Die Last der Schuld
sich in der sanften Morgenbrise verflüchtigte.
Lana fuhr mit den Händen über ihr Gesicht und wischte sich die Handflächen an den Oberschenkeln ab. Getrocknetes Blut klebte ihr an den Fingern. Ihre Nase war gerötet, und ihre Augen glänzten vor Tränen. Caleb blickte tief in sie hinein und verlor sich in ihrem intensiven Blau. Es war, als würde er über einen tropischen Ozean fliegen und die verschiedenen Blautöne betrachten, die sich aus der unterschiedlichen Wassertiefe ergaben. Die Farben von Lanas Iris reichten von blassem Silberblau in Nähe der Pupillen bis hin zu tiefdunklem Indigo an den Rändern. Ihre Wimpern bildeten einen dichten, dunklen Kranz, der keinerlei Schönheitsprodukte benötigte.
Caleb wurde bewusst, dass er sie immer noch festhielt. Er nahm einen tiefen Atemzug und zog seine Hände abrupt zurück, als wollte er ein Pflaster von behaarter Haut abreiÃen. Lana nicht länger festzuhalten war allerdings deutlich schmerzhafter.
Lana sammelte sich ein wenig, und Caleb stellte fest, dass sie Publikum hatten. Ein überwiegend männliches.
Er zog sich sein T-Shirt aus und stülpte es Lana über den Kopf, um ihren Busen zu bedecken. Sosehr er den Anblick auch genoss, war er doch keineswegs gewillt, ihn mit den umstehenden Polizisten zu teilen.
Lana schob ihre Hände durch die T-Shirt-Ãrmel. »Danke! Ich habe mein Oberteil als Kompresse benutzt. Sie hat so viel Blut verloren.« Ihre Stimme brach, doch sie riss sich zusammen.
Calebs Eingeweide verkrampften sich bei dem qualvollen Unterton in ihrer Stimme. Er zog sie erneut zu sich heran, unfähig, sie so dastehen und leiden zu sehen, ohne sie zu trösten. Sie zu berühren. Lana leistete keinerlei Widerstand. Ihm wurde bewusst, wie verzweifelt sie sein musste, wenn sie sich so bereitwillig von ihm in den Arm nehmen lieÃ.
»Wir sind mit der Befragung von Ms Hancock noch nicht fertig«, verkündete ein Detective, dessen Platz in der Rangordnung an einem billigen Anzug mit Krawatte abzulesen war. Seine grünen Augen musterten Caleb von Kopf bis FuÃ, als wollte er ihn innerhalb von Sekunden einschätzen und kategorisieren. Sein muskulöser Körperbau und seine Haltung deuteten darauf hin, dass er seinen Körper einzusetzen wusste. Der Name auf seinem Ausweis lautete Jacob Hart.
»Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weië, erwiderte Lana, als hätte sie das Ganze schon zwanzigmal wiederholt. »Ich bin reingekommen, hab das Chaos gesehen, dann hab ich Stacie im Bad gehört und ⦠« Ihre Stimme brach erneut, doch sie atmete tief durch und fuhr fort. »Dann hab ich die Neunhundertelf angerufen, und Sie sind gekommen.«
»Hat Stacie irgendetwas gesagt?«, fragte der Detective.
»Nur, dass sie ihm erlaubt hätte, sich alles zu nehmen, was er wollte. Er hätte nicht auf sie schieÃen müssen.« Sie wandte sich Caleb zu. »Jemand hat auf Stacie geschossen.«
Caleb fuhr mit der Hand über ihr glänzendes braunes Haar. »Ich weiÃ, Liebling. Es wird alles gut.«
»Ich hätte früher kommen sollen.«
»Du hättest ihn auch nicht aufhalten können, Lana.«
»Nein, aber wenn ich eher gekommen wäre ⦠«
»Dann lägen Sie jetzt auf dieser Bahre«, sagte Detective Hart sanft.
Lanas Blick sank abrupt zu Boden, doch Caleb hatte den Gedanken in ihren Augen bereits gedeutet â einen Gedanken, den er selbst Tausende Male an Lanas Krankenbett gehegt hatte. Lana hätte alles dafür gegeben, um mit Stacie zu tauschen.
»Ich muss ins Krankenhaus«, sagte sie.
»Natürlich. Wir haben nur noch ein paar Fragen«, sagte der Detective.
Caleb spürte, wie sich Lanas Körper versteifte. Der Drang, sie zu beschützen â und sei es nur vor ein paar Fragen â, war übermächtig.
»Das reicht fürs Erste«, verkündete Caleb in einem Befehlston, mit dem er andere Männer herumkommandierte.
»Tut mir leid, aber wir müssen das Ganze noch einmal durchgehen«, erwiderte der Detective unbeeindruckt.
Caleb trat einen Schritt vor und setzte seine bedrohlichste Miene auf. Er nutzte diese Einschüchterungstaktik nur selten, da seine GröÃe für gewöhnlich ausreichte, um seine Kontrahenten zum Einlenken zu bewegen, doch wenn nötig, wusste er, wie er einen Mann in die Schranken weisen konnte. Und dies war einer jener seltenen Augenblicke.
Er
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