Die Last der Schuld
wusste, dass er es nicht erzwingen konnte. Sie hatte ihm ihren Körper anvertraut, doch das reichte ihm nicht. Er wollte, dass sie ihm auch ihr Leben anvertraute. Ihre Zukunft. Er wollte ihr beweisen, dass er sie nie wieder im Stich lassen würde, ganz gleich, was in der Vergangenheit geschehen war. Er konnte sich nicht erklären, warum ihr diese Benefizveranstaltung so wichtig war, aber es war im Grunde auch egal. Es war ihr wichtig â mehr brauchte er nicht zu wissen.
Caleb lieà Lana los, ehe er etwas tun konnte, das sie beide vor versammelter Mannschaft blamieren würde. Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und lächelte sie beruhigend an. »Vertrau mir.«
***
Während die Männer Kriegsrat hielten, schlich sich Lana unauffällig aus dem Büro, um Stacie zu besuchen. Sie war gestern entlassen worden, und Lana wollte sich vergewissern, dass sie und ihre Schwester gut miteinander zurechtkamen.
Lana war gerade an ihrem Auto angekommen, als Caleb sie einholte. Die Sonne knallte auf sie nieder und tauchte sein Gesicht in tiefe Schatten. Ein nur allzu vertrautes Gefühl breitete sich in ihr aus, während sie im Geiste zu dem Tag zurücktransportiert wurde, als Caleb sie aus der Höhle getragen hatte. Lana schloss die Augen und lehnte sich gegen die Autotür.
»Alles in Ordnung?«, fragte er, während sich seine Hände um ihre Oberarme legten, um sie festzuhalten.
Die Hitze seiner Hände wärmte sie weitaus wirkungsvoller als die pralle Sonne über ihr. Sie unterdrückte einen lustvollen Schauder, während sie daran dachte, wie sich seine Hände letzte Nacht angefühlt hatten, wie viel Lust er ihr mit seinen Fingerspitzen bereitet hatte.
»Mir gehtâs gut. Mir wurde es nur da drinnen ein wenig zu eng.«
»Das sind eine Menge Leute für so ein winziges Büro. Wir könnten eine kleine Spritztour machen.«
Lana starrte auf seine groÃen FüÃe, statt sich erneut dem Risiko auszusetzen, von jenen Erinnerungen überwältigt zu werden, die hinter seiner dunklen Silhouette lauerten. »Ich wäre lieber für eine Weile allein.«
»Lass mich mitkommen«, sagte Caleb. »Du bist allein nicht sicher. Nicht nach der Sache mit Stacie.«
Sie brauchte dringend ein wenig Zeit für sich selbst â ein wenig Abstand von Caleb, um in Ruhe nachzudenken. Um sich neu zu sortieren. »Ich brauche den Freiraum, Caleb. Lass mich gehen! Bitte!«
Er schwieg für einen Moment, und sie fragte sich, ob er wohl nach einem weiteren Argument suchte oder sich einredete, keines zu brauchen. »Wäre es dir lieber, wenn einer der anderen mitkommt?« In seiner Stimme lag ein Tonfall, den sie von ihm nicht kannte. Hätte sie es nicht besser gewusst, hätte sie auf Verunsicherung getippt, doch das ergab keinerlei Sinn. Niemand war stärker und mutiger als Caleb.
»Natürlich nicht. Ich kenne diese Männer doch überhaupt nicht. Ich brauche nur ein bisschen Zeit für mich. AuÃerdem muss ich zu Stacie. Und ich muss zu den Kindern.« Sie unterdrückte die Beklemmung, die sie bei der Vorstellung, ins Jugendzentrum zu gehen, abrupt überkam. Kara schien immerzu dort zu sein.
Caleb legte eine Hand an ihre Wange, doch sie widerstand dem Drang, sich in die Berührung hineinzuschmiegen. »Ich möchte dich nicht gehen lassen, aber die Entscheidung liegt wohl nicht bei mir.«
Sie spürte einen tieferen Sinn hinter den Worten, hörte es an seinem Tonfall, doch sie wagte es nicht, näher nachzuforschen. Genau genommen musste sie all ihre Kraft zusammennehmen, um Caleb nicht erneut anzuflehen, sie ihr Leben vergessen zu lassen. Er hatte ihr wertvollen Trost gespendet, in einer Welt, die sich so lange um ihre Angst gedreht hatte, dass sie schon fast vergessen hatte, wie es war, keine Angst zu haben.
Er hatte sie daran erinnert, wie es war, normal zu sein. Doch die Konfrontation mit der Wirklichkeit hatte ihr einen derben Schlag versetzt. Nichts hatte sich geändert. Sie musste nach wie vor schweigen. Es war der einzige Weg, die Menschen, die sie liebte, zu beschützen â und Caleb gehörte inzwischen fast schon dazu.
»Mir wird schon nichts passieren«, versicherte sie. »Vertrau mir.«
***
Hätte sie ihm nicht seine eigenen Worte ins Gesicht geschleudert, wäre er vielleicht hartnäckig geblieben und hätte darauf bestanden mitzukommen, doch Lana hatte ihn
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