Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
Dann aber wurde sie ernst und berichtete ihrerseits über die Beobachtungen, die sie in den vergangenen Tagen gemacht hatte.
    »Dieser Meiko hat begonnen, im Wald umherzustreifen.«
    »Geht er auf die Jagd?«
    »Er scheint keine Waffen, Schlingen oder Fallen dabei zu haben. Er wandert nur umher, als suche er etwas. Aber Pilze, Nüsse oder Beeren sind es nicht. Zweimal ist er bis zum Gutshaus von Rommerskirchen gegangen. Er hat am Waldrand gestanden und das Treiben dort einige Zeit beobachtet. Er ist dann auch den beiden Geschwistern gefolgt, die von dort in das Dorf zurückkehrten, hat sich ihnen aber nicht gezeigt. Sein Gesicht war voller Grimm, und ich dachte schon, er wolle sie vielleicht überfallen.«
    »Das wäre seltsam. Mir schien, er ist ihnen recht wohlgesinnt. Aber man kann sich in den Menschen ja auch täuschen. Ich werde ein Auge darauf haben.«
    Raguna nickte. Ihre Meinung zu den Zweibeinern war mir hinlänglich bekannt.
    »Er ist auch zum Clarenhof gewandert. Dort ist er jedoch eingekehrt und hat mit der Dame und dem Jungen den Garten aufgesucht. Sie schienen sich gut zu verstehen.« Plötzlich gab Raguna ein raukehliges Lachen von sich. »Die Dame Caroline, wie du sie nennst, besitzt einen kleinen, weißen Kater, der ihr ständig am Rocksaum hängt. Ich habe ihn mir, als er sich wirklich einmal alleine ein Stückchen vor die Mauer gewagt hat, näher angesehen. Er hat deine Augen, Fratz.«
    Mein Herz machte einen Hüpfer.
    »Ich habe vergangenes Jahr im Frühling in meinem ersten Wurf einen weißen Kater gehabt. Er war ein wenig schwächlich, aber durchgebracht habe ich ihn. Er ist klein geblieben. Die Moen hat ihn an eine Dame fortgegeben, die ihn im Haus halten wollte.«
    »So ist es denn wohl dein Sohn.«
    »Das wäre schön, Gevatterin!«
    Es freute mich für den Kleinen ganz besonders, dass er weiterhin überlebt hatte. Es stand manchmal sehr auf der Kippe mit ihm.
    »Sie rufen ihn Merlin.«
    »Oh. «
    »Ja, manche Menschen scheinen nicht ganz instinktlos zu sein.«
    »Sag ich doch.«
    »Der Gärtner hat ein paar Pflanzen mitgenommen, und der Junge hat ihn ein Stück des Weges begleitet.« Raguna schwieg und schien über etwas nachzusinnen. Dann meinte sie: »Sie sprachen sehr vertraut miteinander. Und die beiden bewegen sich auf dieselbe Art und Weise.«
    Jetzt, da sie es sagte, fiel auch mir das auf. Mit einem Mal erschienen einige schon fast vergessene Bilder vor meinen Augen. Der Reiter, der in der Sommernacht durch Dellenhofen geritten war und einen Begleiter hatte, einen kleineren Menschen, vermutlich einen Jungen. Ich erinnerte mich auch an das seltsame Verhalten, als Jehan mit der Dame Caroline nach dem Wunder unten am Kräutergarten mit Meiko sprach. Zwischen ihnen schienen unsichtbare Fäden gesponnen zu sein.
    War Jehan mit Meiko verwandt? Waren sie zusammen hier eingetroffen?
    »Gevatterin, weißt du, seit wann der Junge auf dem Clarenhof weilt?«
    »Seit den heißen Tagen im Sommer, aber nach der Ernte auf den Feldern.«
    Das passte. Rattenschwanz und Mäusekötel, wer war Meiko? Er war weder Gärtner noch Fischer noch ein Seemann, der seine Heuer verspielt hat.
    Meine Neugier schoss mir in den Schwanz, und er begann aufgeregt zu zucken.
    »Den hast du nicht im Griff, was, Fratz?« Raguna patschte mit der Pfote darauf. »Solltest du besser, sonst verrät er dich eines Tages.«
    »Er verrät mich ständig!«, knurrte ich, und mit meiner geballten Willenskraft unterdrückte ich seine eigensinnigen Bewegungen. Der Höflichkeit halber lauschte ich noch eine Weile Ragunas Berichten aus dem Waldleben, dann aber machte ich mich auf den Rückweg.
    Am Forellenteich vorbei.
    Ein spätes Frühstück.
    Dann zu Meikos Hütte.
    Mal sehen, was ich da so über den Geheimniskrämer herausfand.
     
    Die Tür war nur angelehnt, ich kam ungehindert hinein. Ein einzelner Raum nur war es, aber recht ordentlich hergerichtet. Eine gemauerte Herdstelle, von der die Asche gefegt war, ein vom Feuer gedunkelter Kessel, ein paar irdene Schalen und Becher, ein Krug, ein hölzerner Eimer, beinerne Löffel und ein Messer. Alles roch ein wenig nach menschlichem Essen. An der Wand hingen an Haken ein paar Kleidungsstücke, ein dickes, wolliges hatte den Geruch nach Schaf, das Leder eines anderen mochte vom Borstenvieh stammen. Ein paar Stiefel, nicht so derb wie die, die Meiko bei der Arbeit trug, standen in der Ecke.
    Ihnen haftete noch ein Hauch von Pferd an. Aha! Geritten war er also schon einmal. Das Lager war,

Weitere Kostenlose Bücher