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Die Lebensfreude

Die Lebensfreude

Titel: Die Lebensfreude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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auf dem gewünschten Grade festzuhalten. Lazare entzog den Algen wohl eine gewisse Anzahl Pottaschenbrom; da es ihm jedoch in der Folge nicht gelang, die vier oder fünf Körper, die er in den Abgang werfen mußte, genügend zu isolieren, so wurde der Betrieb zum Unglück. Er wurde krank, er erklärte sich für besiegt. An dem Abend, an dem Frau Chanteau und Pauline ihn anflehten, sich zu beruhigen, einen äußersten Versuch zu wagen, fand ein schmerzlicher Auftritt statt; es gab verletzende Worte und Tränen, Türen wurden mit solcher Heftigkeit zugeschlagen, daß Chanteau bestürzt in seinem Lehnstuhl in die Höhe fuhr.
    »Ihr werdet mich noch töten!« schrie der junge Mann und schloß sich, von einer kindischen Verzweiflung völlig niedergeschmettert, doppelt ein.
    Beim Frühstück des nächsten Tages wies er ein mit Zahlen bedecktes Papier vor. Man hatte bereits an hunderttausend Franken von den hundertachtzigtausend des Mädchens aufgezehrt. War es vernünftig, so fortzufahren? Alles werde verloren gehen; und seine Furcht vom Vorabend ließ ihn von neuem erbleichen. Übrigens gab ihm seine Mutter jetzt Recht; sie hatte ihm nie widersprochen, sie liebte ihn bis zur Mitschuld an seinen Fehlern. Nur Pauline machte noch etliche Einwendungen. Die Ziffer von hunderttausend Franken betäubte sie. Wie! So weit war man schon gekommen? Er hatte ihr bereits mehr als die Hälfte ihres Vermögens genommen? Hunderttausend Franken waren verloren, wenn er von weiteren Kämpfen abstand! Aber sie sprach vergebens, während Veronika den Tisch abdeckte. Um nicht in Vorwürfe auszubrechen, eilte sie zuletzt verzweifelt in ihr Zimmer und schloß sich dort ein.
    Hinter ihr war tiefe Stille eingetreten, die verlegene Familie vergaß sich am Tische.
    »Das Kind ist geizig, ein häßlicher Fehler«, sagte endlich die Mutter. »Ich will nicht, daß Lazare sich durch Anstrengungen und Verdrießlichkeiten tötet.«
    Der Vater wagte mit schüchterner Stimme zu sagen: »Von einer solchen Summe hatte man mir nichts gesprochen! ... Hunderttausend Franken! Mein Gott, das ist ja entsetzlich!«
    »Was sind denn hunderttausend Franken?« unterbrach sie ihn kurz angebunden nach ihrer Weise, man wird sie ihr zurückgeben ... Wenn unser Sohn sie heiratet, ist er Mann genug, um hunderttausend Franken zuverdienen.«
    Man machte sich sofort an die Auflösung der Fabrik. Boutigny hatte Lazare durch eine Aufstellung der mißlichen Lage so in Schrecken versetzt. Als er seinen Teilhaber zum Rücktritt entschlossen sah, erklärte er zuerst, sich in Algier niederlassen zu wollen, wo seiner eine ausgezeichnete Stellung wartete. Dann bezeugte er Neigung zur Übernahme der Fabrik; er schützte aber einen solchen Widerwillen dagegen vor, stellte so verwickelte Rechnungen auf, daß ihm der Grund und Boden, die Baulichkeiten und Apparate für die zwanzigtausend Franken Schulden zufielen; Lazare mußte es in den letzten Augenblicken noch als einen Sieg betrachten, von ihm fünftausend Franken in Wechseln herausgezogen zu haben, die von drei zu drei Monaten zahlbar waren. Am folgenden Tage verkaufte Boutigny die Kupferapparate, richtete die Gebäude zur Anfertigung von Soda für Handelszwecke im großen ein, und ohne sich mit irgendwelchen wissenschaftlichen Forschungen abzugeben, verfuhr er ganz nach der erprobten, praktischen Methode.
    Pauline schämte sich ihrer ersten Regung eines sparsamen und vorsichtigen Mädchens und war wieder sehr heiter und freundlich geworden, als müsse sie wegen eines Fehlers um Verzeihung betteln. Als Lazare sodann die fünftausend Franken in Wechseln brachte, triumphierte Frau Chanteau. Das Mädchen mußte sie eigenhändig in den Schubkasten zurücklegen.
    »Immerhin sind es fünftausend Franken, die wir wieder erwischt haben, meine Liebe ... Sie gehören dir, hier sind sie. Mein Sohn hat für alle seine Mühe auch nicht einen einzigen Franken für sich behalten wollen.«
    Seit einiger Zeit machte sich Chanteau in seinem Gichtstuhle große Sorgen. Obgleich er seiner Frau keine Unterschrift zu verweigern wagte, ängstigte ihn dennoch die Art und Weise, mit der sie das Vermögen ihres Mündels verwaltete; die Summe von hunderttausend Franken tönte ihm fortwährend in den Ohren. Wie konnte man an dem Tage, an welchem er Rechnung zu legen hatte, ein derartiges Loch zustopfen? Und das Schlimmste war, daß der Gegenvormund, dieser Saccard, der damals ganz Paris von seinen Spekulationen reden machte, sich plötzlich Paulinens erinnerte,

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