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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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reichte dem Jungen eine Karte mit seinem Namen und der Nummer seines Diensttelefons.
    »Ja, danke«, sagte Lee. Er wirkte überrascht, als hätte er diese Reaktion nicht erwartet. »Doch so eine Art Wohltäter, was, Mac?«
    »Sergeant.«
    »Sorry. Sergeant Mac. Hör zu, hau jetzt nicht ab, jetzt bin ich dran, dir was zu spendieren. Nimm ein Stück vom Käsekuchen, er ist nicht schlecht. Wirkt vielleicht als Gegengift auf den Immigranten-Schinken.«
    »Nein danke. Ich hab nämlich ein Zuhause, wo ich jetzt hinmuss.«
    »Du Glücklicher.«
    Er klang so wehmütig, dass Wield eine Sekunde lang versucht war, sich wieder zu setzen. Dann bemerkte er die schimmernden, wachsamen Augen unter den langen, halb geschlossenen Wimpern.
    »Bis irgendwann, Lee«, sagte er. »Pass auf dich auf.«
    »Ja.«
    Draußen stieg Wield auf seine Thunderbird, erleichtert, die Gefahr gemieden zu haben.
    Durch das verschmierte Fenster des Turk’s sah er den Jungen noch immer am Tisch sitzen. Er hatte nun kein Publikum mehr, das er beeindrucken konnte, aber irgendwie wirkte er jetzt noch verlassener und verlorener als sonst.
    So leise wie möglich fuhr Wield in die Nacht davon.

[home]
    3
    Der Ritter
    2. Brief, erhalten: Montag, 17. Dez., per Post
    St. Godric’s College
Cambridge
    Samstag, 15. Dez.
Wohnung des Quästors
    Mein lieber Mr. Pascoe,
     
    ehrlich, ich hatte nicht vor, Sie ein weiteres Mal zu belästigen, doch sind Dinge geschehen, die ich mit jemandem teilen muss. Ich weiß nicht warum, aber Sie scheinen mir die richtige Person dafür zu sein.
    Lassen Sie mich davon erzählen.
    Ich ging hinunter zur Begrüßungsveranstaltung im Senior Common Room, in dem sich bereits, wie ich feststellen musste, die Konferenzteilnehmer drängelten. Die Vorräte kostenloser Alkoholika sind bei solchen Veranstaltungen anscheinend begrenzt, weshalb die alten Hasen dafür sorgten, dass sie als Erste an der Quelle waren.
    Die Teilnehmer lassen sich grob in zwei Gruppen gliedern. Die eine besteht aus den eher erfahrenen Gestalten, Gelehrten wie Dwight, die sich ihren Ruf bereits erworben haben und in erster Linie darauf bedacht sind, ihr Revier zu verteidigen und andere von ihren Steckenpferden zu stoßen.
    Die zweite Gruppe besteht aus den Jungen, die auf dem Sprung sind, verzweifelt darum bemüht, die Fleißpünktchen zu sammeln, die sie für die Teilnahme an solchen Veranstaltungen erhalten, wo sie Vorträge präsentieren oder bei den anschließenden Diskussionen durch polemische Kommentare aufzufallen hoffen.
    Ich vermute, ein oberflächlicher Beobachter hätte mich dieser letzteren Gruppe zugerechnet, mit einem großen Unterschied allerdings – sie alle hatten den Fuß bereits auf der akademischen Leiter, und mochte die Sprosse noch so niedrig sein.
    Natürlich nahm ich das alles nicht mit einem Blick wahr, so wie Sie es getan hätten. Nein, aber was ich sah und hörte, verband ich mit dem, was mir Sam Johnson in der Vergangenheit erzählt und was mir der liebe alte Charley Penn vor kurzem in satirischen Farben ausgemalt hatte, nachdem er erfuhr, dass ich an meinem ersten, wie er es nannte, »Gaudium« teilnehmen sollte.
    »Vergiss nicht«, sagte er. »Mag dein Akademiker noch so domestiziert aussehen, seinem Instinkt und seiner Ausbildung nach ist er ein Anthropophag. Egal was auf der Speisekarte steht, du bist auf jeden Fall drauf!«
    Anthropophag. Charley liebt solche Wörter. Wir spielen noch immer Paronomania, trotz der schmerzlichen Erinnerungen, die sich dabei einstellen.
    Aber wo war ich stehen geblieben?
    Ah ja, aufgrund solcher Vorwarnungen – und der zurückliegenden Erfahrung im Chapel Syke, in das ich mit noch weniger Vorbereitung geworfen worden war – fühlte ich mich durchaus in der Lage, in diesen neuen Gewässern zu überleben. Tatsächlich musste ich noch nicht einmal etwas dafür tun. Anders als im Syke, wo ich den Rattenkönig aufzusuchen und mich ihm dienstbar zu machen hatte, strebte er hier im God’s suchend auf mich zu.
    Als ich unsicher im Türrahmen stand, konnte ich in dem dichten Gedränge nur eine mir bekannte Person ausmachen: Dwight Duerden. Er sprach mit einem langen, hageren Mann, der sich durch eine Plantagenet-Physiognomie und eine blonde Mähne auszeichnete, die so voller Schwungkraft war, dass er mit Shampoo-Werbung ein Vermögen hätte verdienen können. Duerden erblickte mich, sagte etwas zu dem Mann, der augenblicklich die Unterhaltung abbrach, sich umdrehte, wie ein Timeshare-Makler, der einen fast

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