Die Launen des Teufels
um den Schmerz in seinen Gelenken zu lindern.
Was er auf lange Sicht mit den Beginen anfangen würde, darüber war er sich noch nicht vollkommen im Klaren. Am liebsten hätte er diese unverschämten Weiber ein für alle Mal aus der Abtei verbannt. Doch da sie zu einem nicht unerheblichen Teil dafür sorgten, dass den Barfüßern die finanziellen Mittel nicht knapp wurden, musste er in diesem Fall etwas subtiler vorgehen. Am einfachsten wäre es, den Bischof in Augsburg davon zu überzeugen, dass sie allesamt mit dem Teufel im Bunde waren, und ihre Habe kurzerhand zu beschlagnahmen. Allerdings waren die Folgen einer solchen Vorgehensweise nicht absehbar. Zu viele der sogenannten Schwestern stammten aus den einflussreichen Häusern des Ulmer Patriziats, sodass sie unter dem Schutz ihrer mächtigen männlichen Verwandten standen.
Allmählich breitete sich die wohltuende Wärme von seinen Fußsohlen bis hin zu seinen Schienbeinen aus, und er schloss genüsslich die Augen. Die gegensätzlichen Wirkungen des Feuers hörten nicht auf, ihn zu faszinieren. Nicht nur spendete es in der kalten Jahreszeit Wärme, Licht und Leben; es löschte auch unwiderruflich alles Böse aus und läuterte die Seele der Gefallenen. Er würde eine Verschärfung der Hexenprozesse im Rat beantragen, da er felsenfest davon überzeugt war, dass die nicht abflauen wollende Pest unlösbar mit der Anzahl der Teufelsanbeter in der Stadt verbunden war. Wenn erst alle Diener der Dunkelheit vernichtet waren, würde auch diese Bürde von den Menschen genommen werden!
Ein schwerer Husten unterbrach seine Gedanken. Als sich der Anfall gelegt hatte, erschien ihm die Hitze der Flammen mit einem Mal übermäßig, und er kam schwerfällig auf die Beine, um sich auf die Abendandacht vorzubereiten.
Kapitel 45
Mit einem leisen Zischen erstarb die Fackel in Bertrams Zelle. Als bestünde ein Zusammenhang zwischen beidem, erloschen mit dem Licht auch die geflüsterten Gebete des immer noch auf den Knien liegenden Alten, der unentwegt um Vergebung flehte. Unter anderen Umständen hätte er Bertram leidgetan, doch seit sein Vater in eine tiefe Bewusstlosigkeit gefallen war, hatte er nur noch Gedanken für den flach atmenden Mann, dessen Kopf in seinem Schoß ruhte. Trotz aller Bemühungen quoll immer noch Blut aus dem abgebundenen Armstummel, der schlaff auf dem Bauch des Steinmetzen lag, als gehöre er zu dem Körper eines anderen. Rasselnd hob und senkte sich der einstmals mächtige Brustkorb des Mannes, dessen Gutmütigkeit sein eigenes Leben und das seines Sohnes zerstört hatte. Ohne Vorwarnung durchströmte den geschwächten Knaben eine solche Woge des Hasses, dass er vermeinte, daran zu ersticken. Während die Kraft seines Vaters mit jedem Herzschlag schwand, kehrte ein solch überwältigender Lebenswille in Bertram zurück, dass er spürte, wie Zorn und ein unstillbarer Rachedurst die Schwäche verdrängten. Wie sehr er inzwischen wünschte, den Alderman selbst getötet zu haben! Ungehalten wischte er mit dem Ärmel eine Träne von der Wange. Was für eine Genugtuung es gewesen wäre, dem Mann, der für all das Unglück verantwortlich war, das zu nehmen, was dieser bei anderen so gering zu schätzen schien! Das immer noch in ihm brennende Fieber ließ ihn schaudern, und als ein durch das vergitterte Fenster heulender Windzug durch die Zelle blies, zog er unwillkürlich die Schultern höher.
Mit dem Rücken an den feuchten Steinquadern lehnend, tupfte er seinem Vater immer wieder den Schweiß von der Stirn und betete zu einem Gott, dessen Macht und Willkür ihn mit Grauen erfüllten. Die Geräusche aus den Tiefen des Gefängnisses verblassten zu einer undeutlichen Kakophonie aus Flüchen, Schreien und unverständlichen Worten, denen Bertram keine Beachtung zollte. In beinahe mechanischer Regelmäßigkeit strich er über die raue Wange des Sterbenden und beschwor Bilder längst vergangener Zeiten hinauf. Trügerisch greifbar zogen Erinnerungen aus seiner Kindheit an ihm vorbei: der traurige Tag vor etwas über zehn Jahren, an dem der Rest seiner Familie dem tödlichen Scharlachfieber erlegen war; die einsam durchweinten Nächte, in denen er sich nach seiner Mutter und seinen Geschwistern gesehnt hatte; die Freude, als sein Vater ihm eröffnet hatte, dass er ihn als Lehrling andingen wollte, und das Gefühl der Neugier, als er das erste Mal Klöpfel und Schlageisen in der Handfläche gewogen hatte. Wie hatte er darauf gebrannt, gemeinsam mit dem
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