Die Lavendelschlacht
Bevölkerung heimsuchte. Thomas war leider auch infiziert, und wir gerieten uns darüber regelmäßig in die Haare.
Heute war ich allerdings ausgesprochen friedfertig, denn eigentlich war es mir egal, was da über den Bildschirm flimmerte. Ich bekam ohnehin nichts davon mit, denn mich beschäftigte eine andere, wesentlich wichtigere Angelegenheit: unsere Zukunft. Alles lief bestens – wenn man davon absah, dass wir uns im Kreis drehten. Wir waren wieder haargenau an dem gleichen Punkt angelangt, an dem der ganze Schlamassel begonnen hatte. Zugegeben, der Sex war um Längen besser, aber ansonsten war alles beim Alten. Genauso, wie Thomas es haben wollte. Keine feste Bindung, keine Verpflichtungen – und auch keine Kinder. Ich wusste, dass es langsam Zeit wurde, dieses Thema anzusprechen. Aber irgendwie schob ich die fällige Aussprache immer weiter vor mir her.
»Erde an Annette. Hallo!« Thomas wedelte mit der Fernsehzeitung vor meinem Gesicht herum. »Sag mal, träumst du?«
Ertappt zuckte ich zusammen. Mein Blick haftete nach wie vor auf dem Fernseher, der nichts besonders Spannendes zu bieten hatte: Standbild. Uni grau. Thomas musste die Kiste ausgeschaltet haben, ohne dass ich es bemerkt hatte.
»Woran hast du denn gerade gedacht?«, nahm er mich in die Zange.
»Och, so dies und das«, antwortete ich vage und lächelte unschuldig. Thomas rutschte näher an mich heran und begann, meine verspannten Schultern durchzukneten. Ich schnurrte wie ein Kätzchen. Oh wow, wie ich das liebte. Und den Mann, der mir diese körperlichen Genüsse bereitete, auch. Ob das der richtige Zeitpunkt für ein Gespräch war?
Mittlerweile war er mit seiner Massage bei meinem Nacken angelangt. Seine Finger walkten und kneteten, dass es eine Wonne war. Meine Haut brannte unter seinen kräftigen und zugleich zärtlichen Berührungen. Unwillkürlich entschlüpfte mir ein sehnsuchtsvoller Seufzer. Thomas lief mir ja nicht davon, das Gespräch konnte warten. Eine Ganzkörpermassage mit allem Drum und Dran war mir jetzt entschieden lieber!
Thomas schien Gedanken lesen zu können. Seine Hände wanderten von meinem Hals weiter zu meinen Brüsten. Hmmm, mehr davon! Mein Wunsch war ihm Befehl. Ich revanchierte mich ausgiebig, und schon bald zeigten meine Liebkosungen die gewünschte Wirkung.
Während Thomas ins Schlafzimmer sprintete, um uns ein Kondom zu besorgen, warf ich die wenigen Kleidungsstücke, die ich noch am Leib trug, von mir. Da unser Liebesleben ja nun wieder auf Hochtouren lief, sollten wir eigentlich in jedem Raum ein Päckchen deponieren! Oder noch besser: endlich ganz darauf verzichten ...
Thomas kehrte zurück, und ehe wir’s uns versahen, lagen wir auf dem Teppich, wo wir uns von einer Woge der Leidenschaft davontragen ließen.
Mein Körper schien zu explodieren.
Mein Gott, wie gut sich das anfühlte!
Aber irgendwie fühlte es sich diesmal doch anders an.
Anders? Wie anders? Feuchter?
Ja, feuchter!
Verblüfft starrte ich auf das gerissene Kondom.
Thomas hatte dieses kleine Malheur offenbar auch die Sprache verschlagen. Er sagte keinen Ton.
Ich griff nach meinem BH, der in der Hitze des Gefechts auf dem Lampenschirm gelandet war und dort neckisch hin und her baumelte. Im Stillen rechnete ich nach. Man konnte diesen Tag durchaus als kritisch bezeichnen. Ich spürte förmlich, wie sich Thomas’ Spermien vergnügt ins Fäustchen lachten und in meinem Körper ausgelassen jauchzend ein Wettrennen veranstalteten. Nur zu, Jungs, dachte ich amüsiert, lasst euch nicht aufhalten!
Doch dann brüllte Thomas plötzlich wie von Sinnen los: »O Gott, das darf ja wohl nicht wahr sein!« Seine Stimme überschlug sich. »Scheiße!« Wahrscheinlich konnte man sein Geschrei noch drei Häuserblöcke weiter hören. Er war total von der Rolle.
Äußerlich gelassen, schüttelte ich die Sofakissen auf. »Wird schon nichts passiert sein.« Ich war genauso schockiert wie er. Allerdings weniger über diesen kleinen »Verkehrsunfall« als über Thomas’ Reaktion.
Völlig außer sich schlüpfte er in seine Hose und fischte die Socken unter dem Sofa hervor. »Wie konnte das bloß passieren, wie konnte das bloß passieren«, murmelte er dabei die ganze Zeit vor sich hin.
»Jetzt komm mal wieder runter. Und selbst wenn etwas passiert sein sollte – was ich natürlich nicht glaube –, wäre das doch kein Weltuntergang«, versuchte ich ihn zu beruhigen. Meine Worte bewirkten jedoch genau das Gegenteil.
Am darauf folgenden Wochenende
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