Die Last der Schuld
sie.
»Natürlich tust du das. Ich hatte gehofft, du kommst bald nach Hause.«
Er hatte nicht gesagt, dass er sie ebenfalls vermisste, doch Kara weigerte sich, deswegen zu schmollen. Marcus war kein Mann, der mit Zärtlichkeiten und leeren Worten um sich warf. Er war ein Mann der Tat, und Kara war fest entschlossen, ihm zu beweisen, dass sie ihm als Frau ebenbürtig war â dass sie keineswegs zimperlich war.
»Ich habe ein Geschenk für dich.«
Ein Hauch von Neugier trat in seine Stimme. »Ach? Und was für eins?«
»Ein Video. Wie wärâs mit einer kleinen Hörprobe?«
Als er nichts erwiderte, klickte sie auf Wiedergabe und hielt das Handy an den Lautsprecher ihres Laptops. Lanas panische Schreie dröhnten aus den Lautsprechern, und auf dem Bildschirm krümmte sich ihr schlafender Körper vor eingebildeten Schmerzen. Marcus würde begeistert sein.
»Demnach hast du die Sache erledigt.«
Er ging davon aus, dass die Schreie Lanas Tod bedeuteten. Diesmal schmollte Kara. Sie hatte hart daran gearbeitet, genug Material zusammenzutragen, um es zu einer nahtlosen Dokumentation über Lanas Leid zusammenzuschneiden. Das Geschenk kam von Herzen, doch es war ihm nicht gut genug.
Nichts, was sie tat, war ihm je gut genug. Das musste sich ändern. Sie durfte nicht zulassen, dass er sie wieder wegschickte. Sie konnte nicht in ihr altes Leben zurückkehren.
»Ich habe sie heute gesehen. Mit ihr gesprochen.«
»Du bist nicht dort, um mit ihr zu spielen.«
»Ich habe vor, die Sache heute Abend zu beenden«, erwiderte sie, unfähig, die Schärfe aus ihrer Stimme herauszuhalten. Er würde sie dafür bestrafen, wenn sie nach Hause käme, doch sie hatte gelernt, selbst seine Bestrafungen zu genieÃen.
»Ich habe gesagt, du sollst erst anrufen, wenn die Sache erledigt ist.«
»Ich dachte, du würdest gern wissen, dass sich die Umstände geändert haben. Caleb Stone ist in der Stadt. Er ist gerade bei ihr.«
Es folgte eine lange Pause. Aus dem Hörer drang nichts auÃer dem Geräusch von knirschenden Zähnen. »Dann hat sich die Sache erledigt. Er wird dich nicht an sie ranlassen. Komm nach Hause! Wir müssen reden.«
Eine eisige Angst schoss ihr durch die Glieder. Sie kannte diesen Tonfall. Marcus war mehr als verärgert, er war wutentbrannt. Sie hatte ihn enttäuscht, er würde sie zweifellos wegschicken. »Ich kann die Sache trotzdem beenden. Ich schwöre es.«
»Wie willst du die Frau umbringen, ohne dabei gefasst zu werden?«
»Du traust mir nichts zu.«
»Es steht zu viel auf dem Spiel. Wir haben zugelassen, dass Caleb und seine Leute den Schwarm zerstören, nur damit sie uns endlich in Ruhe lassen. Wenn er herausfindet, dass einige der ursprünglichen Mitglieder überlebt haben, wird er eine Hetzjagd auf uns veranstalten. Wir können sehr viel leichter agieren, wenn uns keiner von denen auf den Fersen ist. Ich lasse nicht zu, dass du diesen Vorteil leichtfertig verspielst.«
»Das werde ich nicht. So etwas würde ich dir nie antun.« Zweifellos hatte sie ihm ihre Loyalität inzwischen zur Genüge bewiesen.
»Wie willst du das verhindern, wenn du jetzt eingreifst? Wenn dem Mädchen etwas passiert, ist doch wohl klar, wer das getan hat.«
»Nein. Ich bin vorsichtig. Ich habe jemanden angeheuert, der unmöglich zu uns zurückverfolgt werden kann.«
»Zu mir, willst du wohl sagen.«
»Natürlich. Zu dir.«
»Du bist entbehrlich«, sagte er in einem grausamen Tonfall.
Seine Grausamkeit tat ihr weh. Sie liebte diesen Mann über alles. Sie wollte nichts, als ihn glücklich machen, an seiner Seite sein und das Gefühl genieÃen, dorthin zu gehören. »Ich weiÃ.«
Der glühende Zorn in seiner Stimme verebbte. Er sprach in einem tiefen, verführerischen Tonfall weiter. »Komm nach Hause, Liebling. Wir werden uns zusammen etwas überlegen.«
»Ich werde dich nicht hängen lassen. Ich bringe die Sache zu Ende, die ich angefangen habe. Du wirst sehen, ich komm schon klar. Gib mir nur ein wenig Zeit!«
Eine weitere lange Pause brachte Kara zum Schwitzen. Sie wusste, wenn er ihr befahl zurückzukehren, würde sie ihm gehorchen. Sie würde einfach alles für ihn tun, selbst wenn dies bedeutete, dass er seine Wut an ihr auslieÃe. Es war schlieÃlich nicht seine Schuld, dass sie ihn so wütend
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