Die Launen des Teufels
sein Peiniger in regelmäßigen Abständen die Hand in ein Salzfass, um diese daraufhin auf die Striemen zu pressen. Diese Behandlung wiederholte er auch jetzt, was dazu führte, dass Conrad einen tierischen Schrei von sich gab.
»Warum macht Ihr es Euch nur so schwer?«, fragte der Mann ehrlich interessiert, bevor er sein Opfer erneut unter die Wasseroberfläche drückte. Entgegen der groben Stricke, mit denen er an Händen und Füßen gefesselt war, versuchte Conrad, um sich zu treten. Doch damit erreichte er lediglich, dass der Kerkermeister seinen Griff verstärkte. Voller Panik öffnete er unter Wasser die Augen, ignorierte das Aufflammen der Pein und suchte die Oberfläche des schleimigen Holzes nach einem Ausweg ab. Vergeblich. Je mehr er sich anstrengte, in der von Blutfäden durchzogenen Brühe etwas zu erkennen, desto schneller schwand seine Kraft, und er spürte, wie sein Gaumensegel erschlaffte. Mit dem ersten Atemzug strömte das Nass messerscharf durch seine Nase und ließ winzige Nadeln sein Gehirn durchlöchern. Als er auch den Mund öffnete und dem Drang zu schreien nachgab, füllte die Flüssigkeit innerhalb kürzester Zeit seine Lunge, da er mit jedem Schwall heftiger und tiefer einatmete. Innerhalb weniger Augenblicke verdichtete sich die Schwärze um ihn herum, bis ihn vollkommene Finsternis umfing.
Als er die Besinnung wiedererlangte, irritierte ihn ein heftiges Zerren und Ziehen an seiner Körpermitte; und als es ihm schließlich gelang, die Lider offen zu halten, erblickte er zu seinem Erstaunen den Einäugigen, der sich leise murmelnd über ihn gebeugt hatte. Als er sich mit der Hand die schmerzenden Augen reiben wollte, klirrte es leise, und er wandte verwirrt den Kopf. Erst allmählich begriff er, dass man ihn auf eine schmale Holzbank geschnallt hatte, an der seine Arm- und Fußgelenke mit schweren Eisenfesseln befestigt waren. Bevor sich schrecklich bildhafte Befürchtungen in seinem Verstand sammeln konnten, senkte sich ein Gewicht auf seinen Bauch und die Riemen unter seinem Rücken wurden festgezurrt.
Obschon die dünnen Lederstreifen tief in seine Haut einschnitten, lenkte ihn das unheimliche Trippeln kleiner Krallen auf seiner Bauchdecke zu sehr ab, als dass er den Schmerz registriert hätte. Auch das auf seinem gemarterten Rücken brennende Feuer verblasste vor dem Entsetzen, das ihn erfüllte, als der Geri genannte Folterer von ihm zurücktrat, um sein Werk mit einem zufriedenen Nicken zu betrachten.
Über der Mitte seines Leibes prangte ein Käfig, in dem eine riesenhafte Ratte suchend die spitze Schnauze durch die engen Gitterstäbe schob. Der schuppige Schwanz reichte bis an Conrads Leiste, wo er mit jeder Bewegung des Tieres hin- und herwischte. Auf dem Dach des Käfigs befand sich eine kleine Pyramide aus Holzspänen, die von einem eisernen Ring in Form gehalten wurde. Starr vor Grauen beobachtete Conrad, wie die Schnurrhaare des Tieres erst ihn und dann den Käfig abtasteten; wie die rotgeränderten Augen nach links und rechts zuckten und wie sich die vier langen Schneidezähne immer wieder über die Lefzen schoben.
»Ich werde Euch ein wenig mit diesem Schmuckstück alleine lassen«, verkündete der Kerkermeister beinahe fröhlich, bevor er Conrad einen Kienspan unter die Nase hielt. »Solltet Ihr Euch dann immer noch nicht dazu entscheiden können, ein Geständnis abzulegen …« Er machte eine bedeutungsvolle Pause, in der sein Blick zu dem aufgeregten Nagetier wanderte. »Dann werden wir ein kleines Feuerchen entzünden müssen.« Er lachte gackernd, bevor er dem Gefangenen den Rücken wandte und aus Conrads Blickfeld verschwand. Das Kreischen der Scharniere ließ den Gießer vermuten, dass der Mann die Folterkammer verlassen hatte, doch wessen konnte man sich an diesem Ort schon sicher sein?
Während er sich bemühte, so flach als möglich zu atmen, verfolgte er jede Bewegung des Tieres, dessen scharfe Krallen seine Haut bereits an mehreren Stellen durchbrochen hatten. Was um alles in der Welt hatte er falsch gemacht?, fragte er sich zum wohl hundertsten Mal, seit ihn die Männer der Stadtwache festgesetzt hatten. Wie hatte es nur dazu kommen können, dass sich das Schicksal in solch rasender Geschwindigkeit gewendet und ihn in diesen Abgrund geschleudert hatte?
Er unterdrückte einen Aufschrei, als sich das Tier auf die Hinterbeine erhob und die Zähne in die Gitter schlug. Hatte es nicht ausgesehen, als begünstigten ihn alle Heiligen? War ihm nicht innerhalb
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