Die Lautenspielerin - Roman
fabulieren.«
»Nein, nein, Hexerei ist Teufelswerk, da kann man nicht so …«, warf Agathe entrüstet ein.
»Schweig, Weib! Nur die Einfältigen reden so!«, herrschte Thomas Froehner sein Frau an, die zwar schwieg, doch ihre Miene drückte unverbesserliche Sturheit aus.
»Der Ritter Grumbach kam also vor einigen Jahren zurück und beharrte vor dem Reichstag in Augsburg auf seiner Unschuld.
Gleichzeitig befreundete er sich, durchtrieben, wie er war, mit dem gutgläubigen Herzog Johann Friedrich II. von Sachsen, genannt der Mittlere. Der trauerte der Kurwürde nach, die ihm, wie er meinte, zugestanden hätte.« Der alte Froehner machte eine wegwerfende Handbewegung. »Erbstreitigkeiten. Jedenfalls erkannte unser schlauer Grumbach, wie er sich einschmeicheln konnte, und versprach dem Herzog, ihm die Kurwürde zu beschaffen.«
»Ja, wie sollte denn das möglich sein?«, warf Endres ein.
»Gar nicht, da hast du recht. Aber dem Herzog spielte Grumbach die Mär vom Engelseher vor, einem Bauernjungen, den er sich zurechtbog und der fortan behauptete, die Engel sprächen durch ihn und hätten verkündet, dass Herzog Johann die verlorene Kurwürde wiedererlangen und noch obendrein König von Dänemark werden würde.«
»Ach du liebe Zeit!«, lachte Jeanne.
Thomas grinste. »Es kommt noch besser. Grumbach versprach dem Herzog sogar, ihm eine Springwurzel zu beschaffen!«
»Was ist das?«, fragte Jeanne.
Mit großen Augen sagte Zilla: »Oh, damit findet man Schätze! Das ist eine Zauberwurzel!«
»Dann grab recht fleißig, Zilla, vielleicht findest du ja eine und brauchst keine Wäsche mehr machen«, bemerkte Franz gehässig.
»Je nun, Grumbach bekam dank seiner Versprechungen genügend Mittel vom Herzog, um die Stadt Würzburg zu überfallen, die er plünderte. Er erpresste die Rückgabe seiner Ländereien, denn natürlich hatte man ihn in Abwesenheit enteignet. Der Bischof von Würzburg konnte fliehen, doch mit diesem Streich ging Grumbach zu weit, denn auch der Kaiser fühlte sich nun in seiner Ehre beleidigt. Vom Kaiser wurden Grumbach und seine Spießgesellen in Acht gelegt. Durch den Kaiserwechsel gewann Grumbach zwei Jahre und versuchte gar einen Aufstand der Ritter anzuzetteln, der nur am fehlenden Geld scheiterte. Man stelle sich das vor!«
»Ein wahrer Tausendsassa und für jede Zwangslage eine Lösung. Ich wünschte, ich wäre wie der Grumbach! Wer ihm auf den Leim ging, war doch selbst schuld!«, gab Franz provozierend von sich.
Es war bereits dunkel, auf dem Tisch flackerten drei Kerzen. In ihrem Heim im Languedoc hatten sie oft abends zusammengesessen und den Geschichten gelauscht, die ihr Vater oder Freunde der Familie erzählt hatten. Das war so lange her, dass es fast unwirklich schien.
»Du solltest deine Helden mit mehr Bedacht wählen, Franz«, rügte Thomas schließlich. »Das Ende des Ritters Wilhelm von Grumbach war schmählich und wird sein Geschlecht auf ewig mit Schande und Ehrlosigkeit bedecken. Es muss im Jahre des Herrn 1565 gewesen sein, als Grumbach den Kaiser zu überzeugen suchte, dass die Ritter sich gegen die Fürsten und nicht gegen den Kaiser wenden und ihm eigentlich im Kampf gegen die Türken beistehen wollten. Der Kaiser ließ sich jedoch keinen Sand in die Augen streuen und übergab den Fall dem Reichstag. Kurfürst August überzeugte das reformierte Lager des Reichstags von der Rechtmäßigkeit der Acht gegen Grumbach und die Beteiligten am Adelsaufstand.«
Zilla sagte stolz: »Unser Vater August ist ein guter Herrscher!«
Franz knurrte abfällig, doch Thomas fuhr unbeirrt fort: »Kurzum, der dumme Herzog Johann wollte Grumbach weiterhin schützen und nahm ihn entgegen der Acht bei sich auf. Kurfürst August sammelte daraufhin Truppen in Erfurt, und nach kleineren Scharmützeln musste der Herzog aufgeben, denn die Gothaer stellten sich gegen ihn. Es heißt, dass die Soldaten Grumbach aus dem Bett eines Adligen holten.«
»Eines Mannes?« Agathe bekreuzigte sich. »Ein Mörder und Sünder, der in der Hölle schmoren möge!«
»Die Hölle auf Erden hat er während seiner Hinrichtung auf dem Marktplatz von Gotha sicher erlebt«, meinte Thomas lapidar.
»Ich bin hingefahren und hab’s gesehen!«, brüstete sich Franz. »Im Frühjahr vor zwei Jahren war das. Dem Grumbach haben sie die Brust aufgeschnitten und das Herz herausgerissen. Und ins Gesicht geschlagen hat ihm der Henker und gerufen: ›Sieh, Grumbach, dein falsches Herz!‹« In seinem Eifer war Franz
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