Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche
er solle mir nur kecklich und vertraulich offenbaren, ob ichs so gar ohne Gefahr und auch so gar ohne Belohnung haben und solcher seiner ansehnlichen Dienste ohne andere Verbindung und Gegendienste genießen könnte. »Frau Courasche,« antwortet der Alte, »ihr wüßt bereits genug, daß ihrs nämlich um geringern Preis hingeben sollt, wann ihr dessen Diensten müd seid, als ihrs selbsten erkauft habt, welches ich euch gleich damals, als ihr mirs abgehandelt, nicht verhalten habe. Die Ursach zwar, warum, mag die Frau von andern erfahren.« Und damit ging der Alte seines Wegs.
Meine böhmische Mutter war damals mein innerster Rat, mein Beichtvatter, mein Favorit, mein bester Freund und mein Sabud Salomonis; ihr vertrauet ich alles, und also auch was mir mit dem erkauften Marktschatz begegnet wäre. »He,« antwortet sie, »es ist ein Stirpitus flammiliarum, der alles dasjenige leistet, was euch der Verkaufer von ihm erzählet; allein wer ihn hat, bis er stirbt, der muß, wie mir gesagt worden, mit ihm in die ander Welt reisen, welches ohne Zweifel seinem Namen nach die Höll sein wird, allwo es voller Feuer und Flammen sein soll. Und eben deswegen läßt er sich nicht anderst als je länger je wohlfeiler verkaufen, damit ihm endlich der letzte Käufer zuteil werden müsse. Und ihr, liebe Tochter, stehet in großer Gefahr, weil ihr ihn zum allerletzten zu verkaufen habt; denn welcher Narr wird ihn von euch kaufen, wann er ihn nit mehr verkaufen darf, sondern eigentlich weiß, daß er seine Verdammnus von euch erhandelt?«
Ich konnte leichtlich erachten, daß mein Handel schlimm genug bestellt war; doch machte mein leichter Sinn, meine blühende Jugend, die Hoffnung eines langen Lebens und die gemeine Gottlosigkeit der Welt, daß ich alles auf die leichte Achsel nahm. Ich gedachte: du willst dieser Hülfe, dieses Beistands und dieser glückseligen Avantage genießen, so lang du kannst; indessen findest du wohl einen leichtfertigen Gesellen in der Welt, der entweder beim schweren Trunk oder aus Armut Desperation, blinder Hoffnung großen Glückes, oder aus Geiz Unkeuschheit Zorn Neid Rachgier oder etwas dergleichen diesen Gast wieder von dir um die Gebühr annimmt.
Diesem nach gebrauchte ich dessen Hülf in aller Maß und Form, wie es mir beides von dem alten Verkäufer als auch meiner Kostfrauen oder angenommenen böhmischen Mutter beschrieben worden. Ich verspürte auch seine Würkung täglich; denn wo ein Marquetenter ein Faß Wein auszapfte, vertrieb ich deren drei oder vier. Wo ein Gast einmal meinen Trank oder meine Speis kostete, so blieb er das andermal nit aus. Welchen ich ansah und wünschte seiner zu genießen, derselbe war gleich fix und fertig, mir in der alleruntertänigsten Andacht aufzuwarten, ja mich fast wie eine Göttin zu ehren. Kam ich in ein Quartier, da der Hauswirt entflohen, oder daß es sonsten ein Herberg oder verlassene Wohnung war, darin sonst niemand wohnen konnte (maßen man die Marquetenter und Commißmetzger in keinem Palast zu logieren pfleget), so fand ich gleich, wo das Messer steckte, und wußte, weiß nit durch was für ein innerliches Einsprechen, solche Schätze zu finden, die in vielen, vielleicht hundert Jahren keine Sonne beschienen etc. Hingegen kann ich nicht leugnen, daß auch etliche waren, die der Courasche nichts nachfragten, sondern sie viel mehr verachteten, ja verfolgten als ehreten, ohne Zweifel darum, weil sie von einem größeren lumen erleuchtet, als ich von meinem flamine betört gewesen. Solches machte mich zwar witzig und lernete mich durch allerhand Nachdenken philosophiren und betrachten, wie, was und dergleichen. Ich war aber allbereit in der Gewinnsüchtigkeit und allen ihren nachgehenden Lastern dermaßen ertränkt, daß ichs bleiben ließ, wie es war, und nichts zum Fundament zu raumen gedachte, darauf meine Seligkeit bestund, wie auch noch. Dies, Simplice, sage ich dir zum Überfluß, dein Lob zu bekrönen, weil du dich in deiner Lebensbeschreibung gerühmt hast, einer Damen im Saurbrunnen genossen zu haben, die du doch noch nicht einmal kanntest. Indessen wurde mein Geldhaufen je länger je größer, ja so groß, daß ich mich auch bei meinem Vermögen fürchtete. Höre, Simplice, ich muß dich wieder etwas erinnern. Wärest du etwas nutz gewest, als wir mit einander im Saurbrunnen das Verkehren spielten, so wärest du mir weniger ins Netz geraten als diejenigen, die im Schutz Gottes waren, da ich den Spiritum familiarem hatte.
Das neunzehnte
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