Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
Mangel an Katzen auf dem Hof. Und seit die Hundemeute fort ist, könnten sie dort ein gutes Leben führen.«
»Nein. Ich möchte, dass Clemens’ Wunsch endlich in Erfüllung geht.«
»Es spricht nichts dagegen. Er wird seine Häuser entwerfen und bauen. Auch ohne Euch. Sagt, habt Ihr keine Wünsche, Kristin?«
Da Kristin kein Häubchen trug, konnte ich sehen, dass sie plötzlich ebenso rote Ohren hatte wie ich. Mit sanfter Gewalt zupfte sie das Pelzchen von ihrer Schulter und legte es mir an den Bauch.
»Lebt wohl, Herr von Rommerskirchen.«
»Bleibt, Kristin.« Meiko hatte ihre Hand genommen und stand auf. »Was habe ich Euch getan, dass Ihr es so eilig habt, von hier fortzukommen? Ich hatte einst das Gefühl, wir seien recht gute Freunde geworden.«
»Es war anders. Einst.«
»Trauert Ihr meinem Bruder nach?«
Wieder heftiges Kopfschütteln.
»Kristin, ich schätze Euer Talent sehr. Warum wollt Ihr nicht mein Angebot annehmen und unserem Kirchlein zu einem Kunstwerk verhelfen?«
»Clemens...«
»Clemens kann seine Zeichnungen für das Haus auch in Rommerskirchen erstellen.«
Kristin schüttelte noch einmal den Kopf. Jetzt waren nicht nur ihre Ohren, sondern auch ihre Wangen gerötet. Sie sah zu Boden.
»Ich würde für Euch auch Mirza und ihre Kinder mitnehmen, Kristin, damit Ihr hübsche Motive habt«, bot er mit einem zärtlichen Lächeln an. »Könnt Ihr da wirklich widerstehen?«
Kristin hob den Kopf und blickte Meiko ganz gerade in die Augen.
»Edler Herr, verzeiht, doch Ihr spielt mit mir und fügt mir Schmerzen zu. Lasst mich gehen.«
»Kristin, ich will Euch nicht wehtun. Wie kommt Ihr darauf? Und ich spiele auch nicht mit Euch. Ich möchte, dass Ihr bei mir bleibt.«
»Hört auf, Herr Meinhard. Hört auf! Ihr habt selbst gesagt, eine wie ich ist keine standesgemäße Partie für einen Herrn von Rommerskirchen. Ich mag wohl nicht standesgemäß sein, aber eine ehrbare Jungfer bin ich dennoch. Euer Angebot beleidigt mich!«
Sie zerrte an ihrer Hand und versuchte sich loszumachen. Meiko war jedoch kräftig genug, sie zu halten. Ja, er zog sie sogar noch näher an sich und legte ihr den Arm um die Taille.
»Ich verstehe, Kristin. Diese unbedachte Äußerung war es, die dich abschreckt. Doch ich bezog sie auf den damaligen Herrn von Rommerskirchen, und der war allemal nicht standesgemäß für dich. Ich aber würde mich sehr bemühen, Meisterin Kristin, deinem hohen Rang gerecht zu werden. Vielleicht überzeugt dich ja ein reicher Hof und ein Handelshaus in Antwerpen als Mitgift. Wenngleich natürlich mein ungeratener Sohn die Waagschale wieder senken könnte. Andererseits gibt es so viele kahle Wände im Herrenhaus, die der Hand einer Künstlerin harren.«
»Jehan ist nicht ungeraten!«
»Nein? Du könntest dich überwinden, ihm eine mütterliche Freundin sein?«
»Na ja...«
»Und mir ein liebendes Weib?«, flüsterte Meiko in die roten Öhrchen.
Sie verbarg ihr Gesicht an seiner Schulter und nickte.
Ich bemerkte, dass ich in den letzten Augenblicken vor Anspannung ganz starr geworden war, und lockerte meine verkrampften Muskeln. Menschen sind manchmal den Katzen gar nicht so unähnlich. Kristin und Meiko hatten ihre Rolle als Umworbene und Werber sehr hübsch gespielt. Jetzt schleckten sie sich gründlich ab.
Ich schleckte meine Kleinen ab.
Dem letzten Kapitel sah ich nun mit großer Befriedigung entgegen.
Das letzte Kapitel
Als das Jahr sich gewendet hatte und die Tage wieder länger wurden, zogen meine beiden schwarzen Katerchen, das rotohrige Kätzchen, Diabolo und ich nach Rommerskirchen um. Stiefelchen blieb bei Melvinius, sie hatte ihn lieb gewonnen und genoss es, in seiner warmen Kammer zu hausen. Ich hatte ihr sorgfältig Unterricht im Mausen gegeben und ihr auch die Bibliothek gezeigt, damit sie meine Aufgaben in angemessener Form übernehmen konnte. Ich selbst bezog das Herrenhaus, in dem nun auch Jehan und Frau Kristin lebten. Die Elspet in der Küche überraschte ihren Herren damit, dass sie ihm erzählte, sie habe mich schon einmal in ihrem Reich angetroffen. Überaus nachdenklich kraulte Meiko mich, als er ihr zuhörte. Auch er erinnerte sich an die dreifarbige Katze, die sich seiner Kinderfrau so eng angeschlossen hatte, und endlich erzählte er Elspeth von ihr. Sie war meine Mutter, ganz gewiss, die sehr alt geworden war. Sie hatte im Haus gelebt, nicht in den Ställen. Doch für ihren letzten Wurf hatte sie die kleine Grotte im Rosengarten aufgesucht. Das
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