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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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hinabsausen zu lassen.
    »Hört auf! Ihr bringt ihn um!« Mit eisernem Griff gruben sich unnachgiebige Hände in Conrads Schultern, und als er sich wutschäumend umwandte, um auch den Störenfried zu züchtigen, blickte er in die grauen Augen seines Gesellen, der ihm mit einer kurzen Drehung die Gusspfanne entwand. »Man wird den Tod eines weiteren Lehrlings nicht so ohne Weiteres akzeptieren«, warnte Göswin eindringlich und rüttelte Conrad, dessen verschleierter Blick sich nur allmählich klärte. »Außerdem gibt es ein größeres Problem!« Mit zitterndem Daumen wies Göswin auf Anselm, der keine drei Schritt hinter dem wütenden Meister zusammengebrochen war, und sich zuckend und keuchend am Boden wand. Aus seinem linken Ohr rann ein feiner Blutfaden in das feuerrote Haar, das verschwitzt an seiner Kopfhaut klebte. Ein trockener Husten schüttelte den mächtigen Körper des Gesellen, und als dieser die Hand an den Mund führte, um den Speichel abzuwischen, blieb schwarz-roter Schleim auf seinem Handrücken zurück.
    »Oh, mein Gott«, flüsterte Conrad entsetzt – den bewusstlosen, ebenfalls heftig blutenden Bertram vergessend – und taumelte von dem Gefallenen zurück, dessen Lippen eine unheimliche Blaufärbung angenommen hatten. Die schlampig verbundene Wunde am Unterarm, die er sich vor drei Tagen beim Zerschlagen eines Glockenkerns zugezogen hatte, war erneut aufgeplatzt und gab grün-gelben Eiter von sich. Röchelnd öffnete Anselm den Mund, und versuchte, sich mit der auf das Dreifache ihrer normalen Größe angeschwollenen Zunge die aufgeplatzten Lippen zu benetzen, gab jedoch nach kurzer Zeit auf und schloss die Augen. Bei jedem mühsamen Ausatmen gab seine gepeinigte Lunge einen hohen Pfeifton von sich, der jedoch schon bald von einem wässrigen Blubbern erstickt wurde.
    »Schaff ihn hier fort!« Mit diesem Befehl riss sich Conrad, der sich mit einem Schlag aus der Erstarrung löste, die lederne Schürze vom Leib, stolperte in Richtung Tür und floh nach einem letzten Blick über die Schulter zurück in die Kälte. Sie hatte sein Haus erreicht! Die Seuche hatte sein Haus erreicht! Bebend führte er die zerschlagenen Knöchel an den Mund und saugte einige Zeit lang gedankenverloren daran. Ganz egal, was er sich versucht hatte einzureden, die Willkür und Gewalt, mit der die sich immer weiter ausbreitende Krankheit Alte und Junge, Starke und Schwache gleichermaßen niedermähte wie Grashalme, ließ ihn seine Arroganz vergessen und die Schritte zurück zu den Drei Kannen lenken. Der übermäßige Genuss von Alkohol würde auch ihn schützen! Warum nicht den Ratschlägen der gelehrten Ärzte folgen? Während ein Schauer der Angst drohte, ihm die Kontrolle zu entreißen, erreichte er die Tür der Herberge, aus der immer noch der Zechlärm seiner Zunftgenossen auf die Straße drang, stieß diese mit fahrigen Bewegungen auf und tauchte erneut in das Gewühl der Trinker ein.
     

Kapitel 24
     
    »Hör auf zu träumen und reich mir die gestoßenen Maßliebchen, Anabel!« Mit einer hochgezogenen Augenbraue beobachtete Schwester Adelheid, die zusammen mit Anabel in dem kleinen Raum am Ostende des Hospitals neue Salben und Tränke anmischte, wie sich die Wangen der jungen Frau mit einem satten Karmesinrot überzogen, bevor diese mit einem schuldbewussten Blinzeln das Geforderte von einem der Regale angelte.
    »Was ist heute nur los mit dir?«, fragte die Begine. Mit einem leicht tadelnden Kopfschütteln nahm sie Anabel das irdene Gefäß ab, um das grau-weiße Pulver mit dem geschmolzenen Bienenwachs, dem Thymian und dem Wermutsaft zu vermischen und so die entzündungshemmende Salbe fertigzustellen, auf die die Meisterin schon ungeduldig wartete.
    »Nichts«, murmelte Anabel, während sie ungeschickt mit dem Korken einer kleinen Flasche hantierte, bevor sie den ebenfalls frisch zubereiteten Trank aus Belladonna und gelbem Fingerhut zur Seite stellte. »Ich bin nur ein wenig müde.«
    Das Hüsteln, mit dem Schwester Adelheid diese Erklärung quittierte, ließ die Röte bis zu Anabels Haarwurzeln vordringen, und nicht zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch aus Söflingen am gestrigen Abend fragte sie sich, ob jemand Verdacht geschöpft hatte. Zwar war Bertram früh am Morgen, als die Glocken zur Sonntagslaudes gerufen hatten, zurück in die Scheune geschlichen, doch es bestand zweifellos die Möglichkeit, dass ein weniger devotes Augenpaar seinen geduckten Schatten erspäht hatte. Das Kitzeln einer aus ihrer Haube

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