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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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genossen, so die Würkungen haben sollen, einen Lärmen zu erregen, wie ich allererst einen erzählet. Weil er aber bei hohen und niedern Officiern wohl dran war, zumals wir ihn täglich bei unseren Kranken, die den italiänischen Luft nicht wohl vertragen konnten, brauchen mußten, ich auch selbst zu sorgen hatte, ich möchte ihm etwan heut oder morgen in die Kur kommen, so dorfte ich mich nicht kecklich an ihm reiben; gleichwohl wollte und konnte ich so viel Luftkerls, die zwar vorlängst wieder in der Luft zerstoben waren, ohngerochen nicht verdauen, obwohl sie auch andere riechen mußten, da gleichwohl sie selbst schon verdauet waren. Er hatte einen kleinen gewölbten Nebenkeller unter seinem Hause, darin er allerhand Waar enthielte, die zu ihrer Aufenthaltung einen solchen Ort erforderte; dahinein richtete ich das Wasser aus dem Röhrbrunnen, der auf dem Platz zunächst dabei stund, durch einen langen Ochsendarm, den ich am Brunnenröhrn anband, mit dem andern Ende aber zum Kellerloch hinein henken und also das Brunnenwasser die ganze lange Winternacht so ordentlich hineinlaufen ließ, daß der Keller am Morgen geschwappelt voll Wasser war. Da schwammen etliche Fäßlein Malvasier, spanischer Wein und was sonst leicht war; was aber nit schwimmen konnte, lag mannstief unter dem Wasser, zu verderben. Und demnach ich den Darm vor Tags wieder hinweg nehmen ließ, vermeinte jedermann des Morgens, es wäre entweder im Keller eine Quell entsprungen, oder dieser Posse sei dem Apotheker durch Zauberei zugerichtet worden. Ich aber wußte es zum besten, und weil ich alles so wohl ausgerichtet, lachte ich in die Fäuste, als der Apotheker um seine verderbten Materialia lamentirte. Und damals war mirs gesund, daß der Name Courasche bei mir so tief eingewurzelt gewesen, denn sonst hätten mich die unnützen Bursch ohne Zweifel die Generalfarzerin genannt, weil ichs besser als andere gekönnt.

Das achtzehnte Kapitel
    Gar zu übermachte Gottlosigkeit der gewissenlosen Courasche
(und Erwerb eines Spiritus familiaris).
    Der Gewinn, der mir in so mancherlei Hantierungen zuging, tät mir so sanft, daß ich dessen je länger je mehr begehrte; und gleichwie es mir allbereit eines Dings war, ob es mit Ehren oder Unehren geschähe, also fing ichs auch an nicht zu achten, ob es mit Gottes oder des Mammons Hülf besser prosequirt werden möchte. Einmal es galt mir endlich gleich, mit was für Vörteilen, mit was für Griffen, mit was für einem Gewissen und mit was für Hantierungen ich prosperirte, wann ich nur reich werden möchte. Mein Springinsfeld mußte einen Roßtäuscher abgeben, und was er nit wußte, das mußt er von mir lernen, in welcher Profession ich tausenderlei Schelmstücke Diebsgriffe und Betrüge gebrauchte. Keine Waar, weder von Gold Silber Edelgesteinen, geschweige des Zinns Kupfers Getüchs, der Kleidung und was es sonst sein mögen, es wäre gleich rechtmäßig erbeutet, geraubet oder gar gestohlen gewesen, war mir zu köstlich oder zu gering, daß ich nicht daran stund, solches zu erhandeln. Und wann einer nicht wußte, wohin mit demjenigen, das er zu versilbern, er hätte es gewonnen, wie er wollte, so hatte er einen sichern Zutritt zu mir wie zu einem Juden, die den Dieben getreuer sein, sie zu conservirn, als ihrer Obrigkeit, selbige zu strafen. Dannenhero waren meine beiden Wägen mehr einem Materialistenkram gleich, als daß man nur kostbare Victualia bei mir hätte finden sollen, und eben deswegen konnte ich hinwiederum auch einem jedwedern Soldaten, er wäre gleich hoch oder nieder gewest, mit demjenigen ums Geld helfen, dessen er benötigt war. Hingegen mußte ich auch spendiren und schmieren, um mich und meine Hantierungen zu beschützen.
    Der Profoß war mein Vatter, seine alte Mähr (seine alte Frau, wolt ich sagen) meine Mutter, die Obristin meine gnädige Frau und der Obrist selbst mein gnädiger Herr, welche mich alle vor allem demjenigen sicherten, dardurch ich und mein Anhang oder auch meine Handelschaft hätten einbüßen mögen. Einsmals brachte mir ein alter Hühnerfänger, ich wollte sagen, so ein alter Soldat, der lang vor dem böhmischen Unwesen eine Musquet getragen hatte, so etwas in einem verschlossenen Gläslein, welches nicht recht einer Spinnen und auch nicht recht einem Scorpion gleich sah. Ich hielt es für kein Insect oder lebendige Creatur, weil das Glas keinen Luft hat, dardurch das beschlossene Ding sein Leben hätte erhalten mögen, sondern vermeinte, es wäre irgends ein

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