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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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flüsterte Thomas heiser. »Es hieß, sie sei verrückt und habe unter dem Einfluss teuflischer Mächte Hand an ihr Leben gelegt …«
    »Nein. Sie war ganz und gar nicht verrückt. Brigitte war eine ehrbare und über die Maßen schöne Frau, doch sie hat den unverzeihlichen Fehler begangen, Ulmann zurückzuweisen.« Mit Tränen in den Augen umfasste Endres die Hände des Ziehvaters. »Er konnte nicht ertragen, dass sie mich wollte und nicht ihn.«
    Jeanne wusste nicht, was schrecklicher war, der Schmerz in der Stimme ihres Vaters oder die aufkeimende Erkenntnis in Thomas’ Augen.
    Endres’ Stimme sank zu einem Flüstern. »Als Ulmann erfuhr, dass wir uns in Mulda trauen lassen wollten, hat er sie unter einem Vorwand in den Wald gelockt und ihr Gewalt angetan. Sie hat es mir erzählt. Es hätte mich nicht davon abgehalten, sie zu heiraten, doch sie konnte mit der Schande nicht leben.«

    Thomas schluchzte, begann zu husten und hielt sich ein Taschentuch vor den Mund, das er blutbefleckt aus der Hand legte. »Du hättest es …«
    »Dir sagen sollen? Nein. Es hätte deine Familie zerstört, und ich verdanke dir so viel«, sagte Endres und küsste den alten Mann auf Wangen und Stirn.
    Endres erhob sich und verstaute Geldbeutel und Brief in seinem Gürtel. Jeanne stand ebenfalls auf. Liebevoll streichelte sie die zitternden Hände des alten Instrumentenmachers und drückte ihre Lippen auf seine Stirn. »Leb wohl, grand-père .«
    Mit einer letzten Umarmung verabschiedete sich schweren Herzens auch Endres.
    »Gott schütze dich, mein Sohn«, brachte Thomas Froehner kaum hörbar über die Lippen.
    Im Flur ergriffen Endres und Jeanne ihr Reisegepäck und verließen leise das Haus.

Zweiter Teil

    Dresden Aprilis 1569

10
    Gerwin konnte sich nicht sattsehen an den prächtigen Roben der Höflinge, die mit gewichtigen Mienen über den Innenhof des Schlosses schritten, den mit goldenen Wappen verzierten Karossen und den herrlichen Reitpferden, den edlen Jagdhunden, den Jägern und Falknern mit majestätischen Greifvögeln auf ledergeschützten Armen und den Scharen zwitschernder Hofdamen in raschelnden Kleidern und mit kunstvoll aufgesteckten Frisuren. Damen wie Herren waren von duftenden Wolken umgeben.
    »Mach den Mund zu und hör auf zu schnuppern wie ein Hund!« Seraphin schubste ihn vorwärts. »Haltung! Wir sind hier bei Hof und nicht unter deinen Hinterwäldlern.«
    »Schon gut«, zischte Gerwin, streckte sich und setzte die Füße in der gezierten Art, die Seraphin ihm in vielen ermüdenden Übungsstunden beigebracht hatte.
    Wachsam musterte er die Leute, immer auf der Hut vor einer Begegnung mit dem Ritter Christoph von Alnbeck. In den vergangenen Wochen hatte Gerwin sich das Haar wachsen und einen Bart stehen lassen. Auf Hippolyts Anweisung war eine höfische Garderobe für ihn zusammengestellt worden, an die er sich nur schwer gewöhnt hatte. Vor allem der enge spanische Kragen war unbequem und kratzte. Dunkelgrüne Kniebeinkleider mit Kniebändern, Hemd und Wams und ein kurzer Mantel gehörten dazu. Den Degen trug er mit Stolz, vor allem, nachdem Seraphin ihm eine hinreichende Handfertigkeit im Umgang mit der Waffe bestätigt hatte. Ein flaches Barett vervollständigte seine Aufmachung als Höfling und verschaffte ihm eine neue Identität.
Anfangs war er nicht begeistert von Hippolyts und Rechbergs Idee gewesen, ihn mit Seraphin nach Dresden zu schicken. Doch die beiden hatten darauf bestanden und es seine Feuertaufe genannt. Jerg hatte vorgeschlagen, dass er sich bei Hofe als sein Cousin Welf ausgäbe, der zurückgezogen auf einem der nördlichen Güter lebte.
    »Nun, Welf, was haltet Ihr vom Schloss?«, fragte Seraphin, dessen Garderobe von Samt und goldenen Stickereien geprägt war.
    »Beeindruckend«, sagte Gerwin, dem es an Worten fehlte.
    »Sehr aussagekräftig«, meinte Seraphin sarkastisch. »Wie wäre es, wenn du beispielsweise die ausgefallene Fassade erwähntest.«
    Innen- wie Außenfassaden des kurfürstlichen Schlosses waren mit auffälligen schwarzweißen Figuren und Ornamenten geschmückt. Vergleichbares hatte Gerwin noch nie gesehen. »Der Bilderschmuck ist sehr schön.«
    »Du strapazierst meine Geduld«, zischte Seraphin und neigte galant den Kopf in Richtung einiger Damen.
    Es war ein warmer Apriltag, und die Hofdamen zeigten ungeniert ihre mit glitzerndem Geschmeide geschmückten Dekolletés. Gerwin zerrte an seinem Kragen und murrte: »Ich bin eben nur ein Trottel aus der Provinz.«
    »Schon

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