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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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sie zu bestehlen, sondern auch solche Diebe mit Pistolen zu bewillkommen, mit welchen sie trefflich versehen waren. Als ich nun selbst wahrgenommen, wie die Tür ohne sonderlichen Rumor aufzumachen wäre, machte ich meinen Anschlag gar gering. Mein Springinsfeld mußte mir eine Welle scharfer Dörner in Mannslänge zuwegen bringen, woran auch beinahe ein Mann zu tragen hatte, und ich füllete eine messingene Spritze mit scharfen Essig. Also versehen, gingen wir beide an die gedachte Hütte, als jedermann im besten Schlaf war. Die Tür in der Stille zu öffnen, war mir gar keine Kunst, weil ich zuvor alles fleißig abgesehen; und da solches vollbracht und geschehen, stackte Springinsfeld die Dornwell vor die Stiegen, als welche selbst keine Tür hatte, von welchem Geräusch beide Italiäner erwachten und zu rumpeln anfingen. Wir konnten uns wohl einbilden, daß sie zum ersten zu obigem Loch herunter schauen würden, als dann auch geschah; ich aber spritzte dem einen die Augen alsobald so voller Essig, daß ihm seine Vorsichtigkeit in einem Augenblick verging; der ander aber lief im Hemd und Schlafhosen die Stiegen hinunter und wurde von der Dornwell so unfreundlich empfangen, daß er gleichwie auch sein Camerad in solcher unversehenen Begebenheit und großem Schrecken sich nichts anders einbilden konnten, als es wäre eitel Zauberei und Teufelsgespenst vorhanden. Indessen hatte Springinsfeld ein Dutzet zusammengebundene Reuterkoller erwischt und sich damit fort gemacht; ich aber ließ mich mit einem Stück Leinwat genügen, drehete mich damit aus und schlug die Tür hinter mir wieder zu, die beiden Welsche also in ihrer Anfechtung hinterlassend, wovon der eine ohne Zweifel die Augen noch gewischt, der ander aber noch mit seiner Dornwell zu handeln gehabt haben wird.
    Schaue, Simplice, so konnte ichs, und also habe ich den Springinsfeld nach und nach abgerichtet. Ich stahl, wie gehöret, nicht aus Not oder Mangel, sondern mehrenteils darum, damit ich mich an meinen Widerwärtigen revangiren möchte. Springinsfeld aber lernete indessen die Kunst und kam so meisterlich in die Griff, daß er sich unterstanden hätte, alles zu mausen, es wäre denn gar mit Ketten an das Firmament geheftet gewesen; und ich ließ ihn solches auch treulich genießen, denn ich gönnete ihm, daß er einen eigenen Säckel haben und mit dem halben gestohlenen Gut (maßen wir solche Eroberungen miteinander teilten) tun und handeln dörfte, was er wollte. Weil er aber trefflich auf das Spielen verpicht war, so kam er selten zu großem Geld; und wann er gleich zu Zeiten den Anfang zu einer ziemlichen Summa zuwegen brachte, so verblieb er jedoch die Länge nicht in Possession, sintemal ihm sein unbeständig Glück das Fundament zum Reichtum durch den unbeständigen Würfel jederzeit wieder hinweg zwackte. Im übrigen verblieb er mir ganz getreu und gehorsam, also daß ich mir auch keinen bessern Sclaven in der ganzen Welt zu finden getrauet hätte. Jetzt höre auch, was er damit verdienet, wie ich ihm gelohnet, und wie ich mich endlich wieder von ihm geschieden.

Das einundzwanzigste Kapitel
    Erzählung eines Treffens, welches im Schlaf vergangen.
    Kurz zuvor, ehe Mantua von den Unserigen eingenommen wurde, mußte unser Regiment von Casal hinweg und auch in die Mantuanische Belägerung. Daselbsten lief mir mehr Wasser auf meine Mühl als in dem vorigen Läger; denn gleich wie alldorten mehr Volk war, sonderlich Teutsche, also bekam ich auch mehr Kunden und Kundenarbeit, davon sich mein Geldhaufen wieder ein merkliches geschwinder vergrößerte, so daß ich etlichmal Wechsel nach Prag und anderswohin in die teutschen Reichsstädte übermachte; bei solcher glücklichen Prosperität, großem täglichen Gewinn und genugsamem Überfluß, dessen ich und mein Gesinde genossen, da sonst mancher Hunger und Mangel leiden mußte, finge mein Springinsfeld allerdings an, das Junkernhandwerk zu treiben. Er wollte eine tägliche Gewohnheit daraus machen, nur zu fressen und zu saufen, zu spielen und spazieren zu gehen und zu faulenzen, und ließ allerdings die Handelschaft der Marquetenterei und die Gelegenheiten, sonsten irgend etwas zu erschnappen, ein gut Jahr haben. Über das hatte er auch etliche ungeratene und verschwenderische Cameraden an sich gehenkt, die ihn verführten und zu allem demjenigen untüchtig machten, worzu ich ihn zu mir genommen und auf allerlei Art und Weise angeführet hatte. »Ha«, sagten sie, »bist du ein Mann, und läßt deine Hur

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