Die Launen des Teufels
Justiz in ebendieser Angelegenheit. Drittens: die Bezichtigung eines Unschuldigen. Viertens: Erschleichen eines Eheversprechens unter Vorspiegelung falscher Tatsachen.« Er räusperte sich und fuhr dann fort: »Als Zeugen gegen Euch fungieren der Abt Henricus sowie der Hauptmann der Stadtwache in Vertretung eines Ritters des Grafen von Württemberg.«
Kaum hatte er geendet, verwandelte sich das Flüstern in einen offenen Aufruhr, den das Stadtoberhaupt unterband, indem er den Hammer vor sich auf den Tisch fallen ließ. »Ich bitte um Ruhe«, dröhnte er streng und wandte sich dem Kirchenmann an seiner Seite zu. »Henricus wird diese Klage genauer erläutern.« Damit deutete er auf den Abt, welcher sich voller Ingrimm an Conrad wandte.
»Ich beschuldige Euch, diese Taten aus reiner Habgier begangen zu haben«, bellte er und blickte selbstgefällig in die Runde. »Nachdem Euer Vorgänger Euch der Bestechung bezichtig hatte, habt Ihr kurzerhand beschlossen, ihn aus dem Weg zu räumen und seinen Posten durch Lüge und Betrug an Euch zu reißen.« Seine grauen Augen ruhten eisig auf dem sich unaufhaltsam einfärbenden Gesicht des Angeklagten. »Ihr habt ihn in eine Falle gelockt, ihm das Leben genommen und Eurem Lehrling die Beweise untergeschoben, welche zu seiner Verhaftung führten.«
Einige der Zunftvertreter nickten, als hätten sie Conrad von Anfang an für schuldig gehalten. Was für einfältige Affen!, fuhr es dem Gießer durch den Kopf, doch als Henricus weiter wetterte, verging ihm der Hochmut.
»Um ein Haar wäre Euch die Täuschung gelungen«, zeterte der Mönch und schüttelte die Faust. »Wäre nicht ein Zeuge aufgetaucht, der Euer Lügengewebe zerrissen hat! Dieser hat nicht nur die vermutliche Unschuld des Knaben unter Eid bestätigt, sondern ausgesagt, dass es niemand außer Euch gewesen sein kann, der den Mord begangen hat.« Er wies auf den Hauptmann der Wache. »Dieser Mann fungiert als stellvertretender Zeuge für den Ritter, da dieser die Stadt verlassen musste.«
Conrad stieß die Luft durch die Zähne aus. »Wie praktisch«, höhnte er, verstummte jedoch umgehend, als Egloff sich erhob und anklagend auf ihn zeigte. »Ihr wolltet mir Eure Tochter unterjubeln«, spuckte er und hustete trocken.
»Eure Tochter, die bereits ihre Jungfräulichkeit verloren hat!«, feuerte Henricus hinterher – ohne jedoch zu erwähnen, wer dem Mädchen die Ehre geraubt hatte.
»Nicht alle durcheinander, meine Herren«, mischte sich der Bürgermeister ein und nickte dem Hauptmann zu, der einen Schritt vortrat und sich leicht verneigte.
Nachdem das Raunen zu einem unterschwelligen Murmeln abgeflaut war, erhob er die tiefe Stimme und forderte: »Ich beantrage, den Gefangenen der Stadtwache zur Überstellung in den Metzgerturm zu übergeben. Dort wird er ebenso wie der Knabe der peinlichen Befragung unterworfen, durch welche die Wahrheit ans Licht kommen wird. Wenn in zehn Tagen das Schöffengericht zusammentritt, werden beide dem Richter vorgeführt.«
Distanziert und kühl musterte das Stadtoberhaupt den Gießer, der den Blick mit vorgestrecktem Kinn erwiderte, bevor es zustimmend verlauten ließ: »Er gehört Euch. Seht zu, dass Ihr alle Einzelheiten in Erfahrung bringt.« Er gab den Wächtern einen Wink, woraufhin diese Conrad herumwirbelten und aus dem Saal drängten, in dem sich ein wahrer Höllenspektakel anbahnte.
»Ich wusste es«, keifte eine sich überschlagende Stimme, die von der sich schließenden Doppelpforte abgeschnitten wurde.
Unsanft stießen die Männer ihren Gefangenen vor sich die Treppen hinab auf den Marktplatz hinaus, wo sie innerhalb weniger Schritte von einer Traube Schaulustiger umringt waren.
»Macht Platz!«, befahl der Hauptmann mürrisch und winkte ein halbes Dutzend Soldaten aus der Wachstube heran, um die Gaffer zurückzudrängen.
Fassungslos stolperte Conrad über das rutschige Kopfsteinpflaster, den Hang hinab auf den Eingang des Gefängnisses zu, vor dem ein Ochsenfuhrwerk wartete. Hätte er den Kopf gewandt, hätte er das erschrockene Gesicht seiner Tochter erblickt, das jedoch umgehend totenblass hinter einem großen Fass verschwand. Da der Blick seiner zu Schlitzen verengten Augen allerdings starr auf das vergitterte Tor vor sich gerichtet war, nahm er nichts wahr außer dem sich gähnend vor ihm und seinen Wächtern öffnenden Schlund. Als ihn ein riesenhafter Kerl mit einem Ohrring in Empfang genommen hatte, zogen sich die Soldaten zurück, nachdem sie Anweisung gegeben
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