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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Kloster einsperren, aus dem sie erst entkommen würde, wenn der Weg sie zum Friedhof führte? Oder plante er, sie genauso zu bestrafen wie eine gewöhnliche Verbrecherin, indem er sie in den Kerker der Festung verbannte?
    Ein plötzlicher Ruck ließ sie zusammenfahren. Warum hatten sie angehalten? Mit einer Mischung aus Hoffnung und Bangigkeit presste sie abermals die Nase an das kleine Fenster und lugte nach draußen. Dort, mitten auf dem Weg, befand sich ein umgeknickter Baumstamm, der eine Weiterfahrt unmöglich machte. Gott schien ein Einsehen mit ihr zu haben, da er ihr Eintreffen auf Hohenneuffen bereits zum zweiten Mal verzögerte. Der erste Zwischenfall, der sich kurz hinter Ulm ereignet hatte, hätte die Männer um ein Haar zur Umkehr gezwungen. Da sich jedoch ein Ersatzrad hatte auftreiben lassen, hatte der Achsbruch sie lediglich einige Stunden aufgehalten, in denen Katharina auf eine unmögliche Rettung gehofft hatte. Trotz der Tatsache, dass sie Baldewin den Befehl gegeben hatte, nach Heidenheim zurückzukehren, hatte sie einige irrationale Momente lang die Zuversicht gehegt, dass er einen Versuch unternehmen würde, sie zu befreien. Was nichts an ihrer Lage geändert hätte, da der Ritter mit Sicherheit nichts gegen die Übermacht hätte ausrichten können und Ulrich sie früher oder später ohnehin aufspüren würde – ganz egal, wo sie sich verbarg.
    Wenig später erscholl das Hacken von Äxten, und nachdem die Ritter ein Ochsenfuhrwerk angehalten und die Zugtiere vor den Stamm gespannt hatten, ging die Fahrt ins Ungewisse wenige Stunden später weiter. Steif und klamm griff Katharina nach einer der hölzernen Wasserflaschen und trank einen Schluck, um ihre trockene Kehle zu benetzen. Mit dem Trunk breitete sich neue Zuversicht in ihr aus, und sie gestattete ihren Gedanken, eine weniger betrübliche Richtung einzuschlagen. Immerhin hatte die Münze eine Kehrseite! Ein schwaches Lächeln huschte über ihre Züge. Hatte sie noch vor wenigen Tagen geglaubt, von ihrem Liebhaber betrogen und abgelegt worden zu sein wie ein unmodisches Kleidungsstück, hatte Wulfs Besuch sie eines anderen belehrt. Ein warmes Gefühl breitete sich von ihrer Körpermitte her aus. Wulf! Der Gedanke an seine sanften Augen, die ungezügelte Leidenschaft, mit der sie sich geliebt hatten, und die Hingabe, mit der er ihr ewige Liebe geschworen hatte, würde sie selbst die schlimmsten Qualen aushalten lassen. Ganz egal, was Ulrich ihr antat, das Wissen, dass Wulf von Katzenstein sie mit jeder Faser seines Seins liebte und begehrte, würde sie ertragen lassen, was immer sie erwartete!
    Sie lehnte sich zurück an das kühle Holz der Wagenwand und versank in der Erinnerung an ihre letzte Begegnung mit dem ungestümen Katzensteiner Ritter. Vielleicht, und sie wagte kaum, diesen Gedanken zu denken, vielleicht würde Ulrich eine Scheidung von ihr verlangen, damit er sich eine andere Braut nehmen konnte. Ihr Zwerchfell begann aufgeregt zu beben. Wenn sie vor ihm verbergen konnte, wie sehr sie eine solche Lösung herbeisehnte, würde sie ihn eventuell davon überzeugen können, dass er sie damit härter bestrafte als mit allen anderen Maßnahmen, die er sich zweifelsohne ausgedacht hatte! Voller neuer Hoffnung lauschte sie auf das Quietschen der Räder und das Klirren des Pferdegeschirrs und harrte der Ankunft auf Hohenneuffen.
     

Kapitel 47
     
    Ulm, 15. Januar 1350
     
    Weiße Blitze tanzten vor Conrads Augen, während das Stechen in seiner Lunge zu einem Brennen wurde, das seinen gesamten Brustkorb zu verzehren schien. Immer weiter dehnte sich der unerträgliche Schmerz aus, der ihm den Kopf zu sprengen und das Herz im Leibe zu zerquetschen drohte. Als er bereits der Versuchung nachgeben und Mund und Nase öffnen wollte, riss ihn die Klaue, welche ihn unter Wasser festhielt, zurück und grub sich in seinen Nacken.
    »Habt Ihr es Euch anders überlegt, Alderman?«, tönte der verhasste Bariton spottend, während Conrad wie ein Fisch auf dem Trockenen nach Luft schnappte. In breiten Bächen rann das eisige Wasser von seinem kahl geschorenen Schädel den unbekleideten Körper entlang, der vor Kälte wie Espenlaub zitterte. »Oder wollt Ihr das Bad wiederholen?«
    Von rechts erschien die hässliche Fratze des einäugigen Folterers, der zur Höchstform aufgelaufen war, seit er Conrad von seinem Untergebenen übernommen hatte. Da der Rücken des Glockengießers aus einem schlecht verheilenden Zickzackmuster tiefer Wunden bestand, tauchte

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