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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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gut. Unser Kurfürst ist sehr stolz auf sein Schloss. Er ist ein kunstsinniger Mensch. Er liebt die Musik und seine Sammlung, für die er die Wunderkammer erbauen ließ. Du könntest also mit einer Bemerkung über die besondere Sgraffitotechnik punkten, mit der Gabriele und Benedetto Thola die Fassaden dekoriert haben.« Er zerrte Gerwin am Ärmel an eine Mauer heran, so dass die exquisite Bearbeitung des Putzes zu erkennen war.
    »Oh, das ist ja unglaublich!«, rief Gerwin in ehrlicher Bewunderung aus. »Ich dachte, die Figuren wären aufgemalt, aber die sind eingekratzt!«
    »Zuerst wird dunkelfarbiger Sand aufgetragen, darüber ein weißer Kalkanstrich gegeben, und dann werden die Formen ausgeschnitten.
Raffiniert, nicht wahr? Der italienische Einfluss überwiegt und ist dem seligen Kurfürsten Moritz zu verdanken. Die Motive sind der römischen Antike entnommen - Götter, Helden und Allegorien. Dort unten im Erdgeschoss des Hausmannsturms ist die Rüstkammer. Wenn die großen Paraden, Turniere und Festaufzüge hier im Hof stattfinden, legen die Gäste dort unten ihre Rüstungen an und gelangen dann direkt in den Hof. Die kurfürstliche Harnischkammer ist unter dem Dach neben der Kunstkammer. Schau, dort ist die Turmloggia.«
    Seraphins ausgestreckte Hand wies auf ein reich verziertes Ecktreppentürmchen. »Die Säulen sind nach Vitruv angeordnet, unten die schweren Dorica und oben die reich verzierten Korinthica. Architektur dieser Art findest du nicht oft im Norden.« Seraphin seufzte. »In Italien schon. Oh, das ist ein Land!«
    »Ich möchte auch einmal reisen, Seraphin«, sagte Gerwin und bestaunte die architektonischen Formen, die ihm von unvergleichlicher Schönheit schienen.
    Aus dem Schlossinnern erklang Gesang, und es roch nach Gebratenem. Seraphin tippte ihm auf die Schulter. »Nun kommt, Welf von Rechberg, nicht mehr lang, und die Tafel wird eröffnet. Ach, und denk daran, dass du aus dem Norden kommst. Dort wird nicht gesächselt.«
    Sie wandten sich um, und Gerwin versuchte, alles zu beachten. Hippolyt, der ein dialektfreies Deutsch sprach, hatte Gerwin in den vergangenen Jahren immer wieder dazu angehalten, Schriftdeutsch zu sprechen und zu schreiben.
    Ein großer grauer Jagdhund drängte sich vor ihnen durch die Menge und lief auf einen hochgewachsenen Mann mit finsterer Miene zu. Ihre Blicke kreuzten sich, und Gerwin fuhr zusammen, denn der Mann war niemand anderer als der Ritter von Alnbeck.
    »Nicht starren, nicken!«, fauchte Seraphin und gab Gerwin einen Klaps auf den Hinterkopf.
    »Aber, aber …«, stotterte Gerwin.

    Christoph von Alnbeck steuerte direkt auf ihn zu. In seinem Gefolge befanden sich seine Frau und Adelia, wie Gerwin mit wachsendem Unwohlsein feststellte. Elisabeth von Alnbeck schien nur noch ein Schatten ihrer selbst. Gerwin wunderte sich, dass sie die Reise nach Dresden unternommen hatte.
    Der Ritter machte eine höfliche Verbeugung und stellte sich und seine Gattin vor. Als Gerwin die Fingerspitzen von Elisabeth berührte, durchfuhr ihn ein eisiger Schmerz, seine Knie drohten ihm den Dienst zu versagen. »Euer Gnaden. Es ist mir eine Ehre«, murmelte Gerwin und zwang sich, den Ritter anzusehen.
    Seraphin entging Gerwins Betroffenheit nicht, und er übernahm das Wort. »Darf ich Euch meinen Freund, den werten Junker Welf von Rechberg, vorstellen? Er logiert zurzeit bei uns auf Gut Berbisdorf.«
    Mit gerunzelten Brauen musterte Alnbeck Gerwin. »Ich hätte schwören können, wir wären uns schon einmal begegnet, Junker Welf.«
    »Das hätte ich gewiss nicht vergessen und Euch und Eure Gemahlin sofort begrüßt.« Endlich hatte Gerwin die Sprache wiedergefunden, und er machte eine formvollendete Verbeugung. »Ich bin noch nicht lange im Lande und lebe mich langsam ein.«
    »Ah, nun, eine Verwechslung, wir sehen uns sicherlich noch.« Alnbeck rang sich ein Lächeln ab und führte seine Gattin zu einer Gruppe Höflinge, die ihm gewinkt hatten. Adelia streifte die beiden Männer kaum mit ihrem Blick.
    Nachdem der Ritter außer Hörweite war, fragte Seraphin: »Was war los?«
    »Es lief doch gut. Er hat mich nicht erkannt!«, sagte Gerwin, noch immer unter dem Eindruck der erschütternden Begegnung.
    »Das meine ich nicht. Du warst auf einmal bleich wie ein Toter!« Seraphins dunkle Augen musterten Gerwin mit einer Mischung aus Ärger und Neugier.
    Gerwin atmete schwer und zog an seinem Kragen. »Das kannst
du nicht verstehen …« Er schüttelte den Kopf. Warum Elisabeth von

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