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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Gegensatz zu Conrads guter Laune stand. Seit etwas über einer halben Woche ignorierte der Gießer ihn weitgehend, was ihn unter anderen Umständen dazu veranlasst hätte, dem Herrn zu danken. Doch da auch Anabel ihm aus dem Weg ging, nagte bohrender Zweifel an ihm. Zwar hatten sie sich seit dem Schützenfest nicht besonders oft zu Gesicht bekommen, doch die wenigen Male, in denen sie den wachsamen Augen des Hausherrn hatten entkommen können, hatten sie die Arme umeinander geschlungen und die Gegenwart des anderen mit allen Sinnen aufgesogen. Ein Ziehen in seiner Lendengegend ließ ihn kurz innehalten und mit einer reumütigen Grimasse den hölzernen Stiel von der Rechten in die Linke wechseln. Wie immer, wenn er sich Anabels zierlichen und dennoch kurvenreichen Körper vorstellte, pulsierte ungezügelte Lust durch seine Adern. Diese wurde allerdings umgehend gedämpft, als er sich zum wohl hundertsten Mal fragte, was in der Zwischenzeit vorgefallen sein mochte. Da sie sich seit Mittwoch sowohl vom Frühstücks- als auch vom Abendbrottisch fernhielt und Uli die Aufgabe übernommen hatte, die Männer in der Hütte zu versorgen, war es ihm bisher nicht einmal am gestrigen Sonntag gelungen, ungestört ein paar Worte mit ihr zu wechseln. Zwar hatte sie – wie der Rest der Familie samt Conrad – zum Kirchenbesuch das Haus verlassen, sich jedoch sofort nach ihrer Rückkehr in die an die Küche angrenzende Kammer zurückgezogen, die sie den gesamten Sonntag nicht mehr verlassen hatte. Mürrisch blickte Bertram auf die drei abgebrochenen Fingernägel hinab, die ihm der Versuch, ein Loch in die Wand seiner Kate zu bohren, eingebracht hatte. Der Hoffnung folgend, dass er dadurch einen Blick auf Anabel erhaschen und ohne die Anwesenheit neugieriger Ohren nach dem Grund ihrer Niedergeschlagenheit forschen konnte, hatte er sich einen Narren gescholten, als es ihm endlich gelungen war, das Astloch aus dem Brett zu treiben, nur um auf die rohe Steinmauer des Hauses zu stoßen.
    Was ist nur mit ihr los?, fragte er sich, während der Schweiß langsam aber sicher sein Hemd durchnässte. Warum wich sie seinen Blicken aus?
    Einer der Ziegel zersplitterte mit besonderer Heftigkeit, und nur durch eine blitzschnelle Reaktion gelang es ihm, sich zu ducken, da der scharfkantige Splitter sich ansonsten in seine Wange gebohrt hätte.
    »Verdammt!«, fluchte er überrascht und hob die Hand an die Stelle, an der sich ein dünner Blutfaden den Weg durch den Schmutz bahnte, um im Kragen seines Rockes zu versiegen. Der Stein musste seine Haut geritzt haben! Nachdem er einige Momente lang auf das im Feuerschein beinahe schwärzlich glänzende Blut gestarrt hatte, hob er achselzuckend ein weiteres Mal den Hammer auf und drosch ihn voller Frust in den inzwischen wie ein verfaulter Zahnstummel wirkenden Ring aus Ziegeln. Hatte sie ihre Meinung geändert? War er als Unfreier ihr zu niedrig? Oder hatte sie einen anderen erhört? Eisige Eifersucht ließ ihn die Zähne aufeinanderbeißen. Allein die Vorstellung, dass ein anderer Mann sie berühren könnte, ihre weichen Lippen mit den seinen bedecken oder die Stellen ihres Körpers liebkosen könnte, die Bertram bisher noch versagt geblieben waren, bewirkte ein solch unkontrollierbares Aufflammen des Zornes, dass er selbst überrascht aufkeuchte. Bebend vor Erregung stemmte er den eisernen Hammerkopf in das Häufchen Schutt zu seinen Füßen und bemühte sich, seinen dröhnenden Herzschlag zu beruhigen. Er musste Gewissheit haben! Mit einem angestrengten Schlucken zwang er sich dazu, die begonnene Arbeit fortzusetzen, um nicht schneller als ohnehin zu befürchten, erneut Conrads Unwillen auf sich zu ziehen. Denn der Entschluss, den er soeben gefasst hatte, würde darunter nicht zu leiden haben. Wenn Anabel an diesem Abend von ihrem Dienst in der Franziskanerabtei zurückkehrte, würde Bertram auf sie warten, um sie zur Rede zu stellen und ihr Herz freizugeben, wenn sie es einem anderen geschenkt hatte. Die in ihm aufsteigende Beklemmung schnürte ihm die Kehle zu. Auch wenn es ihm selbst das Herz aus dem Leibe reißen würde!
     
    Lange Zeit später, als die schwächliche Wintersonne schon längst am Horizont verschwunden war, schlich er sich in seinen dünnen Umhang gewickelt durch den im Dunkeln liegenden Innenhof, am Eingangsbereich vorbei bis vor die Tür, um sich im Schatten der Mauer zu verbergen. Sollte Conrad ihn dabei erwischen, wie er sich nach Sonnenuntergang ohne dessen ausdrückliche

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