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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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dies übersehen, als eine geschehene Sach zu besten richten und vermittlen, daß sie hierdurch in keine Ungelegenheit kämen; dahingegen obligirten sie sich, ihm auf alle begebende Gelegenheit mit Darsetzung Guts und Bluts bedient zu sein. Sie baten mich auch alle auf den Knien um Verzeihung; ich konnte ihnen aber nur mit Weinen vergeben. Und also kam ich, zwar übel geschändt, aus dieser Bestien Gewalt in des Rittmeisters Hände, welcher mich weit höflicher zu tractiren wußte; denn er schickte mich alsobalden, ohne daß er mich einmal berührt hatte, durch einen Diener und einen Reuter von seiner Compagnia nach Dänemark auf ein adelig Haus, das ihm kürzlich von seiner Mutter Schwester erblich zugefallen war, allwo ich wie eine Prinzessin unterhalten wurde; welche unversehene Erlösung ich meiner Schönheit und meiner Säugamme zu danken habe, als die ohne mein Wissen und Willen dem Rittmeister mein Herkommen verträulich erzählt hatte.

Das dreizehnte Kapitel
    Was for gute Täg und Nächte das gräfliche Fräulin im Schloß
genoß, und wie sie selbige wieder verlor.
    Ich pflegte meiner Gesundheit und bähete mich aus, wie einer, der halb erfroren aus einem kalten Wasser hinter einen Stubenofen oder zum Feuer kommt; denn ich hatte damals auf der Welt sonst nichts zu tun, als auf der Streu zu liegen und mich wie ein Streitpferd im Winterquartier auszumästen, um auf den künftigen Sommer im Feld desto geruheter zu erscheinen und mich in den vorfallenden Occasionen desto frischer gebrauchen zu lassen. Davon wurde ich in Bälde wieder ganz heil, glatthärig und meines Cavaliers begierig. Der stellte sich auch bei mir ein, ehe die längsten Nächte gar vergingen, weil er der lieblichen Frühlingszeit so wenig als ich mit Geduld erwarten konnte.
    Er kam mit vier Dienern, da er mich besuchte, davon mich doch nur der eine sehen dorfte, nämlich derjenige, der mich auch hingebracht hatte. Es ist nicht zu glauben, mit was für herzbrechenden Worten er sein Mitleiden bezeugete, das er mit mir trug, um daß ich in den leidigen Wittibstand gesetzt worden, mit was für großen Verheißungen er mich seiner getreuen Dienste versicherte, und mit was für Höflichkeit er mir klagte, daß er beides mit Leib und Seel vor Lutter mein Gefangner worden wäre.
    »Hochgeborne schönste Dam,« sagte er, »dem Leib nach hat mich mein Fatum zwar gleich wieder ledig gemacht und mich doch im übrigen ganz und gar eueren Sclaven bleiben lassen, welcher jetzt nichts anders begehrt und darum hieher kommen, als aus ihrem Munde den Sentenz zum Tod oder zum Leben anzuhören; zum Leben zwar, wann ihr euch über eueren elenden Gefangenen erbarmet, ihn in seinem schweren Gefängnus der Liebe mit tröstlichem Mitleiden tröstet und vom Tod errettet, oder zum Tod, wann ich ihrer Gnad und Gegenliebe nicht teilhaftig werden oder solcher euerer Liebe unwürdig geschätzt werden sollte. Ich schätzte mich glückselig, da sie mich wie ein andere ritterliche Penthesilea mitten aus der Schlacht gefangen hinweg geführt hatte; und da mir durch äußerliche Lediglassung meiner Person meine vermeintliche Freiheit wieder zugestellt wurde, hub sich allererst mein Jammer an, weil ich diejenige nicht mehr sehen konnte, die mein Herz noch gefangen hielt, zumalen auch kein Hoffnung machen konnte, dieselbe wegen beiderseits wider einander strebenden Kriegswaffen jemals wiederum ins Gesicht zu bekommen. Solchen meinen bisherigen elenden Jammer bezeugen viel tausend Seufzer, die ich seithero zu meiner liebwürdigen Feindin gesendet, und weil solche alle vergeblich in die leere Luft gingen, geriet ich allgemach in Verzweifelung und wäre auch - -«
    Solche und dergleichen Sachen brachte der Schloßherr vor, mich zu demjenigen zu persuadirn, wornach ich ohne das so sehr als er selbst verlangte. Weil ich aber mehr in der gleichen Schulen gewesen und wohl wußte, daß man dasjenige, was einem leicht ankommt, auch gering achtet, so stellte ich mich, gar weit von seiner Meinung entfernt zu sein, und klagte hingegen, daß ich seine Gefangne wäre, sintemal ich meines Leibs nit mächtig, sondern in seinem Gewalt aufgehalten würde. Ich müßte zwar bekennen, daß ich ihm vor allen andern Cavalieren in der ganzen Welt zum allergenauesten verbunden sei, weil er mich von meinen Ehrenschändern errettet, erkennete auch, daß mein Schuldigkeit sei, solch ehrliche und lobwürdige Rach wieder gegen ihm mit höchster Dankbarkeit zu beschulden; wann aber solche meine Schuldigkeit

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