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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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unter dem Deckmantel der Liebe mit Verlust meiner Ehr abgelegt werden müsse, und ich eben zu solchem Ende an dieses Ort gebracht worden wäre, so könnte ich nicht sehen, was er bei der ehrbarn Welt für die beschehene ruhmwürdige Erlösung für Ehr und bei mir für einen Dank zu gewarten hätte, mit demütiger Bitte, er wolle sich durch eine Tat, die ihn vielleicht bald wieder reuen würde, keinen Schandflecken anhenken, noch dem hohen Ruhm eines ehrliebenden Cavaliers den Nachklang zufreien, daß er ein armes verlassenes Weibsbild in seinem Hause wider ihren Willen etc. Und damit fing ich an zu weinen, als wenn mirs ein lauterer gründlicher Ernst gewesen wäre, nach dem alten Reim:
Die Weiber weinen oft mit Schmerzen,
Gleich als ging es ihn' von Herzen;
Sie pflegen sich nur so zu stellen
Und können weinen, wann sie wöllen.
    Ja, damit er mich noch höher ästimiren solle, bot ich ihm 1000 Reichstaler als meine Ranzion an, wann er mich unberührt lassen und mich wiederum zu den Meinigen sicher passieren lassen wolle. Aber er antwortet, seine Liebe gegen mir sei so beschaffen, daß er mich nicht für das ganze Königreich Böhmen verwechseln könne; zu dem sei er seines Herkommens und Standes halber mir gar nit ungleich, daß es eben etwan wegen einer Heurat zwischen uns beiden viel Difficultäten brauchen sollte. Es hatte mit uns beiden ein Ansehen, als wann ein Täubler irgend einen Tauber und eine Täubin zusammen sperret, daß sie sich paaren sollen, welche sich anfänglich lang genug abmatten, bis sie des Handels endlich eins werden. Eben also machten wirs auch, denn nachdem mich Zeit sein bedunkte, ich hätte mich lang genug widersetzt, wurde ich gegen diesen jungen Buhler, welcher noch nicht über zweiundzwanzig Jahr auf sich hatte, so zahm und geschmeidig, daß ich auf seine güldenen Promessen in alles einwilligte, was er begehrte. Ich schlug ihm auch so wohl zu, daß er einen ganzen Monat bei mir blieb; doch wußte niemand warum, als obgemeldter einziger Diener und eine alte Haushofmeisterin, die mich in ihrer Pfleg hatte und Eure Gräfliche Gnaden tituliren mußte. Da hielt ich mich, wie das alte Sprichwort lautet:
Ein Schneider auf eim Roß,
Ein Hur aufm Schloß,
Ein Laus auf dem Grind –
Seind drei stolzer Hofgesind.
    Mein Liebhaber besuchte mich denselben Winter gar oft, und wann er sich nicht geschämt hätte, so glaub ich, er hätte den Degen gar an einen Nagel gehenkt; aber er mußte seinen Herren Vatter und den König selbst scheuen, als der sich den Krieg, wiewohl mit schlechtem Glück, ernstlich angelegen sein ließ. Doch macht ers mit seinem Besuchen so grob und kam so oft, daß es endlich sein alter Herr Vatter und seine Frau Mutter merkten und auf fleißiges Nachforschen erfuhren, was er für einen Magnet in seinem Schloß heimlich aufhielt, der seine Waffen so oft aus dem Krieg an sich zog. Derowegen erkundigten sie die Beschaffenheit meiner Person gar eigentlich und trugen große Sorge für ihren Sohn, daß er sich vielleicht mit mir verplempern und hangen bleiben möchte an einer, davon ihr hohes Haus wenig Ehr haben konnte. Derowegen wollten sie ein solche Ehe beizeiten zerstören, und doch so behutsam damit umgehen, daß sie sich auch nicht an mir vergriffen, noch meine Verwandten vor den Kopf stießen, wann ich etwan, wie sie von der Haushofmeisterin vernommen, von einem gräflichen Geschlecht geboren sein und ihr Sohn auch mir allbereit die Ehe versprochen haben sollte.
    Der allererste Angriff zu diesem Handel war dieser, daß mich die alte Haushofmeisterin gar vertraulich warnete, es hätten meines Liebsten Eltern erfahren, daß ihr Herr Sohn eine Liebhaberin heimlich enthielte, mit der er sich wider ihrer, der Eltern, Willen zu verehelichen gedächte, so sie aber durchaus nicht zugeben könnten, dieweil sie ihn allbereit an ein fast hohes Haus zu verheuraten versprochen; wären derowegen gesinnet, mich beim Kopf nehmen zu lassen; was sie aber weiters mit mir zu tun entschlossen, sei ihr noch verborgen. Hiermit erschreckte mich zwar die Alte, ich ließ aber meine Angst nicht allein nicht merken, sondern stellte mich darzu so freudig, als wann mich der große Mogul aus India wo nit beschützen, doch wenigst revanchiren würde, sintemal ich mich auf meines Liebhabers große Liebe und stattliche Verheißung verlassen, von welchem ich auch gleichsam alle acht Tage nit bloß liebreiche Schreiben, sondern auch jedesmal ansehenliche Verehrungen empfing. Dargegen beklagte ich mich in

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