Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
Gefängnispersonals, den er seinen Leuten im Oberhaus dann um die Ohren knallen kann.
    Sie sammelte sich und antwortete: »Natürlich dürfte ich Ihnen das gar nicht sagen, aber ich glaube, sie sind von der Qualität Ihres Exposés wirklich beeindruckt. Ich weiß, dass insbesondere Jay sich sehr dafür einsetzt, dass Ihre Bewerbung angenommen wird … aber natürlich geht alles mit rechten Dingen zu …«
    Oh, meine Amaryllis, ist Schach eines der Spiele, die du im Schatten treibst?, fragte ich mich und verbarg mein Lächeln, während ich ihre Worte interpretierte. Der gute alte Jay würde liebend gern dein Doktorvater sein, doch das dürfte schwierig werden, wenn du einen dummen Kommentar über seine Frau ablässt …
    »Nun, das freut mich«, sagte ich. »Besteht die Möglichkeit, dass Ihr Ehemann meine Arbeit persönlich betreut?«
    »O nein«, beeilte sie sich zu antworten. »Er wird im nächsten Trimester eine Stelle an seinem alten College antreten, er wird also nicht mehr hier sein. Aber es gibt einen Kollegen, Dr. Johnson, der großes Interesse an Ihnen hat …«
    Und damit hörte ich zum ersten Mal Sams Namen, allerdings empfand ich es kaum als epiphanischen Moment, war ich doch zu sehr damit beschäftigt, meinen Vorteil ganz auszuspielen.
    »Nun haben Sie also zufällig von meinem Dissertationsthema erfahren, was, meinen Sie, sagt das nun über mich aus?«, fragte ich. »Glauben Sie wirklich, dass ich insgeheim Rachegedanken gegen jene hege, die schuld daran sind, dass ich jetzt hier bin?«
    »Das wäre wahrscheinlich zu stark ausgedrückt«, sagte sie. »Ich sehe Sie nicht als eine übermäßig rachsüchtige Persönlichkeit. Es wäre überraschend, wenn Sie keine Ressentiments hegten, Ihre Themenwahl ist für mich jedoch eher die Sublimation dieser Gefühle. Mit anderen Worten, es ist Teil des Heilungsprozesses, gehört aber nicht zum Trauma.«
    Das war
Reader’s Digest
-Geschwätz, dachte ich fröhlich. Genau die simple Kost, mit der die Holzköpfe, die über meine Zukunft zu entscheiden hatten, gefüttert werden sollten.
    »Damit, Frau Doktor, meinen Sie, dass mein Dissertationsthema, wenn es in Sheffield angenommen wird, mir dabei helfen kann, dass ich nach Butlin verlegt werde? Ich meine, es wäre doch nicht günstig, wenn ich von meinem Doktorvater zu weit entfernt bin, oder?«
    »Das kann ich verstehen«, sagte sie, nickte und machte sich eine Notiz. »Das ergibt für mich einigen Sinn.«
    Ich fasste es als ein Ja auf, und als solches sollte es sich auch herausstellen. Tatsächlich wurde ich dann nach Butlin verlegt, noch bevor meine Dissertation angenommen wurde. In dieser Zeit lernte ich auch Sam kennen. Später war ich froh, dass er nie ins Syke kommen musste, denn das Erste, was ich im Butlin zu hören bekam, war, dass ich den Zuchthausgestank mitgebracht habe. Man nimmt ihn selbst nicht mehr wahr, aber andere bemerken ihn, und später bemerkte ich ihn selbst, wenn Neuzugänge eintrafen.
    Schon seltsam, das kreative Vermögen des Geruchs! Er führte mich auf der Stelle zurück zu den knallenden Türen, überfüllten Zellen, dem Kloreinigen und der ständigen Angst – o ja, auch wenn man Polchards Schachkumpan war, lebte man ständig in Angst – vor einem sadistischen Schließer, einem Amok laufenden Durchgeknallten, abgefeimten Schläger, einem neuen Rattenkönig, der Polchard von seiner Thron stieß. Man wusste nie, welche tödlichen Veränderungen jeder Tag mit sich bringen würde. Verglichen damit waren wir hier im Lande Beulah. Jeden Tag blickten wir über den Fluss ins Gelobte Land.
    Nur ein Dummkopf hätte es zugelassen, dass er wieder woandershin geschickt wurde.
    Ich war damals kein Dummkopf und bin es auch jetzt nicht.
    Es dürfte Ihnen wohl schwer fallen zu glauben, dass meine Gefängniserfahrung mich resozialisiert und rehabilitiert hat, aber sicherlich werden Sie einsehen, dass ich seither entschlossen bin, keinerlei Risiken einzugehen, um wieder einrücken zu müssen.
    Also, keine Rachedrohungen, noch nicht einmal Rachegedanken, auch nicht, wenn ich provoziert werde – und provoziert haben Sie mich, mein lieber Mr. Pascoe, das müssen Sie selbst zugeben.
    Was ich vom Leben will, kann ich durch einfache, ehrliche Mittel erreichen, zumindest durch solche, die in den Hainen der Akademe als solche durchgehen! Ich sehe mich um – die alten Eichenpaneele des Raums, in dem ich schreibe, ihre seidene Patina, die den Schein des offenen Feuers reflektieren und das Frösteln des

Weitere Kostenlose Bücher