Die Last der Schuld
nachgedacht, um zu wissen, dass sie es nicht war. Sie würde sich nie wieder einsperren lassen wie in jener Höhle. Sie würde in Freiheit leben oder sterben. Punkt.
Caleb fuhr auf den Parkplatz des nächstbesten Drugstores und parkte weitab der anderen Autos, die vorm Eingang standen. Dann wandte er sich der Rückbank zu, kramte in einer Tasche und zog ein Gerät hervor, das etwa die GröÃe und Form eines Handys hatte. Er drückte mehrere Knöpfe, und im nächsten Moment leuchteten drei LED s auf. Dann streckte er den Arm aus und führte das Gerät über Lanas zur Handtasche mutierten Rucksack. Die winzigen Birnchen flackerten auf, und Caleb zog ein kompliziertes Taschenmesser aus seiner feuchten Jeans. Er schlitzte das Innenfutter der Vordertasche auf und fischte ein winziges Abhörgerät heraus, das nicht gröÃer war als die Knöpfe ihrer Bluse.
Lanas Magen verkrampfte, und sie musste sich stark zusammenreiÃen, um nicht einen heiseren Schrei des Entsetzens auszustoÃen. Sie trug diesen Rucksack stets bei sich, also hatte man jedes ihrer Worte gehört â auf der Arbeit, zu Hause, sogar bei Stacie im Krankenhaus. Sie fühlte sich verraten. Missbraucht.
Zum Glück hatte sie niemandem gesagt, was sie in Armenien gesehen hatte. Jeder, dem sie ihr Geheimnis anvertraut hätte, wäre inzwischen tot. Und es wäre ihre Schuld.
Caleb führte sein Gerät weiter über ihren Rucksack, dann über ihre Schuhe. Er fand zwei weitere Wanzen. Als er Lana zu verstehen gab, sie solle die Arme heben, glaubte sie, er hätte den Verstand verloren. Zumindest, bis er das Gerät an den Metallbügeln ihres BH s entlangführte und die Lichter erneut aufflackerten.
Lana schluckte ihre Wut hinunter, öffnete ihren BH und zog ihn durch den Ãrmel ihres T-Shirts heraus.
Caleb sah sie an wie jeder Mann, der einer Frau dabei zusah, wie sie ihren BH ablegt, ohne sich das Oberteil auszuziehen â wie ein Kind, dem man einen neuen Zaubertrick zeigt. Sie reichte ihm das spitzenbesetzte Kleidungsstück, und Caleb benutzte sein Messer, um vorsichtig die Naht aufzutrennen, hinter der sich der Metallbügel befand. Ein weiteres winziges Abhörgerät fiel ihm in die Handfläche. Er wollte ihr den BH zurückgeben, doch sie verweigerte die Annahme. Auf keinen Fall würde sie dieses Ding je wieder in die Nähe ihres Körpers lassen.
Caleb nahm die winzigen Metall- und Kunststoffteile und steckte sie allesamt in einen behelfsmäÃigen Briefumschlag, den er aus einem Blatt Papier zusammenfaltete.
»Ich hol nur schnell die Kondome.« Er stieg aus dem Auto und verriegelte die Türen.
Lana blieb allein auf dem finsteren Parkplatz zurück. Sie hatte das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Was war ihr sonst noch alles entgangen auÃer den Wanzen? Hatte man ihr vielleicht etwas ins Essen gemischt? Und was war mit ihrem Büro? War das ebenfalls verwanzt? Konnte Kara sie nur hören oder auch sehen? Ging es hier überhaupt um Kara, oder hatten die anderen sie ebenfalls aufgespürt? Sie hatte niemanden gesehen, doch das musste nichts heiÃen.
Lanas Magen verkrampfte sich schmerzhaft, und sie nahm einige tiefe Atemzüge, um ihr Abendessen bei sich zu behalten.
Was sollte sie jetzt tun? Sie konnte nicht zurück in ihre Wohnung, und sie würde ganz bestimmt nicht zu ihren Eltern ziehen. So begeistert ihre Familie auch wäre, sie verhätscheln zu können, sie konnte den Gedanken nicht ertragen, sie in irgendeiner Weise in Gefahr zu bringen, selbst wenn sie die Hätscheleien wohl oder übel in Kauf nähme.
Und wenn ihre Wohnung verwanzt war, konnte das Haus ihrer Eltern ebenfalls betroffen sein. Nicht, dass dies irgendetwas ändern würde. Ihre Eltern wussten sowieso nichts. Und Lana hatte aufgehört zu zeichnen. Ihre Hand war nicht in der Lage, etwas anderes zu zeichnen als jene Gesichter, und wenn irgendjemand dahinterkäme, würden sie und jeder andere in ihrem Umfeld möglicherweise sterben.
EinschlieÃlich Caleb.
Lana vergrub ihr Gesicht in den Händen und gab sich all dem Kummer aus Demütigung und Bedauern hin, den sein Name in ihr auslöste. Sie musste Caleb irgendwie loswerden. Kara würde niemals glauben, dass Lana nichts wusste, wenn sich Caleb weiter in ihrer Nähe aufhielte. Sie musste so lange die Unwissende spielen, bis Caleb ihr glaubte und verschwand â bis sie ihre Lügen so
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