Fragen ziemlich verärgert. Er warf die Schublade zu, sah sich um und hätte am liebsten irgendetwas zerschlagen. Dann schaltete er den PC aus, packte den kleinen Koffer, ging auf den Flur und zog seine Leinenjacke an. Rakel trat zu ihm und wischte ihm ein kaum sichtbares Staubkörnchen vom Revers.
    »Es ist schon komisch«, sagte sie. »Ich habe dich so lange nicht gesehen, und es war mir gerade irgendwie gelungen, dich zu vergessen, und dann bist du plötzlich wieder hier.«
    »Ja«, sagte er. »Und, ist das gut?«
    Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. »Ich weiß nicht. Beides vielleicht. Gut und schlecht. Verstehst du?«
    Harry nickte und zog sie an sich.
    »Du bist das Schlimmste, was mir je passiert ist«, sagte sie. »Und das Beste. Sogar jetzt kann ich alles um mich herum vergessen, wenn du nur da bist. Nein, ich weiß nicht, ob das gut ist.«
    »Ich weiß.«
    »Was ist das?«, fragte sie und zeigte auf den Koffer.
    »Ich checke wieder im Leons ein.«
    »Aber …«
    »Lass uns morgen darüber reden. Gute Nacht, Rakel.«
    Harry küsste sie auf die Stirn, öffnete die Tür und ging nach draußen in den warmen Herbstabend.
    Der Junge an der Rezeption des Leons sagte, er müsse nicht noch einmal ein Formular ausfüllen, und bot Harry denselben Raum wie beim letzten Mal an, 301. Harry sagte, das sei okay, wenn sie denn die kaputte Gardinenstange in Ordnung brächten.
    »Ist die schon wieder kaputt?«, fragte der Junge. »Das war der letzte Mieter, der Arme hatte immer wieder Wutanfälle.« Er reichte Harry den Zimmerschlüssel. »Der war auch Polizist.«
    »Und der hat hier gewohnt?«
    »Ja, er war sogar einer von denen, die hier fest gewohnt haben. So ein verdeckter Ermittler. Undercover heißt das bei Ihnen, oder?«
    »Hm. Hört sich mehr nach over cover an, wenn Sie wussten, dass er Polizist war.«
    Der Junge lächelte. »Warten Sie, vielleicht habe ich im Hinterzimmer noch eine Gardinenstange.« Der Junge verschwand.
    »Sixpence war dir ssiemlich ähnlich«, sagte eine tiefe Stimme. Harry drehte sich um.
    Cato saß in einem Sessel des Vorraums, der nur mit viel Wohlwollen als Lobby bezeichnet werden konnte. Er sah müde aus und schüttelte langsam den Kopf. »Ssehr ähnlich, Harry. Ssehr passioniert. Geduldig und ssehr halsstarrig. Leider. Nicht sso ein langes Elend wie du, natürlich, und er hatte graue Augen. Aber den gleichen Polizeiblick und genausso einssam. Und er starb am sselben Ort wie du. Du hättest fahren ssollen, Harry. Du hättest in diessem Flieger ssitzen ssollen.« Er gestikulierte etwas unverständlich mit seinen langen Fingern. Sein Blick war so besorgt und schwermütig, dass Harry fürchtete, er könne jeden Moment zu weinen anfangen. Als er sich langsam und schwerfällig erhob, wandte Harry sich wieder dem Jungen zu, der gerade zurückkam.
    »Stimmt das, was er sagt?«
    »Wer?«, fragte der Junge.
    »Er«, sagte Harry und drehte sich um, um auf Cato zu zeigen. Aber da war niemand. Cato musste schnell ins Dunkel unter der Treppe geschlüpft sein.
    »Ist der Polizist oben in meinem Zimmer gestorben?«
    Der Junge ließ Harry lange auf seine Antwort warten. »Nein, der war irgendwann einfach weg. Später ist er dann bei der Oper an Land getrieben. Also, ich hatte hinten keine Gardinenstange mehr, aber wie wäre es mit dieser Nylonschnur? Sie können die Gardine darauf ziehen und die Schnur dann an den Halterungen der Gardinenstange festknoten.«
    Harry nickte langsam.
    Um zwei Uhr nachts lag Harry noch

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