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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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musste. Zornig und verwirrt rüttelte er an der Klinke, doch sie musste den Riegel vorgeschoben haben, um zu verhindern, dass er ihr folgte. Als sich über seinem Kopf begleitet von einem derben Fluch ein Fensterladen bewegte, duckte er sich. So schnell er konnte huschte er zur Rückseite des an Glockenhütte und Wohnhaus angrenzenden, eisigen Verschlages. In fliegender Hast hob er eines der Bretter aus der Verankerung, um in Windeseile hindurch zu schlüpfen. Bereits drei Tage nach seiner Ankunft im Haus des Gießers hatte er diesen heimlichen Ausgang entdeckt und beschlossen, ihn nur im äußersten Notfall zu benutzen. Denn wer konnte schließlich wissen, ob er nicht doch eines Tages bei Nacht und Nebel die Stadt fliehen musste?
    Das Rascheln des Strohs verriet ihm, dass Mäuse und Kakerlaken aufgeschreckt das Weite suchten, aber wenngleich ihm ein Schauer des Ekels über den Rücken lief, verdrängte die ihn von innen ausfüllende Schwermut alle anderen Gedanken. Mit kummervollem Herzen ließ er sich auf den Strohhaufen fallen, den er mit einer klammen Decke in ein Bett verwandelt hatte, und blies sich den warmen Atem auf die Finger.
    Etwas quälte sie! Während sich seine steifen Fingerkuppen langsam von der Kälte erholten, verwandelten sich der Kummer und die Aufwallung in seinem Inneren allmählich in unumstößliche Entschlossenheit. Etwas quälte sie so sehr, dass sie nicht wagen konnte, es ihm anzuvertrauen! Mehr noch. Was immer es war, musste auch eine Bedrohung für ihn darstellen. Denn ansonsten gab es keine Erklärung für ihr Verhalten! Mit zähen Bewegungen streifte er die Stiefel ab und schlüpfte voll bekleidet zwischen die Decken. Wie sonst konnte sie auf die absurde Idee kommen, seiner Liebe nicht wert zu sein? Erneut stieg Wut in ihm auf. Hatte er nicht gelobt, sie zu beschützen?
    Mit einer unwirschen Bewegung strich er sich einen Strohhalm aus dem Gesicht und presste die Wange in den groben Stoff der leicht muffig riechenden Decke, die ihn auch in dieser Nacht nur notdürftig warm halten würde. Ganz egal, was es war, das ihr solche Qualen bereitete, schwor er sich, während er verdrießlich nach einer Stellung suchte, in der ihm nicht alle Glieder absterben würden. Er würde es von ihr abwenden, auch wenn er sich damit gegen seinen Meister stellen musste! Keine Sekunde zweifelte er daran, dass Conrad etwas mit dem merkwürdigen Verhalten seiner Tochter zu tun hatte. Wie sonst sollte sich der urplötzliche Stimmungsumschwung des Gießers erklären lassen, der mit der unvorhergesehenen Verschlossenheit der jungen Frau einherging? Die gotteslästerliche Verwünschung, die ihm durch den Kopf schoss, ließ Bertram auf der Stelle ein Gebet der Abbitte gen Himmel schicken. Wenn er doch nur nicht so entsetzlich machtlos wäre, dachte er grimmig und drehte sich auf den Rücken, um mit blicklosen Augen vor sich hin zu starren.
    Während sich die Gedanken in seinem Kopf ablösten, ein Erklärungsversuch den anderen verdrängte, driftete er allmählich in einen unruhigen und oberflächlichen Schlaf, aus dem ihn am nächsten Morgen ein dumpfes Donnern weckte.
    »Raus mit dir!«, dröhnte Göswin, der kurz den blonden Schopf zur Tür hereinsteckte, um ihn mit einem Rümpfen der breiten Nase wieder zurückzuziehen. »Morgenstund hat Gold im Mund«, witzelte er und verschwand in Richtung Haupthaus.
    »Du hast gut reden«, brummte Bertram, während er sich widerwillig mit unterkühlten Gliedern aus dem Kokon schälte, den er mit den beiden Decken gebildet hatte. Niesend und fröstelnd, hüpfte er einige Male auf der Stelle, um die Durchblutung in seinen Beinen und Armen anzuregen, bevor er nach einem kurzen Blick zurück die armselige Hütte verließ, um sich im Hof am Brunnen zu waschen.
    Unter Rutschen umrundete er die Ecke und wäre beinahe auf dieselbe grau-weiße Katze getreten, die er in der vergangenen Nacht bei der Jagd beobachtet hatte. Mit einem angriffslustigen Buckeln stob das Tier, das sich wohl ebenfalls durch ein Schlupfloch in den Hof der Glockenhütte geschlichen hatte, in Richtung Stallungen davon. Zähneklappernd flüchtete Bertram sich in die Mitte des Hofes, um möglichst schnell die Morgentoilette hinter sich zu bringen und die warme Küche zu erreichen.
     

Kapitel 16
     
    Kalt peitschte Anabel der von einem stürmischen Wind getriebene Schnee ins Gesicht, als sie drei Wochen später mit steinernem Gesicht das Abthaus verließ, um zu ihrem Dienst im Hospital zurückzukehren. Tief

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