Die Lazarus-Vendetta
werfen. Aber sogar unsere wahren Freunde und Verbündeten müssen sehr vorsichtig zu Werke gehen. Sich auf die Seite der einzigen Supermacht der Welt zu stellen, war nie sehr populär, und viele dieser Regierungen sitzen im Augenblick nicht gerade fest im Sattel. Ein geringfügiges Umschwenken der öffentlichen Meinung würde ausreichen, sie zu stürzen.«
Ouray nickte. »Emily hat Recht, Mr President. Ich habe mit den Leuten drüben im Außenministerium gesprochen. Sie bekommen äußerst besorgte Anfragen aus Europa und auch von den Japanern. Unsere Freunde wollen die feste Zusicherung, dass diese Geschichten unwahr sind, und – genauso wichtig – dass wir beweisen, dass sie unwahr sind.«
»Etwas beweisen, das gar nicht existiert?« Castilla schüttelte frustriert den Kopf. »Das ist keine leichte Aufgabe.«
»Nein, Sir«, stimmte Emiliy Powell-Hill ihm zu. »Aber wir müssen unser Bestes versuchen. Entweder das, oder wir müssen dabei zusehen, wie sich unsere Verbündeten von uns abwenden und Europa noch weiter von uns wegrückt.«
Nachdem seine zwei engsten Berater gegangen waren, saß Castilla noch einige Minuten hinter seinem Schreibtisch und grübelte über verschiedene Möglichkeiten nach, wie er die Meinung der europäischen Öffentlichkeit und politischen Eliten beruhigen könnte. Seine Miene wurde zunehmend düsterer. Unglücklicherweise waren seine Optionen sehr begrenzt. Egal, wie viele Forschungslabors und Militärbasen die Vereinigten Staaten für die öffentliche Besichtigung zugänglich machten, sie konnten trotzdem nie den Sturm der durch das Internet geschürten Hysterie ganz besänftigen. Irrwitzige Gerüchte, maßlose Übertreibungen, getürkte Fotos und unverschämte Lügen konnten den Globus mit Lichtgeschwindigkeit umkreisen und waren viel schneller als die Wahrheit.
Ein leises Klopfen an seiner offenen Tür ließ ihn aufblicken. »Ja?«
Seine Sekretärin steckte den Kopf durch die Tür. »Der Secret
Service hat gerade angerufen, Mr President. Mr Nomura ist angekommen. Sie bringen ihn jetzt herein.«
»Diskret, hoffe ich, Estelle«, erinnerte Castilla sie.
Der Anflug eines Lächelns huschte über ihr sonst so formelles und sprödes Gesicht. »Sie kommen durch die Küche, Sir. Ich bin überzeugt, das ist diskret genug.«
Castilla lachte glucksend. »Sollte es eigentlich sein. Nun, wollen wir hoffen, dass keiner von den Presseleuten der Nachtschicht Hunger kriegt und dort nach was Essbarem rumstöbert.« Er stand auf, zog seine Krawatte gerade und schlüpfte in sein Anzugsjackett. An den Abfalltonnen der Küche vorbei ins Weiße Haus geschleust zu werden, stand im krassen Gegensatz zu der eindrucksvollen Zeremonie, die gewöhnlich einen Besuch beim amerikanischen Präsidenten begleitete, deshalb war das Wenigste, das er tun konnte, Hideo Nomura mit so viel Förmlichkeit wie möglich zu begrüßen.
Nur eine oder zwei Minuten später öffnete die Sekretärin des Präsidenten, Mrs Pike, dem Direktor der Nomura PharmaTech die Tür. Castilla trat seinem Gast mit einem breiten Lächeln entgegen. Die beiden Männer begrüßten sich nach japanischer Sitte mit schnellen, höflichen Verbeugungen und schüttelten dann einander die Hände.
Der Präsident führte seinen Gast zu der großen Ledercouch, die in der Mitte des Raums stand. »Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie so schnell kommen konnten, Hideo. Sie sind erst heute Abend aus Europa eingeflogen, wie ich höre?«
Nomura erwiderte das Lächeln höflich. »Das war kein großes Problem, Mr President. Das sind die Vorteile, wenn man einen schnellen Firmenjet besitzt. Eigentlich bin ich es, der sich bedanken sollte. Wenn Ihr Stab mich nicht kontaktiert hätte, hätte ich Sie um ein Treffen gebeten.«
»Wegen der Katastrophe am Teller Institut?«
Der jüngere Japaner nickte. Seine schwarzen Augen funkelten wütend. »Meine Firma wird diesen grauenvollen terroristischen Akt nicht so schnell vergessen.«
Castilla verstand seinen Ärger nur zu gut. Die Laboratorien der Nomura PharmaTech im Teller Institut waren vollständig zerstört worden, und der unmittelbare finanzielle Schaden für den in Tokio ansässigen multinationalen Konzern war immens – annähernd 100 Millionen Dollar. In dieser Summe waren die Kosten für die jahrelange Forschung, deren Ergebnisse zusammen mit den Labors ausgelöscht worden waren, noch gar nicht enthalten. Und der menschliche Verlust wog noch viel schwerer. Fünfzehn der achtzehn hochqualifizierten Wissenschaftler und
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