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Die Lava

Die Lava

Titel: Die Lava Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Magin
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der Todesopfer nach einem einfachen Sommergewitter hochrechnete – das Wrack befand sich dieses Mal bereits aufgebockt auf der Uferwiese. Sollte das der Fall sein – stellte der Nordengländer fest –, würde es rund zwei Stunden dauern, bis Frankfurt entvölkert wäre.
    »Total toll: 12 million people dead«, blinkte die Anzeige neben der Grafik.
    Neal hatte das Hauptquartier verlassen, schimpfte vor sich hin und hielt auf das Boot mit Außenbordmotor zu. Er zürnte MacGinnis noch immer, weil der so mit ihm gesprochen hatte, als verdiente er keine Informationen.
    Wütend stellte er das Side-Scan-Sonar auf hundert Kilohertz zurück und hakte die Stahltrosse des Sonarschlittens ein. Dann startete er den Motor, glitt hinaus auf den See und fuhr auf ihm hin und her, immer wieder, in parallel zueinander liegenden Fahrbahnen und dann im rechten Winkel dazu erneut.
    Das Boot schlingerte. Aus der Tiefe des Wassers drang eindiffuses Rumpeln. Es schwoll an und verlor sich. Harte kleine Wellen schlugen gegen die Bordwand. Manche Stellen der Seeoberfläche schäumten kurz auf, dort stiegen Gasblasen empor und platzten. Es roch wie ein Kühlschrank, der tagelang ohne Strom war.
    Andrew Neal würgte. Wieder ein kurzes, heftiges Erdbeben.
    Ein paar tote Fische, seltsam verkrümmt, trieben aus der Seetiefe hoch und schaukelten auf den kleinen Wellen. Neal fuhr heran, stülpte sich vorsichtshalber eine Atemmaske über und entnahm seine üblichen Wasserproben.
    Die beiden Männer zogen ihre Ausweise so schnell hervor und ließen sie so rasch wieder in ihre Taschen gleiten, dass Franziska nicht viel mehr erkennen konnte, als dass sie höchst offiziell aussahen. Sie traten so selbstsicher in die Wohnung, als gehöre sie ihnen und nahmen, ohne zu fragen, am Tisch im Esszimmer Platz. Anders als die deutsche Polizei schienen sich die Briten sehr wohl für den Verbleib von Joe Hutter zu interessieren.
    »Sie kennen Jojakim Hutter?«, fragte einer von beiden. Er war ein smarter Typ. Glattrasiert, in Maßanzug und Hemd, trug eine dunkle, gedeckte Krawatte.
    »Ja, natürlich!«, antwortete Franziska verblüfft.
    »Wissen Sie, wo er sich gerade aufhält?«
    »Nein«, sagte Franziska zögerlich.
    Der Krawattenträger tippte Notizen in seinen Palm. Sein Begleiter, der aussah wie ein Kobold, saß stumm neben ihm.
    »Joe ist verschwunden«, fügte Franziska hinzu.
    Die Männer reagierten nicht.
    »Ich dachte, Sie suchen ihn, weil …«
    Erneut keine Reaktion.
    »Wieso sind Sie dann hier?«, stieß Franziska heraus.
    Der Krawattenmann überlegte kurz, sagte dann: »Hat er Ihnen gesagt, was er vorhatte?« Die Fragen stellte stets der clevere Kerl. Der andere saß neben ihm und starrte vor sich hin.
    »Das habe ich doch schon alles der Polizei erklärt!«, sagte Franziska leicht genervt.
    Die beiden Briten blickten sich verblüfft an. Offenbar begriffen sie gerade, dass die deutsche Polizei über das Verschwinden Hutters informiert war.
    »Sie kennen den Grund, warum Hutter hier in Deutschland ist?«, wollte der Glattrasierte nun wissen.
    »Nun, er ist Geologe bei einer Versicherung, er interessiert sich für den Laacher See.« Franziska nahm an, dass sie damit nicht allzu viel Neues sagte.
    Der glattrasierte Krawattenträger zog die Augenbrauen hoch. »Oder?«, ergänzte sie dann in einem seltsam fragenden Tonfall, der sie selbst wohl am meisten überraschte. Sie klang so defensiv, dabei hatte sie gar nichts verbrochen, sondern wollte nur helfen. Doch die unheimliche Situation, die unerklärliche Neugier der beiden Männer, all das lief doch auf eine Frage hinaus: Wer war Joe wirklich?
    Sie fühlte sich unwohl bei diesen Männern. Der Kobold, der keine Fragen stellte, durchbohrte Franziska fast mit seinen Blicken. Er hatte strähnige rote Haare und eine blasse, teigige Haut mit Sommersprossen, schiefe Zähne – ein Brite wie aus einer Karikatur entsprungen. Offenkundig hielt er sie für … Ja, für was? Er starrte sie so herablassend an, weil er sie für eine Schlampe hielt.
    Plötzlich sagte der Krawattenmann: »Nehmen Sie sich vor Joe Hutter in Acht! Halten Sie sich von ihm fern!«
    »Mama, wer sind diese Leute?« Clara hatte sich unbemerkt ins Wohnzimmer geschlichen und deutete nun ungeniert auf die beiden Briten.
    »Schicken Sie das Kind fort!«
    Der Kobold packte Clara bei den Schultern und drückte sie vom Tisch weg.
    »Lassen Sie sofort meine Tochter los!«, zischte Franziska. Aufgebracht stand sie auf.
    »Jetzt beruhigen Sie sich

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