Die Last der Schuld
gestörter Geist wie du auf einen derart abstrusen Gedanken kommen?«
»Weil ich dich und David erst mal aus dem Weg schaffen und unter die Haube bringen muss, bevor ich mir selbst was suchen kann. David hat seinen Part bereits erfüllt, jetzt bist du dran.«
»Was zum Teufel redest du da für einen Quatsch?«, fragte Caleb verwirrt.
Grant schloss die Datei und klappte den Bildschirm des Laptops herunter. »Ich hab da so eine Theorie, dass ich, der ich als Letzter zu Delta gestoÃen bin, auch als Letzter da rauskomme. Nach dir und David. Solange du dich nicht häuslich niederlässt und von deinem Frauchen überzeugen lässt auszusteigen, komme ich nie hier raus.«
Caleb starrte Grant entgeistert an. Er hoffte, dass ihm vor Anstrengung, eine solch verquere Logik verstehen zu wollen, nicht das Gehirn aus den Ohren quoll. »Und seit wann verfolgst du diese Theorie ?«
»Ein paar Jahre, seit David ausgestiegen ist. Zum ersten Mal ausgestiegen ist, meine ich.«
»Und die ganze Zeit über hast du nur darauf gewartet, dass wir uns in irgendeinem netten Vorort niederlassen, damit du es uns nachtun kannst?«
»Yep. So was in der Art. Die Stelle, die David mir angeboten hat, klingt verlockend. Lockerer Job, hier zu Hause. Ich müsste meinen Arsch nicht mehr monatelang ans andere Ende der Welt bewegen.«
»Und warum steigst du dann nicht einfach aus, wenn dir so viel daran liegt?«
Grant zuckte mit den Schultern. »Ich kann mich doch nicht einfach aus der Affäre ziehen, ohne dass dir jemand deinen haarigen Arsch deckt. Also such dir endlich eine Frau!«
Caleb sah Grant mit durchdringendem Blick an. »Keine Therapie oder Antipsychotika der Welt könnten beheben, was mit dir nicht stimmt.«
Grant wackelte mit den Augenbrauen. »Aber die Frauen fahren voll drauf ab.«
»Gott stehe ihnen bei!«
Sie versanken für einen Moment in geselliges Schweigen, und jenes seltsam nagende Gefühl kehrte zurück. »Zeig mir noch mal die Grafik, bitte.«
Grant gehorchte und reichte Caleb den Laptop. Er betrachtete den Bildschirm und lieà die Augen schweifen, auf der Suche nach einem Muster. Er konnte nichts feststellen, doch sein Blick fiel wieder und wieder auf die Bücherregale. Irgendetwas stimmte da nicht.
Und dann fiel es ihm wieder ein. In der Nacht, als er Lana in die Dusche gedrängt hatte, war ihm in den Videoaufzeichnungen aufgefallen, dass ein Eindringling eines ihrer Bücher durchgeblättert hatte.
Caleb ging zu seinem Seesack, nahm seinen eigenen Laptop heraus und öffnete die Aufzeichnungen der Ãberwachungskamera. Er bemerkte Grants Schatten über seiner Schulter, während sie sich gemeinsam ansahen, wie der Unbekannte hereinkam, eine der Wanzen austauschte und eines der Bücher aus dem Regal nahm.
»Kannst du erkennen, welches es ist?«, fragte Grant.
Caleb blinzelte den Bildschirm an. »Nein.« Er zoomte den Ausschnitt näher heran, aber das Bild war zu unscharf. Das Einzige, was er erkennen konnte, war die Spiralbindung des Buches.
Grant hatte es ebenfalls gesehen und trat ans Regal, um seine Finger über die Buchrücken gleiten zu lassen. Er zog drei Bücher heraus. »Das sind Skizzenbücher«, sagte er, während er Caleb eines reichte. »Warum sollte sich jemand für ihre Skizzen interessieren? Nach versteckten Fächern habe ich bereits gesucht.«
Es gab keine offensichtliche Antwort. Caleb blätterte das Buch durch und betrachtete jede einzelne Skizze. Lanas Talent war beeindruckend. Ganz gleich, ob sie Menschen, Tiere oder Landschaften zeichnete, jede Skizze war detailgetreu und lebensecht.
»Ist dein Buch voll?«, fragte Grant.
Caleb blätterte ans Ende. »Ja. Deins?«
»Das eine ja. Aber sieh dir das andere an«, sagte Grant. »Gerade mal halb voll, und die letzte Skizze stammt aus dem vorletzten Dezember.«
Kurz bevor Lana nach Armenien gegangen war.
Caleb versuchte, das Buch mit dem Video zu vergleichen, aber er konnte unmöglich feststellen, ob es dasselbe war.
»Vielleicht hatte sie irgendwas in dem Buch versteckt?«
Ein Anflug von nacktem Grauen lieà Calebs Eingeweide verkrampfen. Lanas Hand hatte gezittert, als sie versuchte, einen Hund zu zeichnen. Alle Kameras in der Wohnung waren so ausgerichtet, dass sie jede Zeichnung festhalten würden, die Lana möglicherweise anfertigte, sei es an ihrem Schreibtisch, auf dem Sofa
Weitere Kostenlose Bücher