Die Lava
jovialen Art – stets für einen Angeber gehalten. Er war gut in seinem Job, dem Kartieren und Prospektieren, dem systematischen Suchen, aber bei Bergungen war er zu raffgierig und unaufmerksam, um von Nutzen zu sein. Immer einen Tick zu verschwenderisch, wenn ein Hort geborgen wurde, eigentlich eine ständige Gefahr für den Rest des Teams. Aber mit einer gewissen Spürnase. Dennoch: Archenbald war immer dabei, sich in den Vordergrund zu spielen, selbst wenn er nichts Wichtiges zu sagen hatte. Ein Schwätzer. Aber nun war er tot – ermordet. Daran konnte es keinen Zweifel geben. Keiner stößt sich selbst mehrmals ein Messer in die Brust.
Schmidtdresdner zog die unangenehme, aber unvermeidlicheSchlussfolgerung: Ein zweites Team kannte die Geschichte von dem Gold und war ihm auf der Spur. Und diese Burschen kämpften mit harten Bandagen. Künftig würden seine Taucher Messer mit sich führen müssen.
Bewaffnet arbeiteten nur Profis, vielleicht gar irgendwelche mafiösen Banden. Im illegalen Kunsthandel durchaus nicht unüblich. Vielleicht war die ganze Sache doch eine Nummer zu groß für ihn.
Ach nein! Er wischte seine Bedenken beiseite. Er hatte die Erfahrung, das Know-how, und er würde das Gold finden.
Sein Team ging nicht planlos vor wie die Hobby-Schatzsucher, die bei völlig überzogenen Erwartungen mit der Molchmethode – Arme wahllos in den Bodenschlamm stecken und hoffen, dass man dort zufällig auf Gold- oder Silbersachen stößt – reich werden wollten.
Bereits in der Vorbereitungsphase hatte er markante Bäume im Ufersaum angepeilt und den gesamten See in Quadrate aufgeteilt, die er wie ein Schachbrett durchnummerierte. Jedes Quadrat maß 25 mal 25 Meter; auf die Markierung der Eckpunkte auf der Seeoberfläche durch Schwimmbojen musste er aus verständlichen Gründen verzichten. Schließlich herrschte im ganzen See ein uneingeschränktes Tauchverbot – und wie hätte er ohne offizielle Genehmigung das Heer an Bojen erklären sollen?
Wenn er überlegte, welche Reichtümer auf ihn warteten, zog er eine positive Bilanz aus seiner Kosten-Nutzen-Rechnung. Es lohnte sich in diesem Fall schon ein gewisser Material- und Kostenaufwand. Ihm standen vier – nun nur noch drei – erfahrene Schatztaucher zur Verfügung.
Den Vorschuss hatte er von dem anonymen Auftraggeber erhalten. Das war ein Brite, vermutete er aufgrund des Akzents, der in alten Unterlagen fündig geworden war. Das Geld erlaubte ihm eine Ausrüstung erster Güte zu kaufen, auf die viele andere Schatztaucher neidisch gewesen wären.Alles lag bereit, sowohl für die Großflächensuche als auch für die spätere Detailarbeit. Es konnte sich sehen lassen: starke Lampen, farbige Holzpflöcke, um Fundstellen auf dem Seeboden zu markieren, tragbare Echolotgeräte und Magnetometer, zwei handliche Metalldetektoren, Schreibtafeln und wasserfeste Stifte, eine Unterwasserkamera, Seile, mit denen Taucher verbunden im Tandem suchen konnten, sogenannte Buddy-Leinen, ein Mini-Sonargerät, schließlich für jeden der Teamkameraden einen Kompass, um sich unter Wasser zu orientieren. Man glaubt gar nicht, wie viele Taucher unfreiwillig im Kreis umherirren, weil die Sicht so trüb ist.
Er testete die Detektoren, VCF, very low frequencies, um Metall aufzuspüren, einen anderen, einen PI-Detektor – nach Pulsinduktion –, für die kleineren Stücke.
Trotz aller Ausrüstung blieb aber der menschliche Faktor mit Risiken behaftet.
Was zum Beispiel war mit der Frau, die Archy aus dem Wasser gezogen hatte?
MacGinnis drückte die Klinke herunter und betrat den Raum. Er ärgerte sich darüber, dass er wegen einer solchen Bagatelle eigens nach Koblenz fahren musste, aber so funktionierte nun einmal die Bürokratie. Er hätte es vorgezogen, ein Fax mit knappen Fragen zu schicken und wenig später, in ebensolchen knappen Worten, die Antworten zu erhalten.
»Der tote Taucher heißt Klaus Archenbald«, begrüßte ihn der Hauptkommissar Karl-Heinz Diel, nachdem sie sich kurz bekannt gemacht hatten. »Wir haben etwas in seiner Vergangenheit gestöbert und sind auf einige interessante Tatsachen gestoßen.« Er wies mit der Hand auf einen Stuhl, der in einer Besprechungsecke stand, vor einem runden Tisch, auf dem bereits die Mappe mit den Informationen lag.
Reginald MacGinnis zog sein Jackett aus und hängte es an den Kleiderständer. Dann ließ er seinen voluminösen Körper auf den Stuhl fallen und sagte ächzend: »Was war es für ein Mann?«
»Ein Franke –
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