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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Tiefen des Gefängnisses an die Ohren der Mädchen, und ein lang gezogener Schmerzenslaut ließ Anabel mit hämmerndem Herzen innehalten.
    »Mein Gott«, flüsterte sie und umklammerte die Hand der Freundin, die sie auf eine Reihe vergitterter Fenster zuschob, welche direkt oberhalb der schneebedeckten Grasnarbe lagen. Vor den schmalen Schlitzen hatten sich allerhand Tand und Unrat angesammelt, und als Anabel mit dem Fuß gegen eine entzwei gegangene Strohpuppe stieß, ließ sie die Trostlosigkeit des Ortes fröstelnd die Schultern einziehen. »Vermutlich ist er in einer dieser Zellen«, wisperte Vren und ging vor dem ersten Gitter in die Hocke, um undamenhaft die Nase zwischen die Stäbe zu pressen. Außer dem Geräusch der in die Donau eintauchenden Ruderblätter der Schiffer und dem entfernten Gemurmel des Marktes unterbrach kein Laut die angespannte Stille, als Vren sich nach wenigen Sekunden zurückzog und den Kopf schüttelte. Anabel wollte es ihr soeben gleichtun, als sie ein dicht neben ihr auf dem Boden aufschlagender Stein erschrocken aufspringen ließ. Stutzig hob sie den Blick zu dem dunkel über ihnen aufragenden Turm, auf dessen Zinnen Metall aufblitzte.
    »Verschwindet auf der Stelle!«, donnerte ein schwer bewaffneter Wächter hoch über ihren Köpfen. »Oder ihr lernt mich kennen!« Drohend hob er einen gefährlich aussehenden Bogen und schüttelte diesen heftig.
    »Der meint es ernst«, stellte Vren sachlich fest und trat von der moosbewachsenen Mauer zurück. »Wir sollten tun, was er sagt.«
    Mit einem letzten Blick auf den zornigen Wachmann nahmen sie die Beine in die Hand und flohen zurück in die Stadt. Kaum lag das Tor hinter ihnen, beugte sich Anabel schwer atmend vornüber und hielt sich die stechende Seite.
    »Es hat keinen Sinn«, keuchte sie abgehackt. »So finden wir ihn niemals.«
    Vren nickte nachdenklich. »Ich werde versuchen, etwas mehr in Erfahrung zu bringen«, versprach das stämmige Mädchen schließlich zuversichtlich und rückte die verrutschte Haube auf ihrem Kopf zurecht. »Dann können wir es am Samstag noch mal versuchen. Triff mich nach dem Mittag am Brunnen.« Wenngleich Anabel sich vor Enttäuschung am liebsten an Ort und Stelle in den schmutzigen Schnee hätte sinken lassen, schluckte sie tapfer und ließ sich von der Freundin umarmen. »Nicht verzagen«, ermutigte Vren sie. »Es wird alles gut.«
    Wie gerne Anabel ihr geglaubt hätte! Mit Mühe erwiderte sie das schiefe Lächeln und blickte Vren nach, bis diese von der Menge verschluckt worden war, bevor sie sich ebenfalls auf den Weg zurück zur Herberge machte. Verdrängt waren Latwerge und Feigen, und hätte Vren sie nicht daran erinnert, hätte sie auch den Korb mit den anderen Einkäufen zurückgelassen.
    Als sie in die Nähe der Münsterbaugrube kam, kehrte das Gefühl, verfolgt zu werden zurück, und sie beschleunigte die Schritte. Mit kalten Fingern umklammerte sie den Griff des Korbes fester und tauchte in die engen Gässchen ein, die sie zur Goldenen Gans führten. Sie hatte bereits das gelb angemalte Schild über dem Eingang der Herberge erblickt, als sie ohne Vorwarnung ein Schlag in den Rücken zu Boden schickte. Mit einem Aufschrei versuchte sie, die Einkäufe davor zu bewahren, in die Unratrinne zu kullern, doch ein harter Tritt in die Rippen ließ sie Forellen und Fleisch vergessen.
    »Du dachtest wohl, du könntest dich auf ewig vor mir verstecken?« Die gezischten Worte schnürten ihr die Kehle zu, und als dem ersten Tritt ein weiterer folgte, zog sie die Beine an den Bauch. Die kalte Nässe des Schnees durchdrang in Windeseile den Stoff ihres Kleides, doch die in rascher Folge auf sie niederprasselnden Schläge verdrängten alle anderen Empfindungen. Brennend legte sich ein mit einem Lederriemen geführter Hieb über ihren Arm, den sie gerade noch rechtzeitig vor ihr Gesicht hob.
    »Du hast kein Recht, dich ohne meine Erlaubnis von mir zu entfernen!«, tobte Conrad, der allmählich in Fahrt kam. »Du undankbares Flittchen!«
    Erneut sauste der mit einer schweren Eisenschnalle versehene Gürtel auf sie nieder, doch dieser Schlag verfehlte sein Ziel. Das dumpfe Geräusch einer auf Knochen auftreffenden Faust, gefolgt von dem Unheil verkündenden Flüstern von Metall auf Metall ließ Anabel verwundert den Kopf heben, um gerade noch mit anzusehen, wie Baldewin ihrem Vater die Schwertspitze an die Kehle setzte.
    »Ihr wagt es, die Zofe der Gräfin von Württemberg anzugreifen!«, knirschte der Ritter mit

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