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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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und er hatte unbeschreiblichen Durst. Auch schien sich das Unwohlsein, das ihn seit Tagen plagte, verstärkt zu haben, da ihm nicht nur der Schädel dröhnte, sondern sich auch ein kratzender Husten anbahnte.
    Eine scheinbare Ewigkeit verstrich, und als er irgendwann aus dem unruhigen Schlaf aufschreckte, in den er gefallen war, hatte sich sein Zustand verschlechtert. Zu schwach, um sich aus eigenem Antrieb wieder aufzurichten, blieb ihm nichts weiter übrig, als mit der Nase im Stroh den faulen Geruch versagender Eingeweide einzuatmen. Seine Blase schmerzte, und in seinen Gedärmen stocherten glühende Dolche, doch solange es ihm irgendwie möglich war, würde er ein Mindestmaß an Würde wahren. Er stöhnte. Würde! Als ob das jetzt noch eine Rolle spielte.
    Er wollte gerade einen weiteren Versuch unternehmen, sich an der Wand hochzustemmen, als sich die schweren Tritte genagelter Stiefel näherten. Kurz darauf kratzte der Riegel über das Holz und die Tür wurde aufgestoßen.
    »Hier!« Achtlos warf ihm ein mit einem blutbesudelten Rock bekleideter Wächter einen Kanten schimmeligen Brotes vor die Füße und knallte eine Schale auf den Boden, in der etwa zwei Fingerbreit Wasser hin- und herschwappten. Mit einem heiseren Laut flehte Bertram um Hilfe, doch nachdem der Mann einen Arm voll Stroh neben ihn geschleudert hatte, schlug er die Tür wieder zu und stapfte weiter zu der benachbarten Zelle, aus der kurz darauf ein gedämpfter Schlag ertönte.
    Mit einem letzten Aufbäumen nahm Bertram alle Willenskraft zusammen und robbte Zoll für Zoll an das kostbare Nass heran, bis er endlich gierig das Gesicht in das abgestandene Wasser pressen konnte. Den fauligen Beigeschmack ignorierend, trank er in tiefen Zügen, bis sich der Trunk viel zu schnell der Neige näherte. Heftig atmend versuchte er, auch die letzten Tropfen mit der Zunge aufzufangen, und erst als er sicher war, dass ihm nichts entgangen war, ließ er an Ort und Stelle den Kopf zurück auf den Boden sinken. Da ihm immer noch die Hände auf den Rücken gekettet waren, blieb ihm nichts anderes übrig, als wie ein Tier mit den Zähnen nach dem Brotkanten zu schnappen und diesen Bissen für Bissen zu verschlingen. Nachdem das Mahl beendet war, rollte er sich auf die Seite und verschaffte dem Druck in seinen Gedärmen Erleichterung. Voller Scham spürte er, wie sich die heiße Nässe an seinen Hosenbeinen innerhalb kürzester Zeit in klamme Kälte verwandelte, und als ihm der beißende Geruch seines eigenen Urins in die Nase stieg, schloss er die Augen. Wie weit war er gesunken!, dachte er verbittert und suchte so viel Abstand von der Lache wie möglich, sobald er wieder bei Kräften war. Bis gestern hatte er gedacht, einer Zukunft mit Anabel nicht mehr fern zu sein, doch war diese Hoffnung zerplatzt wie eine Seifenblase. Er musste Kräfte sparen!
    Ermattet bettete er sich auf dem frischen Stroh und ließ die Müdigkeit über sich hinweg spülen. Wer wusste, wie lange er in dieser Hölle ausharren musste?
     

Kapitel 36
     
    Gähnend trat Katharina von Helfenstein an das einfach verglaste Fenster des platzsparenden Schlafgemaches, das vor ihrer Ankunft dem Wirt als Stube gedient hatte, und ließ den Blick über die Dächer der Stadt schweifen. Der dichte Schleier der Feuchtigkeit löste sich allmählich auf, und an manchen Stellen blitzte bereits die Sonne durch die farblosen Nebelschwaden. Naserümpfend registrierte sie die tief unter ihr im Unrat liegenden Gestalten und den vom Rauch der unzähligen Holzfeuer schwarz gefärbten Schnee, der schon lange den Anschein der Reinheit eingebüßt hatte. Gedämpft drang der Gesang kehliger Männerstimmen, der sie bereits in der Nacht mehrmals aus dem Schlaf hatte aufschrecken lassen, an ihr Ohr, als kurze Zeit später ein Pulk schwankender Narren um die Ecke bog. Mit einem Frösteln zog sie sich an den Kamin zurück, in dem ein munteres Kiefernfeuer prasselte, das den gesamten Raum mit dem würzigen Duft heißen Harzes erfüllte.
    Das Schlagen der Eingangstür ließ sie bange aufhorchen, doch als kurz darauf ein Poltern aus der im Erdgeschoss gelegenen Küche erklang, wich ihre Furcht der Erleichterung. Das darauf einsetzende Klappern verriet, dass die Wirtin mit der Zubereitung des Frühstückes beschäftigt war, das aller Wahrscheinlichkeit nach aus einer einfachen Grütze bestehen würde.
    Wie sie vermutet hatte, würde sie selbst für Fleisch und andere Delikatessen sorgen müssen, da diese Speisen den Gästen für

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