Die Launen des Teufels
und verzog die Mundwinkel, als sie Baldewins besorgte Betrachtung auf sich spürte. Warum hatte sie nur immer eine Schwäche für Männer gehabt, die ihr sicherer Untergang waren? Weshalb hatten sie nie die edlen, sanftmütigen Freier gereizt, die sie auf Händen getragen hätten, wenn sie ihr Werben erhört hätte? Weil du eine Närrin bist, beantwortete sie die Frage selber und strich die Röcke glatt, um sich zu erheben. Weil du eine hoffnungslos einfältige Närrin bist!
Kapitel 37
Ulm, 11. Januar 1350
»Ihr könnt passieren!« Ohne die mürrischen Mienen zu verziehen, traten die Wächter, welche das Herdbruckertor mit gekreuzten Hellebarden bewachten, zurück, um Wulf von Katzenstein den Eintritt in die Stadt zu gewähren. Die vor einiger Zeit durch den Nebel gebrochene Sonne fing sich funkelnd in ihren auf Hochglanz polierten Helmen und Rüstungen und blendete Wulf, als er mit gewitterhaftem Blick an ihnen vorbeitrabte.
Was für eine Unverschämtheit!, grollte er und ballte die Fäuste, um sich davon abzuhalten, den rotznäsigen Burschen den Kettenhandschuh ins Gesicht zu schleudern. Wie konnten sie es wagen, ihm den Weg zu verstellen?! Als ob er ein gewöhnlicher Händler oder Bauer wäre! Innerlich kochend trieb er seinen Hengst die leicht ansteigende Verlängerung der Herdbrücke hinauf, um sich nach etwa hundert Schritt nach links in Richtung Marktplatz zu wenden. Erstaunt über den Strom an Karren, Reitern und Fußvolk, der dafür gesorgt hatte, dass er über eine Stunde am Tor hatte warten müssen, reihte er sich widerwillig ein und schwamm in der Menge mit. So dicht gedrängt stießen und pressten die Menschen, dass sein Rappe mehr als einmal protestierend ausschlug, um sich von den lästigen Störenfrieden zu befreien. Zu beiden Seiten wurde Wulf von Männern und Frauen eingekeilt, die tönerne Krüge, schwere Säcke oder einfache Holzkarren zu dem Platz schleppten, auf dem heute offensichtlich Markt abgehalten wurde. Das Geschrei unzähliger Stimmen ließ Wulf wünschen, er hätte die Abgeschiedenheit des Brenzer Schlosses niemals verlassen, doch die Sehnsucht nach Katharina vertrieb die Reue ebenso schnell, wie sie in ihm aufgestiegen war. Wie sollte er sie in diesem Getümmel jemals ausfindig machen?, fragte er sich verzweifelt, nachdem er sich erfolglos bemüht hatte, die Köpfe vor sich zu zählen. Es mussten Tausende sein!
Resigniert ließ er sich weiter in Richtung Rathaus drängen, wo sich die Strömung teilte, um in alle vier Himmelsrichtungen davonzufließen. Aufatmend gab er seinem nervös schnaubenden Reittier die Sporen, um die Gelegenheit zu nutzen und am Rathaus vorbei in den Norden der Stadt zu traben. Zwar hatte sein Spion ihm mitgeteilt, dass Katharina sich im Hospital der Franziskaner aufhielt, doch hatte Wulf keine Ahnung, wo sich dieser Ort befand.
»Gebt doch acht!«, brüllte er erzürnt, als ein voll beladenes Fuhrwerk so dicht an ihm vorbeiholperte, dass sein Hengst auf die Hinterbeine stieg. »Idiot!« Beruhigend tätschelte er dem zitternden Tier den Hals und beschloss, so schnell als möglich diese vermaledeite Abtei ausfindig zu machen. Mit klappernden Hufen tänzelte der immer noch aufgeregt den Kopf werfende Rappe auf eine riesige Grube zu, die notdürftig mit langen Bahnen aus Leinwand abgedeckt worden war. Da an manchen Stellen jedoch die Schneelast zu groß gewesen war, hatte die Abdeckung nachgegeben und war nach unten gesackt.
»Hoh!«, rief Wulf aus und riss am Zügel, als das Tier dem Rand des Abgrundes gefährlich nahe kam. »Ruhig.« Als der Rappe kurz darauf zum Stehen kam, sprang er aus dem Sattel, wickelte den Zügel um die Faust und blickte neugierig in den gähnenden Schlund. Was für ein Bauwerk benötigte ein solch gewaltiges Fundament?, fragte er sich stirnrunzelnd. Denn dass es sich bei dem Aushub um eine Baugrube handelte, daran ließen die darin zurückgelassenen Gerüste und Gerätschaften keinen Zweifel. Sollte an den Gerüchten, dass die Ulmer ein Gotteshaus von noch nie da gewesener Majestät errichten wollten, etwas Wahres sein? Kopfschüttelnd führte er sein Pferd einige Fuß von dem abschüssigen Rand fort und saß erneut auf. Zu seiner Linken erhob sich ein Komplex, bei dem es sich ohne Zweifel um eine Klosteranlage handelte, und da Wulf nicht wusste, wie viele solcher Abteien sich in der Stadt befanden, beschloss er, bei dieser sein Glück zu versuchen.
Als er kurz darauf an eine der Pforten klopfte, öffnete ihm ein
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