Die Lavendelschlacht
heiraten wollte! Mit so einem Megaweib konnte ich natürlich nicht konkurrieren. Ob die beiden etwas miteinander hatten? Plötzlich verspürte ich das dringende Bedürfnis, mein Mittagessen, eine große Salamipizza und eine Cola light, auf die Theke zu katapultieren.
Frauke, die anscheinend Gedanken lesen konnte, riss ihr Bierglas hektisch an sich. »Ach komm, Mona. Cousine – pah, das ist doch wohl nicht dein Ernst. Prinzipiell glaube ich zwar auch an das Gute im Menschen, aber bei Männern muss man da gelegentlich eine Ausnahme machen.«
In diesem speziellen Fall war ich sogar geneigt, Frauke Recht zu geben. Wenn die »Sache«, wie Mona es genannt hatte, wirklich so harmlos wäre, dann hätte mir Thomas bestimmt von dieser Superfrau erzählt.
In meiner angeschlagenen Verfassung – der Magen rumorte, zudem litt ich unter dem Hässlichen-Entlein-Syndrom, fortgeschrittenes Stadium – fühlte ich mich einem Treffen mit einer potenziellen Nebenbuhlerin, noch dazu einer solchen Kreuzung aus Vamp und Karrierefrau, nicht gewachsen.
Während ich mir den Kopf darüber zerbrach, wie ich mich unauffällig durch den Hinterausgang aus der Kneipe schleichen oder ganz einfach in Luft auflösen könnte, sah ich aus dem Augenwinkel, dass Thomas gerade bezahlte. Das Casablanca war wohl nur ein kurzer Zwischenstopp gewesen. Ich warf einen raschen Blick auf die Uhr. Viertel nach acht. Bei unserem Eintreffen um sieben Uhr hatten die beiden noch nicht da gesessen, das wäre Mona oder mir todsicher aufgefallen. Warum hatten Thomas und seine Begleiterin es so eilig? Waren sie noch mit jemandem verabredet? Wollten sie noch wohin? Oder konnten sie es am Ende etwa gar nicht erwarten ... Autsch, die Vorstellung war zu schmerzhaft, um weiter darüber nachzudenken.
Unglücklicherweise hatte Linus in diesem Augenblick die vertraute Witterung seines Herrchens aufgenommen. Der kleine Bursche war vor Freude schier aus dem Häuschen. Eine Empfindung, die ich nur schwer teilen konnte. Linus jaulte, tänzelte aufgeregt hin und her und zerrte mit der Kraft eines Bulldozers an seiner Leine.
»Pst, Linus, wenn du jetzt schön still bist, gibt’s zu Hause ein feines Leckerchen.« Ich tätschelte ihm den Kopf, aber der gute Linus war unbestechlich. Er jaulte, als wollte ich ihn abmurksen. Die Leute um uns herum guckten schon alle ganz vorwurfsvoll. Es war nur eine Frage der Zeit, bis mir jemand den Tierschutzverein auf den Hals hetzen oder Thomas auf uns aufmerksam werden würde.
»Herrchen ist heute pfui«, zischte Mona. Das schien Linus verstanden zu haben, denn plötzlich gab er Ruhe. Puh, ich atmete auf. Wenigstens die Gefahr, von einer wild gewordenen Horde Tierschützer massakriert zu werden, war schon mal gebannt.
Während Thomas und die Inkarnation einer Superfrau auf den Ausgang zusteuerten, blieb ich weiter in Deckung. Genauso idiotisch wie überflüssig. Denn zum einen war der Thekenpfeiler so schmal, dass er noch nicht einmal ein magersüchtiges Model verdeckt hätte; zum anderen waren die beiden so intensiv miteinander beschäftigt, dass neben ihnen eine Bombe hätte hochgehen können, ohne dass sie es überhaupt bemerkt hätten. Gentlemanlike hielt Thomas seiner Begleiterin die Tür auf, sie dankte es ihm, indem sie sich lächelnd bei ihm unterhakte. Die Selbstverständlichkeit dieser besitzergreifenden Geste versetzte mir einen schmerzhaften Stich. Weshalb so schüchtern? Warum knutschte sie ihn nicht gleich in aller Öffentlichkeit ab?
Vier
Diese Ungewissheit machte mich rasend. Wer war diese Frau aus dem Casablanca ? Hatte Thomas ein Verhältnis mit ihr? Ich dachte an unseren großen Streit. War es das, was Thomas unter der blumigen Umschreibung »Freiheit genießen« verstand? Oder warum sollte er sich sonst nach so vielen schönen gemeinsamen Jahren dagegen sträuben, endlich Nägel mit Köpfen zu machen?
Wie ein eingesperrtes Tier lief ich in der Wohnung umher, rückte hier ein Bild gerade und schob dort einen Blumentopf von rechts nach links.
Obwohl ich normalerweise am Wochenende eine passionierte Langschläferin war, hatten mich die quälenden Gedanken bereits in aller Herrgottsfrühe aus den Federn getrieben. Gegen acht hielt ich es nicht mehr aus und wählte Monas Telefonnummer. Es dauerte eine Weile, bis jemand an den Apparat ging.
»Hmmm«, brummte eine schlaftrunkene Stimme ins Telefon.
»Mona, bist du’s?«, vergewisserte ich mich vorsichtshalber.
»Weiß nich, kann schon sein. Frag mich das in drei Stunden
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