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Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wie auch das von Melvinius, mit getrocknetem Farn gestopft, die Decken gerade und faltenlos darüber gezogen. Leichter Menschengeruch. Ein Tisch, der wackelte, als ich auf die Platte sprang, ein Hocker, der etwas stabiler war, als ich darauf landete. Eine Truhe, deren Deckel ich leider nicht heben konnte, aber die ein mir nicht unbekanntes Aroma nach Pergament verströmte. Oberflächlich gesehen, verriet mir die Hütte wenig. Aber es gab ja noch Ritzen und Spalten, wie auch bei der Moen, und ich wusste, die Menschen nutzten sie gerne, um darin etwas zu verbergen. Ich schnüffelte also die Wände ab. Da war jedoch nichts, auch wenn sich im Gebälk und in dem lehmverschmierten Flechtwerk etliche Hohlräume befanden. Ein paar Spinnen scheuchte ich auf und naschte zwei. Ziemlich trocken, diese Gesellen. Doch unter dem Bett wurde ich fündiger. Es war mit Gurten bespannt, und aus einem der Zwischenräume ragte ein Lederzipfel hervor. Ich zerrte ein wenig daran und siehe da, ein zusammengebundenes Behältnis rutschte heraus. Ich schubste es unter dem Bett hervor und bearbeitete es mit der Pfote. Darin enthalten waren zusammengerollte dünne Blätter, die mit diesen menschlichen Krakeln versehen waren, die sie Schrift nannten und die ihnen so etwas wie eine stumme Fährte legten. Sie lasen diese Tintenspuren wie unsereins die Spuren von Mäusefüßen und die Duftmarken anderer Katzen. Das hatte ich inzwischen sehr wohl verstanden. Nicht alle indes waren dieser Form des Lesens mächtig, es schien eine besondere Gabe oder Fertigkeit zusein. Ich schlüpfte noch einmal unter das Bett und fand an einer anderen Stelle einen Lederbeutel. Als ich an ihm zog, fiel er mit einem satten »Plopp« nach unten. Er war zwar verschnürt, aber mit meinen feinfühligen Pfoten konnte ich diese Metallscheiben darin erspüren. Geld, Münzen. Viele, schwere, mehr als ich zählen konnte. Mehr als ein Hungerlohn.
    Sehr aufschlussreich.
    Schritte erklangen vor der Hütte, und ich zwängte mich flugs aus der Tür.
    »Ei, Mirza. Hast du deine neugierige Nase in meine Angelegenheiten gesteckt?«, hörte ich Meiko noch fragen, wollte ihm aber keine Antwort geben. Ich bin zwar neugierig, aber es ist mir peinlich, dabei entdeckt zu werden.
    Spurt Richtung Meierei!
    Kleine Erfrischung nach den staubtrockenen Spinnen.
    Hurtig an Jako, dem Hofhund vorbei, der lautes, frustriertes Getöse anstimmte.
    Etwas langsamer an der Friedhofsmauer vor der Basilika.
    Eine herausfordernde Einladung von Diabolo abschnüffeln.
    Noch etwas langsamer an der Mauer entlang. Er plumpste hinter mir auf den Boden.
    Dieser verfluchte Verräter von einem Schwanz schoss senkrecht in die Höhe. Keine wie auch immer geartete Willenskraft konnte ihn bändigen.
    Diabolo nutzte es aus und schnupperte an meinem Hinterteil. Das durfte sonst nur die eigene Sippschaft, und ich wollte ihm schon eine verpassen, als ein Steinneben uns auf dem Boden einschlug und mir Sandkörnchen ins Gesicht spritzten.
     
    »Verschwindet, geile Höllenbrut!«, schrie es, und der Schwarze sprang über mich hinweg, sodass ich beinahe gegen die Mauer geflogen wäre. Er gab ein scharfes Fauchen von sich, und über seinen muskulösen Nacken hinweg sah ich Arnoldus, der sich nach einem zweiten spitzen Stein bückte.
    Die blanke Panik wallte in mir auf, und ich erstarrte.
    Doch zum Werfen kam der Mönch nicht, denn Melvinius tauchte im Portal der Basilika auf. Der Diakon ließ den Arm sinken.
    »Hoppla!«, sagte Diabolo und stupste mich an. Die Erstarrung löste sich, und wir sprangen über die Mauer, um hinter diesem Schutzwall das Geschehen zu verfolgen.
    Der Pater erkundigte sich mit strenger Stimme nach Arnoldus’ Vorhaben, aber der wollte ihn nach einem kurzen Gruß einfach stehen lassen und sich in Richtung Pferdeställe wenden.
    Melvinius hatte plötzlich eine herrische Stimme, die mich verblüffte.
    »Mein Bruder, nimm dir doch bitte die Zeit für eine Erklärung. Ich sehe dich in einem gar seltsamen Aufzug zu den Ställen gehen.«
    Tatsächlich hatte der Diakon wieder einmal nicht die übliche weiße Kutte der Mönche übergezogen, sondern trug ein grünes und gelbes Seidengewand mit bauschigen Hosen, die über dem Knie endeten, ein eng anliegendes Wams mit weiten Ärmeln und einemzierlich gefältelten Kragen. Wie ich auch schon bei Siverts prächtiger Kleidung bemerkt hatte, wurde seine Männlichkeit durch einen prunkvoll bestickten Latz deutlich hervorgehoben, was vermutlich für einen Mönch, der sich

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