Die Launen des Todes
notwendigere wohl tuende Tasse Tee und hatten sich wieder so weit erholt, dass sie sich über die Vorstellung amüsieren konnten, mit welch verdutzter Miene die Diebe feststellen würden, dass der Geldtransporter völlig leer war.
Pascoe teilte ihre Freude nicht. Der Überfall war vielleicht für die Gauner ein Fehlschlag, aber es würde auch als Fehlschlag für die Polizei gewertet werden. Wenn in der Kantine und in den Zeitungen von der Geschichte berichtet wurde, gingen die Witze auf seine Kosten. Und in der Jahresaufstellung der Verbrechensstatistik würde unter diesem Tag ein Geldtransporter aufgeführt werden, der trotz eines Tipps und kostspieligen Begleitschutzes gekidnappt worden war.
Plötzlich war Franny Roote ans untere Ende seines aufgetürmten Problembergs relegiert, und als er schließlich in sein Büro zurückkehrte, wischte er den Zettel mit Sophie Frobishers Namen in den Mülleimer, ohne auch nur noch einmal einen Blick darauf geworfen zu haben.
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7
Der Sündenfall
5. Brief, erhalten: Montag, 24. Dez., per Post
Fichtenburg am Blutensee
Aargau
Montag, 17. Dezember
(Mitternacht!)
Lieber Mr. Pascoe,
mein Geist ist in Aufruhr, weshalb ich Ihnen noch einmal schreibe. Lassen Sie mich meine albtraumhafte Reise hierher überspringen. Es mag genügen, Ihnen zu sagen, dass mir meine kostensparenden Anstrengungen durch
zwei
Zugausfälle belohnt wurden und ich den Flughafen in Manchester erst fünf Minuten vor Abflug erreichte, dazu hatte ich noch mein Ticket abzuholen! Nie und nimmer wäre dies samt Spießrutenlauf durch Gepäckabgabe und Sicherheitskontrolle zu schaffen, dachte ich. O Himmel. Linda, die es gern sieht, dass ihre Anweisungen auch ausgeführt werden, würde alles andere als erfreut sein.
Aber ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen. Sogar Lindas Organisationstalent knickte unter den brutalen Tritten der Fluggesellschaften wie ein trockener Halm ein.
Mein Flug verspätete sich … und verspätete sich … und verspätete sich …
Schließlich hoben wir ab. Ganz offensichtlich hatten sie sich durch die Verspätung nicht von ihrem Catering-Zeitplan abbringen lassen. Gegenüber dem, was auf meinem Teller ankam, erschien die Cuisine des Chapel Syke höchst attraktiv. Zudem kam ich neben einem dicken, gesprächigen Immobilienmakler mit einer schlimmen Erkältung zu sitzen.
Meine Probleme fanden mit der Landung in Zürich kein Ende.
Mein Koffer erschien als allerletzter auf dem Förderband, ein Neandertaler als Zollbeamter ließ sich nicht davon überzeugen, dass ich kein kolumbianischer Drogenbaron sei, und als ich schließlich in den öffentlichen Bereich trat, konnte ich unter all den Schildern mit den seltsamen Aufschriften kein einziges erblicken, das meinen Namen getragen hätte.
Einige Zeit später stolperte ich buchstäblich über meinen Taxifahrer, der in der Cafébar vor sich hin schlummerte. Nur die Tatsache, dass er sich das Pappstück mit einem Namen, der entfernt an meinen erinnerte (Herr Rutt), über die Augen gelegt hatte, um somit nicht geblendet zu werden, verschaffte mir den notwendigen Hinweis. Er schien nur ungern geweckt zu werden und machte sich danach auf den Weg hinaus in einen anscheinend aufziehenden Schneesturm, ohne mehr als ein gutturales Grunzen in meine Richtung abzugeben. Nach den verschleimten Ausführungen des Immobilienmaklers war ich darüber allerdings nicht allzu traurig.
(Ich glaube mich erinnern zu können, dass ich das alles überspringen wollte, doch hat es sich so tief in meine Psyche eingegraben, dass es sich nicht einfach wegschieben lässt. Verzeihen Sie mir.)
Linda hatte mir versichert, Fichtenburg sei mit dem Wagen von Zürich aus leicht zu erreichen, doch nicht bei diesem Wetter oder mit diesem Chauffeur. Es schien ewig zu dauern. Letztendlich aber überwand meine Müdigkeit meine Besorgnis, und ich döste ein. Ich erwachte, als der Wagen so abrupt zum Stehen kam, dass ich heftig nach vorne geworfen wurde und mein erster Gedanke einem Unfall galt. Stattdessen musste ich feststellen, nachdem ich wieder zu Sinnen gekommen war, dass der Fahrer mein Gepäck neben dem Taxi abgestellt hatte und mir die Beifahrertür aufhielt, nicht, wie ich eilig hinzufügen möchte, in einem Anflug von artiger Höflichkeit, sondern einzig und allein, um mein Aussteigen zu beschleunigen.
Noch halb im Schlaf wankte ich nach draußen, er knallte die Tür zu und röhrte ohne das geringste
Lebwohl!
in die Nacht davon.
Es schneite
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