Die Lavendelschlacht
»Ich hab auf einmal total Panik bekommen. Heiraten, Kinderkriegen, das ist so endgültig. Du weißt schon: Kind, Köter, Kombi – die nächsten zwanzig Jahre. Wahrscheinlich muss ich mich langsam an den Gedanken gewöhnen ...«
Ich hatte beschlossen, fürs Erste nicht weiter in ihn zu dringen. So wie’s aussah, waren wir auf dem richtigen Weg. Wir liebten uns, alles Weitere würde sich finden.
Glücklich kuschelte ich mich in meine Decke. Ich war gerade im Begriff, wieder einzuschlummern, da klapperte die Schlafzimmertür.
Kurz darauf spürte ich Thomas’ warmen Atem in meinem Nacken. Seine Arme hatten sich einen Weg unter meine Bettdecke gebahnt und hielten mich von hinten fest umschlungen. Zärtlich hauchte er viele kleine Küsse auf mein Ohrläppchen.
»Aufhören, das kitzelt!« Lachend drehte ich mich zu ihm herum. Eine Welle der Zärtlichkeit schwappte über mich hinweg. In Thomas’ Augen konnte ich lesen wie in einem offenen Buch, Großdruckausgabe, und was da so drinstand, gefiel mir außerordentlich gut! Warum hatte ich bloß jemals an seiner Liebe gezweifelt?
»Gut geschlafen?«
»Hmmm«, brummte ich selig.
»Hungrig?«
Ich richtete mich auf. »Ein bisschen.«
Das Tablett, das Thomas auf der Bettkante abgestellt hatte, bog sich fast unter der Last der vielen Leckereien. Croissants, Rührei mit Speck, Kaffee und frisch gepresster Orangensaft, aufgebackene Pfirsichtörtchen – mir lief das Wasser im Mund zusammen.
Eine Weile herrschte gefräßiges Schweigen. Wir fütterten uns gegenseitig. Als ich Thomas einen Bissen Croissant in den Mund schob, fiel mein Blick zufällig auf das Päckchen mit den Kondomen, das auf dem Nachttisch lag. Vergangene Nacht hatten sie uns gute Dienste geleistet. Aber jetzt musste ich auf einmal an ihre Vorgeschichte denken.
Ich spürte einen dicken Knoten im Bauch. Das war die Eifersucht. »Wie war es mit Valerie? Im Bett, meine ich.«
Thomas lachte. Ich wusste nicht, was an dieser Frage so witzig sein sollte.
»Du wirst es nicht glauben, sie steht auf SM. Als sie mich mit Handschellen ans Bett gefesselt hat, fand ich das ja noch ganz lustig, aber bei der Peitsche ist mir das Lachen vergangen.«
Ich musste so heftig kichern, dass das Tablett auf meinem Schoß gefährlich ins Wanken geriet. Ein paar Tropfen Orangensaft schwappten über und versickerten in der Bettdecke. Um ein größeres Unglück zu verhindern, stellte ich unser Frühstück auf dem Boden ab.
»Hör mal, das war gar nicht komisch. Die Frau ist echt irre. Sie war von der fixen Idee besessen, ich müsste meine Neigungen ausleben. Wahrscheinlich hat sie angenommen, wer mit einer Frau wie dir zusammenlebt, muss ganz einfach masochistisch veranlagt sein«, neckte er mich. »›Sei ehrlich, du willst es doch auch‹, hat sie die ganze Zeit gefaselt.«
Ich wollte unseren Neubeginn nicht mit einer Lüge belasten und legte prustend ein Geständnis ab.
»Da muss ich dir wohl zur Strafe den Hintern versohlen.« Er schob mein T-Shirt nach oben und gab mir einen zärtlichen Klaps auf den Po. »Sei ehrlich, du willst es doch auch!«
Und ob ich wollte! Das Frühstück war vergessen.
Die nächsten Tage und Wochen hatte ich das Gefühl, unter Drogen zu stehen. Total zugedröhnt! Ich war nicht mehr Herrin meiner Sinne, mein Körper produzierte Glückshormone im Akkord. Herrlich! Ich kam mir vor wie frisch verliebt. Irgendwie war ich das wohl auch. Selbst das schlechte Wetter tat meiner Laune keinen Abbruch. Ich schwebte im siebten Himmel, und über den Wolken regnete es nun mal nicht!
Thomas und ich verbrachten jede freie Minute zusammen. Davon profitierte auch Linus. Er freute sich wie ein Schneekönig über die ausgedehnten Spaziergänge, die wir mit ihm unternahmen. Darüber hinaus fanden wir Zeit für all die schönen Dinge, die wir immer auf später, nächsten Monat, nächstes Jahr oder das nächste Leben verschoben hatten: für das Candlelight-Dinner bei unserem Lieblingsitaliener, Schlittschuhlaufen, einen Verwöhntag in der Sauna, den Theaterbesuch ... Auch unser Kurztrip nach Paris war bereits in Planung. Wir wälzten unzählige Reisekataloge. Unser Favorit war ein altes, nostalgisch eingerichtetes Hotel mit Blick auf die Seine. »Fast geschenkt«, prahlte der Reiseveranstalter. Wir waren da zwar etwas anderer Meinung, aber Herr Wittgenstein und die Sparkasse waren Lichtjahre entfernt. Irgendwo auf einem anderen Stern in einer fremden Galaxie.
Thomas überhäufte mich mit Blumen und Komplimenten. In
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