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Die Lavendelschlacht

Die Lavendelschlacht

Titel: Die Lavendelschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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zwar die kompliziertesten Grundrisse und Schaltpläne lesen konnte, war mit der Bedienungsanleitung eines Schwangerschaftstests überfordert.
    »Falls du es auf Deutsch nicht verstehst, es gibt auch eine Erklärung auf Englisch, Französisch und Spanisch«, neckte ich ihn, um die Atmosphäre ein bisschen aufzulockern.
    »Das heißt, also das heißt... Wenn ich das hier richtig interpretiere ...«
    Mann, o Mann, das dauerte mir jetzt echt zu lange. Bei ihm schien eine ganze Kompanie auf der Leitung zu stehen. »Zu viel Sex schadet der Figur«, half ich etwas nach und deutete vor meinem Bauch eine dicke Rundung an. »Ich bin schwanger.«
    Nach dieser Eröffnung musste Thomas sich erst einmal setzen. Schweigen.
    »Ist das Kind von mir?«, wollte er nach einer kleinen Ewigkeit wissen. An und für sich war allein die Frage schon eine Frechheit. Aber in Anbetracht der nicht ganz alltäglichen Situation beschloss ich, ihm das ausnahmsweise durchgehen zu lassen.
    »Nein, vom Heiligen Geist.« Ich verdrehte die Augen. »Natürlich ist es von dir.«
    Irgendwie sah Thomas erleichtert aus. Ein gutes Zeichen. Das ließ hoffen.
    »Und du willst es behalten?«
    Noch so eine dämliche Frage! Ich nickte so heftig, dass ich fast ein Schleudertrauma bekam.
    Thomas wandte den Blick ab und fixierte seine Schuhspitzen. Erst die rechte, dann die linke, dann wieder die rechte. »Gut, wenn du meinst. Schließlich ist es dein Körper und damit auch irgendwie deine Entscheidung.«
    Meine Entscheidung? Was gab’s denn da noch groß zu entscheiden? Außer vielleicht, wo die Wiege hingestellt werden sollte.
    Aber Thomas war noch nicht fertig. »Selbstverständlich werde ich meinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen«, setzte er supergestelzt hinzu.
    Mir verschlug es die Sprache. Er redete von einem Kind wie von einem Auto, das man mit Leasingraten abstottern konnte. Auf alles war ich vorbereitet gewesen, bloß darauf nicht. Gut, ich hatte nicht erwartet, dass er vor Begeisterung Luftsprünge machen würde. Aber insgeheim hatte ich doch gehofft, dass er sich freuen würde. Wenigstens ein winzig kleines bisschen.
    Und jetzt das!
    Ebenso gut hätte er mir ins Gesicht spucken können. In diesem Moment spielte es für mich keine Rolle mehr, dass ich in Wirklichkeit gar nicht schwanger war. Ob jetzt oder später – ich wollte nicht, dass mein Kind eines Tages ohne Vater aufwachsen musste.
    So sehr die Erkenntnis auch schmerzte: Es war ein Fehler gewesen, an unserer Beziehung festzuhalten. Ein saublöder Fehler. Wie war ich bloß auf die Idee gekommen, dass sich an Thomas’ Einstellung in puncto Familienplanung irgendetwas geändert haben könnte? Dass er auf seine ach so kostbare Freiheit verzichten würde?
    Durch dieses »Testergebnis« war ich zum Handeln gezwungen. Vermutlich hatte ich das unbewusst sogar damit bezweckt. Nun konnte ich mich nicht mehr länger dumm stellen, mir blieb nichts anderes übrig, als aus Thomas’ Verhalten die Konsequenzen zu ziehen. Und diese Konsequenzen taten verdammt weh!

Zwanzig
    Plötzlich ging alles sehr schnell. Kai und Mona, die endlich eine ruhig gelegene Altbauwohnung gefunden hatten, schlugen mir vor, Kais alte Junggesellenbude zu übernehmen. Dankbar nahm ich dieses Angebot an. Ich sah keinen Sinn mehr darin, um unsere Wohnung zu kämpfen. Sollte Thomas mit Herrn Wittgenstein und den hohen Raten glücklich werden! Außerdem fehlte mir die Kraft für eine Neuauflage unserer Lavendelschlacht. Ich fühlte mich innerlich total leer. Ausgepowert. Wie ein verschrumpelter Luftballon.
    Nachdem ich Thomas mitgeteilt hatte, dass ich ausziehen würde, sagte er, geplagt von schlechtem Gewissen, zu allem Ja und Amen. Selbst als ich verkündete, dass ich Linus mitnehmen würde, blieb der erwartete Protest aus. Er bot mir sogar an, mir beim Umzug zu helfen. Warum eigentlich nicht? Diesen letzten Dienst konnte er mir ruhig noch erweisen.
    Das Nervigste war die Packerei. Unvorstellbar, wie viel überflüssigen Pröttel ich im Laufe der Jahre zusammengehortet hatte. Wofür brauchte ich zwei Dutzend Blumenvasen? Ganz zu schweigen von einem ganzen Bataillon ausgespülter Senfgläser. Ich konnte mich nicht daran erinnern, die hässlichen Dinger schon jemals für irgendetwas benutzt zu haben. Aber wenn ich sie jetzt wegwarf, würde ich sie spätestens in einer Woche dringend benötigen. Also rein in die Kiste!
    Ächzend ließ ich mich in einen Sessel fallen. Zeit für ein Päuschen. Ich schüttete mir eine Tasse Kaffee

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