Die Launen des Todes
zur Kenntnis nahm. In Wahrheit hatte er sich mit Lilley nie unterhalten. Der Typ lebte in London, es wäre sehr schwierig geworden, ihn aufzuspüren, ohne die Londoner Polizei auf den Plan zu rufen. Er wollte, dass so wenige wie möglich von seinem Interesse an Lilley und Richter erfuhren. Aber nach allem, was er von dem Kerl gesehen und gelesen hatte, drängte sich der Eindruck auf, dass er sich schnell auf jeden Deal einlassen würde, um seine Haut zu retten. Richter schien dem offensichtlich zuzustimmen.
Also, eine weitere Wanze, die Lilley wahrscheinlich erwähnt haben würde …
»Ach ja«, sagte er. »Das. Da hat er was gesagt, aber viel mehr interessiert mich Ihre Wanze.«
Sie brach in triumphierendes Gelächter aus.
»Weil die andere Wanze Ihnen gehörte, richtig? Und lassen Sie mich raten, sie hat nicht richtig funktioniert? Vielleicht hat Tris daran rumgefummelt, als er sie entdeckt hat.«
Sie bemerkte, wie er zögerte, kam aber zur falschen Schlussfolgerung; eines der Probleme, wenn man ständig und überall Verschwörungen witterte – dann sah man sie auch überall.
»War schon immer meine Meinung, dass man diesen modernen Technologien nicht trauen kann«, sagte er, wobei er versuchte, ein wenig dämlich auszusehen.
»Tris sagt das auch. Eine Wanze reicht nie aus. Sie müssen sich einen höheren Etat genehmigen lassen.«
»Oh, das werde ich. Aber konzentrieren wir uns darauf, was Sie rausgefunden haben. Wanzen sind schön und gut, aber es geht doch nichts über eine gute Freundschaft, wenn man zum Kern der Sache vordringen will.«
Sie errötete nicht, wirkte aber nicht besonders glücklich. Konnten Journalisten ein schlechtes Gewissen haben? Warum nicht? Waren ja auch nur Menschen. In manchen Fällen zumindest beinahe. Richters Motivation schien bislang mehr von moralischen Prinzipien getragen als von persönlichem Gewinnstreben. Wenn sie nun glaubte, die Polizei hätte diese andere Wanze angebracht, konnte sie ihn als Mitstreiter in ihrer Sache sehen und nicht als Objekt ihrer Ermittlung.
Er sagte: »Ich weiß, es ist hart, wenn man jemanden mag. Ich mag Rye auch. Und meinen Burschen Bowler. Und ich will nur das Beste für die beiden. Aber das ist nur möglich, wenn ich weiß, was hier abläuft, nicht wahr?«
Er klang so ehrlich und ernsthaft, dass er sich selbst eine Versicherung hätte andrehen können.
Sie nickte. »Okay. Ich glaube, Rye ist so durcheinander, weil sie mehr über diesen Wordman weiß, als sie sagt. Es ist für sie eine sehr persönliche Sache. Manchmal, wenn sie zu viel Wein intus hat, erzählt sie, dass es irgendwie mit ihrem Bruder zu tun hat, was aber nicht sein kann, schließlich ist er gestorben, als sie erst fünfzehn war. Aber das alles hat sich bei ihr irgendwie miteinander vermischt. Sie gibt sich die Schuld am Tod ihres Bruders und vielleicht auch am Tod von Dick Dee. Sie hat ihn sehr gemocht, das steht fest. Und wenn man sich mal in den Kopf gesetzt hat, dass Menschen, die dir nahe stehen, unweigerlich zu Tode kommen, dann ist man auf dem besten Weg zusammenzuklappen.«
»Aber warum sollte sie sich die Schuld am Tod von Dee geben?«
»Vielleicht weil ihr schwante, dass er der Wordman war, sie sich das aber nicht eingestehen wollte. Vielleicht beschwor sie eine Situation herauf, bei der sich die Wahrheit herausstellen würde, und dann lief alles schief. Und weil die Wahrheit niemals klar und eindeutig ermittelt wurde, treibt sein Tod sie um. Denn was wäre, wenn er unschuldig war?«
»Hat sie das gesagt?«, fragte Dalziel. »Hält sie Dee für unschuldig?«
»Sie hat mir eines Nachts gesagt, ›was ist, wenn der Wordman gar nicht tot ist, Myra? Wenn er noch immer dort draußen ist und sich sein nächstes Opfer sucht? Was, wenn er nur darauf wartet, dass alle wieder unvorsichtig werden, und dann alles wieder von vorn anfängt?‹ Ich fragte sie, ob es irgendeinen Grund für diese Vermutung gebe. Ich wollte sie nur trösten, aber ich war es Charley auch schuldig, sie das zu fragen.«
»Und ihre Antwort?«
»Sie schlief in meinen Armen ein, also brachte ich sie ins Bett«, sagte Richter mit zärtlichem Unterton.
»Sind aber nicht gleich dazugehüpft?«, fragte Dalziel beiläufig. Frauen konnten, soweit es ihn anbelangte, tun und lassen, was sie wollten, solange sie es nicht auf der Straße trieben und die Arbeiterschaft in Angst und Schrecken versetzten. Oder so gut wie mit einem seiner DC s verlobt waren.
Sie grinste ihn an, setzte einen verruchten Blick
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