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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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die sich in den vergangenen Jahren so gut verkauft haben?
    Die Bedenkzeit, die sie mir dafür einräumten, benötigte ich nicht.
    Ich sagte ihnen, sie könnten sich das alles sonst wohin stecken. Ich sei Sam zu wesentlich mehr verpflichtet.
    Und während sich mir im Kopf noch alles drehte nach dieser Ungerechtigkeit, kam die Einladung, bei dieser Konferenz Sams Platz einzunehmen.
    Für mich war unbesehen klar, dass die Konferenzplaner damit einem wertgeschätzten Kollegen posthum ihren Tribut zollten und sich dabei gleichzeitig ersparten, ihr Programm umzuwerfen. Aber das erklärte nicht, warum ich wie die Mehrzahl der Vortragenden nicht in irgendeiner Studentenbude untergebracht wurde, sondern zusammen mit Dwight Duerden in der Q-Wohnung residierte. Es musste ein anderes Motiv dahinterstecken. Als ich dann Albacores Namen entdeckte, argwöhnte ich, dass er sich wohl Hoffnungen machte, mir Sams Forschungsarchiv über Beddoes abschwatzen zu können.
    Vielleicht bin ich paranoid. Doch in den Hainen der Akademe tummeln sich zahllose Raubvögel, das hat Sam mir immer eingetrichtert. Wie auch immer, ich werde das besser beurteilen können, wenn ich die Gastgeber der Konferenz kennen gelernt habe, was bei der Begrüßungs- und Einführungsveranstaltung in einer Viertelstunde geschehen wird.
    Nun, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, bei der neuen Psychologin. Ihr Name, stellen Sie sich nur vor, lautete Amaryllis Haseen!
    Neckische Schattenspielereien mit Amaryllis, Sie erinnern sich, gehörten neben der Abfassung von Gedichten zu den Dingen, die Miltons höchst unpuritanische Vorstellungskraft ihm eingaben. Mir selbst ist die Blume nur in Form der aufdringlich fleischigen Exemplare bekannt, die manchmal zu Weihnachten auftauchen. Nun, verglichen mit ihnen entsprach Ms. Haseen ihrem Namen vollkommen und wurde von den meisten der sexuell ausgehungerten Knastbrüder als vorgezogenes Weihnachtspräsent betrachtet. Wie einer von Polchards Top-Kumpel verträumt sagte: »’nem Zuckerpüppchen wie dem kann man seine ganzen sexuellen Fantasien auftischen, das ist noch besser, als seinen Pimmel über
Women on Top
abzuwedeln.«
    Jeder unter uns entwickelte daraufhin psychologische Probleme. Ms. Haseen allerdings war nicht dumm. Sie übernahm die Beratungsstelle im Chapel Syke, um Material für ein Buch über die psychologischen Auswirkungen der Einkerkerung zu sammeln, das, hoffte sie, ebenso ihrem Renommee wie ihrem Bankkonto zugute kam. (Es erschien letztes Jahr, heißt
Dunkle Zellen
und bekam viele nette Kritiken. Ich bin übrigens Inhaftierter XR , S. 193-207.) Die Wichser sortierte sie schnell aus. Als Polchards Adjutant sich beschwerte, dass er rausgeworfen wurde, während ich zweimal in der Woche zur Sitzung erscheinen durfte, lächelte ich und sagte: »Du musst ihr das Gefühl geben, dass sie dir helfen kann, das heißt, du kannst ihr nicht einfach, wie du es tust, deine Latte hinhalten und sagen, so, jetzt besorg es mir mal rundherum!« Das brachte sogar Polchard zum Lächeln, und wenn ich von nun an von meinen Sitzungen zurückkehrte, wurde ich mit obszönen Fragen bestürmt, wie weit ich auf dem Weg in ihre Unterwäsche schon vorangeschritten sei.
    Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, ich glaube, ich hätte es geschafft, aber ich habe es noch nicht einmal versucht. Auch wenn mir Erfolg beschieden gewesen wäre, was hätte ich dafür bekommen?
    Einige mittelmäßige Momente gedankenlosen Vergnügens (unter den gegebenen Umständen wäre nicht mehr drin gewesen, als sich wackelige Knie zu holen) und eine Koda postkoitaler Trauer, die sich jahrelang hinziehen kann!
    Ich musste Realist bleiben. Auch wenn ich Amaryllis zu neckischen Spielereien im Schatten hätte verführen können, so wäre sie doch, wenn sie durch das Haupttor des Sykes wieder in den hellen Sonnenschein hinaus zu ihrer viel versprechenden Karriere und glücklichen Ehe schritt, vor Scham und Angst erschaudert und möglichen zukünftigen Vorwürfen meinerseits zuvorgekommen, indem sie mich als einen gefährlichen Fantasten gebrandmarkt hätte. (Sie meinen, ich sei zu zynisch? Lesen Sie weiter.)
    Also richtete ich mein Augenmerk darauf herauszufinden, was sie von mir in ihrer beruflichen Rolle wollte, und sorgte dafür, dass sie es bekam.
    Und noch eine andere Gefahr lauerte hier. Sie verstehen, was sie wirklich wollte, war herauszufinden, wie ich tickte. Das Problem war, dass dieses Thema mich ebenfalls faszinierte.
    Ich habe immer gewusst, dass ich nicht so bin

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