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Die Lavendelschlacht

Die Lavendelschlacht

Titel: Die Lavendelschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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Weltuntergangsstimmung. Im Nu fühlten sich meine Jeans und meine Daunenjacke klamm an. Igitt, war das ungemütlich! Fröstelnd zog ich mir den Wollschal enger um den Hals. Sollte ich die Schlinge gleich zuziehen oder lieber später? Alternativ könnte ich mich auch in einer der brackigen Pfützen ertränken, in denen Linus sich so gerne wälzte ...
    Wie üblich schlugen wir den schmalen Weg in die Felder ein. Wir legten ein ordentliches Tempo vor und setzten schon bald zu unserem ersten Überholmanöver an. Eine alte Frau mit einem kleinen, molligen Dackel im Schlepptau hatte offensichtlich Anlaufschwierigkeiten. »So, Herkules, jetzt gehen wir schön Gassi!«, hörte ich sie sagen. Aber die Schlummerrolle mit dem klangvollen Namen Herkules verspürte partout keinen Bewegungsdrang. Eh die Frau sich’s versah, hatte sich ihr kleiner Begleiter auf seinen dicken Dackelpopo fallen lassen und dachte gar nicht daran, sich freiwillig von der Stelle zu rühren. Nachdem weder gutes Zureden noch lautes Schimpfen den Trotzkopf auf Trab zu bringen vermochten, zauberte die krisenerprobte Hundebesitzerin siegessicher ein Wiener Würstchen aus der Tasche. Bingo! Von einer Sekunde auf die andere setzte Herkules sich watschelnd in Bewegung. Die beiden schienen ein eingespieltes Team zu sein.
    Prompt musste ich an Thomas denken. Wir waren auch ein perfekt eingespieltes Team. Zu perfekt? War es vielleicht das, was ihm Angst machte? Hatte er Schiss, dass es immer so weitergehen würde? Tag für Tag, das ganze Leben. Befürchtete er, etwas zu verpassen? Vermisste er die Spannung, die Überraschungen? Wir kannten einander fast in- und auswendig. Oft wusste ich im Voraus, was Thomas denken, tun oder sagen würde, und ihm ging es andersherum genauso. Unsere Beziehung verlief in geregelten, ruhigen Bahnen. Gut, mitunter war unser Zusammenleben etwas monoton geworden. Aber war das nicht normal nach so vielen Jahren? Was konnte man da schon großartig erwarten? Dass der Partner plötzlich im Bett einen doppelten Salto schlägt oder dass der Fleurop-Bote täglich dreimal klingelt?
    Unwillkürlich lief ich schneller, mein Atem ging stoßweise. Natürlich vermisste ich auch ab und zu dieses Kribbeln. Dieses Gefühl, wenn auf einmal alles versagt: der Kreislauf, das Deo, der Verstand ... Aber alles Neue würde irgendwann alt sein, der anfängliche Reiz würde verfliegen. Wollte Thomas für diesen kurzen Kick unsere Beziehung aufs Spiel setzen? Meine Gedanken purzelten wild durcheinander. Die ganze Situation erschien mir auf einmal so irreal, so absurd. Ich kam mir vor wie im falschen Film. Es war noch keine zwei Tage her, da war ich mir sicher gewesen, dass wir heiraten würden und bald ein kleiner Hosenscheißer unsere Wohnung und unseren Alltag auf den Kopf stellen würde. Wenn Thomas das alles gar nicht wollte, hatte unsere Beziehung dann überhaupt eine Perspektive? Ich war ein Familienmensch, schon immer gewesen, ein Leben ohne Kinder kam für mich nicht in Frage.
    Ich vergrub meine Hände noch tiefer in den Jackentaschen. So oder so, ich musste herausfinden, ob ich nur bis zum Bauchnabel oder schon bis zum Hals in der Scheiße steckte!
    Die ersten Tropfen, die dick und schwer auf meinem Kopf landeten, rissen mich aus meinen Grübeleien. Sorgenvoll schaute ich nach oben. Der Himmel war rabenschwarz, über uns türmten sich riesige, dunkle Wolkenberge. Von wegen alles Gute kommt von oben – jede Menge Schlechtes leider auch! Innerhalb von Sekunden steigerte sich der Regenschauer zu einem heftigen Wolkenbruch. Ruck, zuck war ich nass bis auf die Haut, und die Daunenjacke zog mich auf dem Nachhauseweg bei jedem Schritt wie ein tonnenschweres Gewicht nach unten.
    Als ich die warme Küche betrat, war Thomas gerade damit beschäftigt, ein Brötchen fingerdick mit Butter und Marmelade zu bestreichen. Er pfiff fröhlich vor sich hin und machte einen durch und durch gut gelaunten und unbekümmerten Eindruck. Eingehüllt in eine Wolke seines markanten Aftershaves, verströmte er aus jeder Pore Frische und Vitalität. Sosehr ich diese Ausstrahlung sonst an ihm mochte, in diesem Moment hasste ich ihn dafür. Konnte er nicht ein bisschen vergrämt aussehen? Wenn schon nicht aus Überzeugung, dann wenigstens mir zuliebe?
    Seit unserer Auseinandersetzung hatten wir noch kein einziges Wort miteinander gewechselt. Aber unsere Differenzen in puncto Zukunftsplanung schienen ihm, wie ich ja gestern Abend bereits hatte feststellen dürfen, nicht so

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