Die Lebensprinzipien
zunehmende Zentriertheit, höchstes Schöpfungspotenzial, den großen Vater.
7. Auf der letzten Stufe ist man eins mit allem und ganz bei sich in der Mitte.
Tierreich
Der Löwe als König der Tiere stellt den Archetyp wundervoll dar: Er ist zum Herrschen geboren, und seine große Mähne, die seinen Kopf sozusagen als Insignium seiner Macht umfängt und gebührend einrahmt, macht das allen (Weibchen) offensichtlich klar. Allerdings ist der daran anschließende Körper vergleichsweise schmächtig und wenig Ehrfurcht gebietend.
Der männliche Löwe selbst jagt nicht einmal, sondern hat dies an seine zahlreichen Weibchen delegiert. Und delegieren kann das Sonnenprinzip meisterlich; andere sprechen von eklatanter Faulheit. Als Macho, wie er im Buche steht, frisst er immer zuerst. Die Weibchen sind entsprechend abgerichtet und überlassen ihm jeweils die frischgerissene Beute. Gefährlich ist der König nicht oder höchstens, wenn er Hunger hat. Das kann nur vorkommen, wenn sein Hofstaat nicht funktioniert, was selten ist, denn Löwen haben und beanspruchen ihr festes Revier, das sie sich entsprechend ihrer Macht leisten können und erobern (lassen). So spielt sich das Leben des männlichen Löwen zwischen Jagd, Schlaf und Spiel ab. Das
heißt, er wartet eigentlich nur auf die Jagdbeute seiner Damen.
Das Liebesspiel des Löwen ist sprichwörtlich. Ein afrikanisches Sprichwort weiß: »Wenn sich die Löwen paaren, steht die Sonne still.« Immerhin dauert das Ganze mit ausgiebigem Vorspiel zehn Tage und zehn Nächte. Aber dafür hat der Löwenkönig auch elf Monate und zwei Wochen ausgeruht, wodurch ihm ausreichend Energie verbleibt, und die Weibchen müssen ja nur kuschen.
Neben dem imposanten Löwen gehören alle weiteren königlichen Tiere zum Sonnenprinzip, zum Beispiel der Adler als unumschränkter Herrscher und König der Lüfte, dem kein anderer Vogel unter dem Himmel gewachsen ist. Der Königstiger trägt seinen Anspruch schon im Namen. In den Teilen der Welt, die er beherrscht, gibt es die Konkurrenz der Löwen nicht, und er ist uneingeschränkt die Nummer eins, was Macht und Kraft angeht.
Bild 92
Der Leo pard oder Panther trägt einen ähnlichen Anspruch mit sich herum und ist tatsächlich eine Art König in seinem (Be-)Reich, wo ihm ebenfalls kein anderes Tier Konkurrenz macht. Der schwarze Panther Baghira bringt in Kiplings Dschungelbuch auch die herausragenden Herzensqualitäten dieses Prinzips ins Spiel.
Überhaupt können (Groß-)Katzen in mancher Hinsicht beim Sonnenprinzip eingeordnet werden. Sie betrachten selbst noch als banale Hauskatzen nicht selten das Haus als ihres und halten Hof; sie folgen eigenen Regeln, die sie nicht nötig haben, anderen zur Kenntnis zu bringen. Wie schwer sie zu domestizieren sind, weiß jeder Katzenfreund. Zu dressieren oder abzurichten sind sie kaum, weshalb sie im Zirkus so eine herausragende Rolle spielen. Die
Raubkatzendressur ist ja gerade wegen ihrer Schwierigkeit in Kombination mit ihrer Gefährlichkeit so beliebt.
In dieser Hinsicht ist noch der chinesische Chow-Chow zu erwähnen, der nicht nur wie ein Löwe aussieht, sondern unter den Hunden als schwersterziehbar gilt. Das aber bedeutet auf anderer Ebene, dass er selbstständig, eigenverantwortlich und ziemlich souverän ist.
Das Pferd gehört zum Jupiterprinzip, aber als jener königliche Vollbluthengst edelsten arabischen Geblütes, dessen Fell seidig glänzt und der weit und breit seinesgleichen sucht, ist es sonnenhaft. Auch der Hengst, der seine Herde führt, ist zum Sonnenprinzip zu rechnen, obwohl in Wirklichkeit eher die Leitstute das Sagen hat. Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei diesem Lebensprinzip eben hin und wieder weiter auseinander, als einem recht sein kann. Tatsächlich hat kein anderes Urprinzip so einen Hang zur Peinlichkeit, wenn es die hohe Ebene verfehlt. Bei keinem muss aber auch ein so hoher Anspruch verwirklicht werden.
Der Hahn als eindeutiger Chef des Hühnerhofes verkörpert natürlich das Sonnenprinzip. Mit untrüglichem Instinkt für die Würde seiner Position wählt er den höchsten Ort für seine markerschütternden Schreie, die keineswegs sinnlos sind, sondern immer wieder weit und breit klarstellen, wer in diesem (Hühner-)Hof das Sagen hat. An der Lautstärke und weitreichenden Wirkung wird auch gleich deutlich, wie gewaltig der hier vertretene Anspruch ist. Dass der Hahn nichts Sinnvolles leistet und nichts zum Florieren des Hühnerhofes beiträgt, kann nur
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