Die Last der Schuld
Filzstift, den er sich teilweise bis ins Gesicht geschmiert hatte.
»Heute nicht, Jeremy. Es ist schon zu spät für Malunterricht, aber ich würde mir gern mal deine neuen Bilder ansehen.«
Jeremy grinste und rannte zu der Wand, die von Garderobenhaken und Spinden gesäumt wurde, um seine neuesten Kunstwerke hervorzukramen.
Nach minutenlangem Geplapper und einer exklusiven Kunstausstellung von Jeremy schwoll der Ansturm von Kindern allmählich ab. Sie widmeten sich wieder ihrem Basketballspiel oder ihren Malbüchern. Zwei Erwachsene, die die Rasselbande aufmerksam beobachtet hatten, kamen zu ihnen herüber. Ein Mann Ende dreiÃig und eine ausgesprochen gut aussehende Frau. Der Mann hätte durchaus als attraktiv durchgehen können, wenn sein Gesicht nicht zu einer bitteren Maske verzogen gewesen wäre. Er war auffallend muskulös, doch seine Bewegungen wirkten linkisch, so als wäre ihm sein eigener Körper fremd. Die Arme standen leicht ab, da ihm seine Muskeln offenbar keinen Platz lieÃen, sie senkrecht hängen zu lassen. Er betrachtete Lana mit unverhohlenem sexuellem Interesse, ohne den Frust wiederholter Abweisungen verbergen zu können. Caleb hatte ihn innerhalb von Sekunden eingeschätzt und beschloss, ihn sicherheitshalber im Auge zu behalten. Mit dieser Statur und Haltung, die er an den Tag legte, konnte er eine mögliche Bedrohung für Lana darstellen.
Die Frau wiederum war etwa eins achtzig groà und schlichtweg atemberaubend. Ihr goldblondes Haar war zu einem geschmeidigen Knoten hochgesteckt, und sie trug ein Outfit, das bis hin zu dem eleganten Perlenschmuck dem einer First Lady würdig gewesen wäre. Sie benutzte ein blumiges Parfum, das vermutlich je Unze mehr kostete als pures Gold. Ihre langen Beine, die schlank unter dem Rock hervorragten, waren wohlgeformt, und obwohl sie bereits auf die vierzig zuging, besaà sie jene zeitlose Schönheit, nach der sich die Männer umdrehten.
Irgendetwas an ihr kam ihm bekannt vor, doch er konnte es nicht einordnen, sosehr er sein Gehirn auch anstrengte.
»Wer ist denn Ihr Freund?«, fragte die Frau, während sie Caleb eingehend musterte.
Er spürte Lanas plötzliche Anspannung und warf ihr einen flüchtigen Blick zu. Jenes künstliche, grübchenlose Lächeln erschien erneut auf ihrem Gesicht, doch ihre Augen waren unnatürlich geweitet. »Das ist Caleb, ein Freund von mir. Caleb, das sind Kara McIntire und Phil Macy. Unsere freiwilligen Mitarbeiter.«
Phil streckte ihm seine fleischige Hand entgegen. »Hast du dir einen neuen Freund geangelt, Lana?« Er drückte kräftig zu â einer jener uralten Egokämpfe. Caleb lächelte, während er den Händedruck so hart erwiderte, dass die Knochen in Phils Hand ihre Position verschoben. Sein Gegenüber zog seine Pranke mit einem gequälten Ausdruck zurück und legte sie auf den Rücken, vermutlich um sie sich zu massieren.
Caleb begrüÃte die Frau mit einem Nicken, machte jedoch keinerlei Anstalten, ihre Hand zu schütteln, da sie ebenso wenig dazu geneigt schien. »Freut mich, Madam.«
»Ganz meinerseits«, schnurrte Kara in einem samtigen Tonfall, der zu ihrem eleganten ÃuÃeren passte.
»Wir haben von der Sache mit Stacie gehört«, sagte Phil. »Wie geht es ihr?«
»Sie kommt wieder auf die Beine, aber es wird einige Zeit dauern«, erklärte Lana.
Kara lächelte mitfühlend. »Ich hatte kaum Gelegenheit, sie kennenzulernen, dabei hatte ich das Gefühl, wir könnten gute Freunde werden.«
»Ich schätze, in ein paar Wochen wird sie wieder fit sein. Wenn ich sie das nächste Mal sehe, sage ich ihr, dass ihr an sie denkt«, schlug Lana vor.
»Das wäre nett«, erwiderte Kara, während sie das Thema Stacie mit einer Handbewegung beiseiteschob. Ihre Augen musterten Caleb voll unverhohlener Bewunderung. »Ich freue mich darauf, Sie wiederzusehen«, sagte sie, ehe sie mit anmutig schwingenden Hüften davonschritt. Phil folgte ihr auf dem FuÃ.
Lana blieb reglos stehen. Ihr Atem war leicht beschleunigt, als wäre sie erleichtert.
Caleb stellte sich vor sie hin und sah sie prüfend an. Er beugte leicht die Knie und hob ihr Kinn, sodass sie seinem Blick nicht länger ausweichen konnte. Die beeindruckende Schönheit ihrer blauen Augen, umrahmt von dunkelbraunen Wimpern, lenkte ihn für einen Moment ab. »Hat Phil dich
Weitere Kostenlose Bücher