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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Ich habe ihn so sehr gehasst, dass ich ihn umgebracht habe. Vater unser, der du bist im Himmel …«, begann er zu beten, wurde jedoch unsanft von Hippolyt am Arm gepackt und geschüttelt.
    »Sieh mich an, Gerwin!«, rief Hippolyt. »Es ist nicht deine Schuld!«
    Gerwin konnte den Blick nicht von dem unnatürlich daliegenden Körper des Vaters abwenden. »Ich habe gegen das vierte und fünfte Gebot verstoßen! Dafür gibt es weder eine Entschuldigung noch Vergebung.«
    »Wessen Vergebung brauchst du, Gerwin? Nur deine. Hör mir zu! Nur vor deinem Gewissen musst du dich verantworten. Du bist ein guter Mensch. Der dort liegt, hat in seinem Leben nur Leid über die gebracht, die ihm anvertraut waren. Er wollte dich erpressen!
Es ging ihm nicht um deine Sicherheit. Für ein paar Goldstücke hätte er uns, ohne zu zögern, dem Henker überantwortet.«
    Endlich drangen Hippolyts Worte zu Gerwin durch, und er hob langsam sein zutiefst trauriges Gesicht. »Das hätte er wohl«, flüsterte er. »Uda hat er ans Badehaus von Mulda verkauft. Sein eigen Fleisch und Blut, meine Schwester, muss ihren Körper für wenige Groschen verkaufen.«
    Das Pferd schnaubte und tänzelte unruhig. »Gerwin, wir müssen weiter. Du hast gehört, was dein Vater gesagt hat. Sie suchen bereits nach uns.«
    »Wir können ihn nicht hier liegen lassen.« Gerwin bückte sich und schloss seinem Vater die Augen. Blut war aus einer winzigen Kopfwunde ausgetreten, Pindus war so unglücklich gestürzt, dass er sich das Genick an dem Baumstumpf gebrochen hatte.
    »Wenn wir ihn nach Freiberg schaffen, können wir uns gleich dem Henker ausliefern. Ein Stück weiter vorn kommen wir an eine Kreuzung, dorthin bringen wir ihn. Da wird er bald gefunden werden.«
    Aus der Ferne war lautes Schreien und Gelächter zu vernehmen, eine Gruppe von Bergleuten oder Händlern auf dem Weg in die Stadt.
    »Durchsuch seine Taschen, Gerwin. Er hat doch gesagt, dass er auf einem Botengang war. Sicher ist er dafür entlohnt worden«, meinte Hippolyt.
    »Ich will sein dreckiges Geld nicht.«
    »Dann nehmen es sich die, welche ihn finden.«
    Widerstrebend untersuchte Gerwin den Inhalt von Friedgers Beutel und brachte zwei Silberlinge zum Vorschein. »Die sind für meine Mutter.«
    »Und jetzt auf das Pferd mit ihm.« Unter großer Anstrengung hoben die beiden Männer den Leichnam auf den Pferderücken. Gerwin nahm die Zügel, und Hippolyt ging auf seinen Gehstock gestützt nebenher.

    Die Wolken hatten sich verdunkelt, es war kälter geworden und schneite kleine Flocken, die nach kurzer Zeit eine weiße Decke über den bäuchlings auf dem Pferd hängenden Leichnam breiteten.
    »Der Winter ist lang dieses Jahr«, bemerkte Hippolyt, während sie dem Waldweg folgten.
    An der Gabelung brachten sie das Pferd zum Stehen, hievten den schweren Körper herunter und drapierten ihn dergestalt am Hang, dass es aussah, als wäre Friedger betrunken gestürzt, was zumindest nicht unwahrscheinlich war.
    Gerwin bekreuzigte sich: »Herr, in deine Hände befehle ich die Seele dieses Mannes, dessen Tod ich verschuldet habe und mit welcher Sünde ich von nun an leben muss. Amen.«
    Die Geräusche sich nähernder Menschen wurden lauter, und Hippolyt sah sich immer wieder nervös um. »Gerwin, hilf mir aufs Pferd, wir müssen uns eilen.«
    Nachdem er dem Wundarzt Hilfestellung beim Aufsitzen gegeben hatte, schwang Gerwin sich hinter ihm auf. »Du hättest zumindest ein Gebet für ihn sprechen können, schließlich warst du einmal Mönch.«
    »Wir gehen alle denselben Weg, unsere Knochen vermodern und sind irgendwann eins mit der Erde. Einzig die Art unseres Sterbens unterscheidet sich. Dieser Moment, wenn wir unsere irdische Hülle aufgeben. Ein Mysterium … Nascentes morimur finisque ab origine pendet . 10 «
    »Denkst du, es war vorherbestimmt, dass mein Vater durch meine Hand zu Tode kommt?« Hippolyts Worte hatten Gerwin nachdenklich gestimmt.
    »Ich bin davon überzeugt, dass jeder sein Schicksal lenkt, und durch seine Taten hat Friedger sich in ebenjene Situation ge-bracht,
die für ihn tödlich enden musste. Ja, wenn du so willst, war es seine Bestimmung.« Hippolyts Rücken spannte sich, und Gerwin zog die Zügel an, so dass das Pferd auf dem teilweise von Schnee bedeckten Weg zum Stehen kam.
    »Hörst du? Reiter sind hinter uns!«, sagte Hippolyt.
    »Himmel, hilf! Jetzt haben sie uns!«
    »Nicht verzagen, Gerwin. Bitte lieber dieses Ross um Hilfe, dass es uns sicher durch den Wald trägt. In

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