Die Lava
aber?«, antwortete er deshalb besonders scharf.
»Ist schon gut …«, beschwichtigte Bernick.
»Überlegt euch auf jeden Fall ein gutes Alibi für die Tauchzeit«, schäumte Schmidtdresdner weiter. »Am besten nicht untereinander!«
Sie nickten pflichtschuldig. Gerd Schmidtdresdners Handy klingelte. Er sah kurz auf das Display. »Geht mal raus«, murmelte er.
Die Männer murrten und schlugen demonstrativ geräuschvoll die Tür zu, als sie den Raum verließen. Sie waren keineUnmenschen, insgeheim hofften sie, ihr Schuss wäre nicht tödlich gewesen und der Konkurrent habe sich retten können. Aber die Rituale von Coolness und Männlichkeit verlangten, dass sie unbeteiligt taten, den Gegner geringschätzten und mit allen Mitteln loswerden mussten.
»Er spielt sich wieder auf !«, meinte Bernick. »Er hat gut reden, er sitzt den ganzen lieben Tag bequem in seinem Bürosessel und wagt nie etwas. Von uns ist immerhin schon einer draufgegangen.«
Die anderen Taucher stimmten zu, als sie auf dem Flur standen.
»Es wird Zeit, dass wir das in unsere eigenen Hände nehmen«, meinte einer und klatschte mit der geballten Faust in die flache Hand.
»Ich wette, dass nichts davon in der Zeitung stehen wird. Nicht über den Unfall. Der war dort genauso illegal wie wir selbst.«
»Wir können Schmidtdresdner bei der Polizei verpfeifen, wenn wir das Gold in der Tasche haben.« Skrupel kannte zumindest dieser Taucher keine mehr: Wer einmal so weit gegangen war wie er, akzeptierte keine Grenzen mehr. Er hatte jemanden getötet, es war ihm gleichgültig. Ein Konkurrent weniger, das Business war hart. Nur das Gold zählte.
Sie grinsten.
»Bis auf die Tatsache, dass er unsere Namen hat«, meinte Bernick.
»Ich höre euch selbst noch hier«, rief Schmidtdresdner aus dem Zimmer. »Und jetzt geht endlich an die Arbeit und findet das verdammte Flugzeug!«
Olav Bernick holte den Fahrstuhl. Sie stiegen schweigend ein und fuhren gemeinsam nach unten.
»Er bezahlt uns zwar«, meinte dann einer der Taucher, »aber das gibt ihm noch lange nicht das Recht, uns zu behandeln, als wären wir seine Sklaven.«
»Er ist ein Großmaul. Der hat doch nur eine große Klappe«, antwortete Bernick bedächtig. »Du wirst schon sehen, wer sich letzten Endes das Gold holt.«
Die anderen nickten, um sich selbst zu versichern, dass sie das Heft in der Hand hielten. Sie verließen den Lift und spazierten in die Stadt.
In seinem Hotelzimmer öffnete Bernick die Schrankschublade und holte vorsichtig sein Tauchermesser heraus. Es war ein Solinger SEK-Messer, aus einem einzigen Stück harten Stahl geschnitten, noch schärfer als ein Schweizer Armeemesser.
Er hielt es hoch vor die Nachttischlampe und drehte es langsam, bis es in dem Licht der Glühbirne hell auffunkelte.
3
Franziska betrat die Polizeidienststelle, ignorierte die im Korridor wartende Schlange und rief dem Beamten hinter der Theke gleich laut zu: »Ich möchte eine Vermisstenanzeige aufgeben!«
»Ja, gern. Aber bitte einer nach dem anderen«, meinte der Polizist gelassen, »da sind noch welche vor Ihnen an der Reihe!«
Also wartete Franziska fast eine Viertelstunde, bis ein Polizist sie in sein Büro führte. Links von ihr stand eine Regalwand mit Aktenordnern, vor ihr, hinter einem Holzschreibtisch, nahm der Polizist Platz, ein älterer Mann, der vermutlich die Tage bis zur Pensionierung zählte, er setzte sich vor der Tastatur des Computers; hinter ihm gab ein Fenster mit ein paar Blumentöpfen den Blick auf ein Stück blauen Himmel frei.
Franziska begann gleich von Joe, ihrer Verabredung, sich zu melden, und seinem Verschwinden loszureden.
Abwehrend hielt der Beamte die Hände hoch. »Bitte eins nach dem anderen, junge Frau!« Er rückte die Tastatur zurecht und suchte offenbar auf seinem Bildschirm das passende Formular.
»Ich sehe ja«, sagte er dann sehr ruhig, »dass Sie sich große Sorgen machen. Aber wenn Sie jetzt eine Vermisstenanzeige aufgeben wollen, müssen wir erst die wichtigen Dinge erfassen.«
Franziska nickte stumm.
»Also, wer wird vermisst?«
»Der Name ist Joe Hutter. Mit U, es ist ein englischer Name … also ein schottischer, aber …«
» H – U – T – T – E – R «, buchstabierte der Polizist laut mit, während er den Namen eingab.
»Haben Sie die Adresse von Herrn Hutter?«
Franziska sah ihn ausdruckslos an.
»Wo wohnt der Mann?«, ergänzte der Polizist seine Frage, als habe ihn Franziska nicht verstanden.
»Ich … ich weiß es nicht«,
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