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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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Kapitel
    Was Springinsfeld für einen Lehrmeister gehabt,
bis er zu seiner Perfektion kommen.
    Und noch ein anders mußt du auch wissen, Simplice. Nicht nur ich ging den obenerzählten Weg; sondern auch mein Springinsfeld, den du allerdings für deinen besten Cameraden und für einen braven Kerl in deiner Lebensbeschreibung gerühmt hast, mußte mir auch folgen. Und was wollts gehindert haben oder für ein großes Meerwunder gewesen sein, sintemal andere meinesgleichen lose Weiber ihre liederlichen Männer (wann ich anders Männer sagen darf, ich hätte aber schier fromme Männer gesagt) eben zu dergleichen losen Stücken vermögen, ich will nicht sagen, zwingen, ob sie gleich bei ihrer Vermählung keinen solchen Accord eingegangen, wie Springinsfeld getan? Höre die Histori!
    Als wir vor dem berühmten Casal lagen, fuhren ich und Springinsfeld in eine benachbarte Grenzstadt, die neutral war, Victualia einzukaufen und in unser Läger zu bringen. Gleichwie nun aber ich in dergleichen Fällen nicht allein ausging, als ein Nachkömmling der hierosolymitanischen Bürger zu schachern, sondern auch, als ein cyprianische Jungfrau meinen Gewinn zu suchen, also hatte ich mich auch wie eine Jesebel herausgeputzt, und galt mir gleich, ob ich einen Ahab oder Jehu verführen möchte. Zu solchem Ende ging ich in eine Kirche, weil ich mir sagen lassen, die meisten Buhlschaften würden in Italia an solchen heiligen Örtern gestiftet und zu Faden geschlagen, aus Ursach, daß man daselbsten die schönen Weiber, so liebenswürdig zu sein scheinen, sonst nirgends hinkommen lasse. Ich kam neben eine junge Dame zu stehen, mit deren Schönheit und Schmuck ich sogleich eiferte, weil mich derjenige nicht ansah, der ihr so manchen liebreichen Blick schenkte. Ich gestehe es, daß mich im Herzen verdroß, daß sie mir vorgezogen und ich von einem Leimstängler gegen ihr, wie ich mir einbildete, verachtet werden sollte. Solcher Verdruß und daß ich mich zugleich auf eine Rache bedacht', war meine größte Andacht unter dem ganzen Gottesdienst. Ehe nun solcher gar geendigt war, stellte sich mein Springinsfeld auch ein; ich weiß aber darum nit warum, kann auch schwerlich glauben, daß ihn die Gottesfurcht dahin getrieben, denn ich hatte ihn nicht darzu gewöhnet; so wars ihm auch weder angeborn noch aus Lesung der heiligen Schriften oder Hörung der Predigten eingepflanzt. Nichtsdestoweniger stellte er sich neben mich und kriegte den Befehl von mir in ein Ohr, daß er Achtung geben solle, wo gemeldte Dame ihre Wohnung hätte, damit ich des überaus schönen Smaragds, den sie am Hals hatte, habhaft werden möchte.
    Er tät seinem schuldigen Gehorsam gemäß wie ein treuer Diener und hinterbrachte mir, daß sie die vornehme Frau eines reichen Herrn wäre, der sein Palatium an dem Markt stehen hätte; ich hingegen sagte ihm ausdrücklich, daß er fürderhin weder meiner Huld länger genießen noch meinen Leib einigmal mehr berühren solle, es wäre denn Sach, daß er mir zuvor ihren Smaragd einhändigte, worzu ich ihm aber sichere Anschläg Mittel und Gelegenheit an die Hand geben wolle. Er kratzte sich zwar hinter den Ohren und entsetzte sich vor meinem Zumuten als wie vor einer unmöglichen Sach; aber da es lang herum ging, erklärt er sich, meinetwegen in Tod zu gehen.
    Solchergestalt, Simplice, habe ich deinen Springinsfeld gleichsam wie einen jungen Wachtelhund abgerichtet. Er hatte auch die Art darzu, und vielleicht besser als du, wäre aber nimmermehr von sich selbsten zu einem solchen Ausbund worden, wenn ich ihn nicht in meiner Schul gehabt hätte.
    Eben damals mußte ich mir wieder einen neuen Stiel in meinen Fausthammer machen lassen, welchen ich für ein Gewehr und einen Schlüssel brauchte, der Bauren Trög oder Kästen zu öffnen, wo ich zukommen konnte. Ich ließ denselben Stiel inwendig hohl drehen in gemessener Weite, daß ich entweder Ducaten oder eine Scheidmünz in selbiger Größe hinein packen möchte; denn weil ich selbigen Hammer jederzeit bei mir zu haben pflegte, indem ich weder ein Degen dorfte, oder ein Paar Pistolen mehr führen wollte, so gedachte ich ihn inwendig mit Ducaten zu spicken, die ich auf alle Glücks- oder Unglücksfäll, deren es unterschiedliche im Krieg abgibt, bei der Hand hätte. Da er fertig, probierte ich seine Weite mit etlichen Lutzern, die ich zu mir genommen, solche um ander Geld zu veralieniren. Die Hohle meines Stabs hatte eben die Weite ihres Bezirks, doch also eng und beschnitten, daß ich

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