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Die Lebensfreude

Die Lebensfreude

Titel: Die Lebensfreude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola
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Armen ganz angehörte. Vom Morgen bis zum Abend verfolgte sie ihn mit unruhigen Augen. Sowie sie allein waren, küßte sie ihn und bat ihn, sich nicht mehr zu grämen. Er verberge ihr nichts, nicht wahr? er gebe sich nicht dem Schmerze hin, wenn niemand zugegen sei? Sie versicherte ihm, daß alles geordnet werden, daß sie alle anderen erdrosseln werde, falls dies zu seinem. Glücke notwendig sei. Nach vierzehntägigen fortwährenden Kämpfen dieser Art hatte ihr Gesicht eine wächserne Blässe angenommen, ohne daß sie indessen abmagerte. Zweimal war die Geschwulst an den Beinen wiedergekommen, dann war sie verschwunden.
    Eines Morgens klingelte sie Veronika herbei und zeigte dieser ihre Beine, die während der Nacht bis zu den Schenkeln angeschwollen waren.
    »Sieh einmal die Bescherung! Ist das aber ärgerlich! Und ich wollte gerade ausgehen!... Nun bin ich gezwungen, im Bette zu bleiben. Sage nichts, damit sich Lazare nicht beunruhigt.«
    Sie selbst schien gar nicht erschrocken. Sie sprach nur von einer kleinen Ermüdung, und das ganze Haus glaubte an eine vorübergehende Steifheit der Glieder. Als Lazare an den Strand gelaufen war, und Pauline es vermied, zu ihr hinaufzugehen, weil sie fühlte, daß ihre Gegenwart lästig war, quälte sie die Magd mit zornigen Anschuldigungen gegen das junge Mädchen. Sie konnte nicht mehr an sich halten. Die Bewegungslosigkeit, zu der sie verdammt war, dieses Herzklopfen, das sie bei der geringsten Bewegung zu ersticken drohte, schienen sie in eine wachsende Erbitterung zu versetzen.
    »Was tut sie unten? Soll es wieder ein Unglück geben?... Du wirst sehen, sie bringt mir nicht einmal ein Glas Wasser.«
    »Freilich,« entgegnete die Magd, »weil Sie sie zurückstoßen.«
    »Laß das! Du kennst sie nicht. Es gibt keine schlimmere Heuchlerin als sie. Vor den Leuten zeigt sie ein gutes Herz; aber hinter dem Rücken frißt sie dich... Geh, du allein hast klar gesehen an dem Tage, an dem ich sie herbrachte. Wenn sie unser Haus nie betreten hätte, würden wir nicht dahin gekommen sein, wo wir jetzt sind... Sie wird uns ganz sacht auf den Hund bringen: der Herr leidet wie ein Verdammter, seitdem sie sich um ihn kümmert; mein Blut dreht sich in mir, so schüttelt sie mich, und was meinen Sohn anbelangt, so hat er den Kopf bald ganz verloren.«
    »Wie kann man so etwas sagen; sie ist so gut zu Ihnen allen!«
    Bis zum Abend erleichterte sich Frau Chanteau ihr Herz. Alles wurde vorgebracht, das rohe Fortschicken Luisens und vor allem das Geld. Als Veronika nach dem Mittagessen wieder hinuntergehen konnte und Pauline in der Küche mit der Säuberung des Tafelgeschirrs beschäftigt antraf, wälzte sie ihrerseits alles ab, was sie auf dem Herzen hatte. Schon seit geraumer Zeit hielt sie diese sie empörenden Bekenntnisse zurück, diesmal aber strömten ihr die Worte ohne ihren Willen von den Lippen.
    »Ach, Fräulein, Sie sind zu gut, daß sie noch auf deren Teller achtgeben. Ich an Ihrer Stelle würde alles zerschlagen.«
    »Warum?« fragte das junge Mädchen erstaunt.
    »Weil Sie niemals soviel tun könnten, als man Ihnen nachsagt.«
    Das war ihr Ausgangspunkt, und sie ging bis auf die ersten Tage zurück.
    »Muß das nicht den lieben Gott selbst in Zorn bringen? Sie hat Ihnen Ihr Geld Sou für Sou weggesogen und das in so niederträchtiger Weise wie möglich. Mein Wort, es sah fast so aus, als müßte die da Sie ernähren... Als das Geld noch in ihrem Schreibsekretär war, machte sie alle möglichen Bücklinge davor, als wenn sie die Jungfernschaft eines Mädchens zu bewachen habe, was sie jedoch nicht verhinderte, krumme Finger und hübsche Löcher darin zu machen. Sie hat eine nette Komödie gespielt, um Ihnen die Geschichte mit der Fabrik auf den Buckel zu laden, und dann mit dem Rest des Schatzes den Haushalt fortzufristen. Wollen Sie etwas wissen? Nun wohl, ohne Sie wären sie alle vor Hunger krepiert... Sie hat auch eine schöne Furcht gehabt, als die anderen in Paris wegen der Rechnung sich meldeten. Donnerwetter, Fräulein, Sie hätten Sie geradenwegs vor das Strafgericht bringen können... Und das hat sie nicht gebessert, sie frißt noch heute an Ihnen und wird Sie bis auf den letzten Heller aufzehren. Sie glauben vielleicht, daß ich lüge. Sehen Sie, ich erhebe meine Hand zum Schwur! Ich habe es mit meinen Augen gesehen und mit meinen Ohren gehört, und ich sage Ihnen noch nicht einmal das Schmutzigste aus Achtung, Fräulein, denn als Sie krank lagen, ärgerte sie sich, daß

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