Die Lebensprinzipien
Leben ausgeht.
In Heuchelei lässt sich die Chance erkennen, schon heute so zu leben, wie wir morgen sein wollen. Das Gefühl, nie genug zu bekommen, und die damit verbundene Unbescheidenheit können genutzt werden, sich eben nicht zu bescheiden und rasch zufriedenzugeben. Das heißt, die eigenen Ansprüche sollten aufrechterhalten, die Kinder- und Jugendträume weiterverfolgt und ein Fundament darunter gebaut und die Ideale bewahrt werden, um den eigenen Lebenshunger zu kultivieren. Unersättlichkeit verrät, wie schwer man zu befriedigen ist und welch hoher Anspruch gestellt wird. Es gilt, ihn mutig zu bewahren und an seiner Umsetzung mit Schwung und Elan zu arbeiten – bei dem Versuch, dem Hunger auf Bildung, Leben und anderem gerecht zu werden.
Völlerei heißt auf der ungeschickt niedrigen Ebene des Körpers, mehr aufzunehmen, als einem und der eigenen Figur und Gesundheit guttut. Sich zu nehmen, was man braucht, bleibt aber richtig. Es gilt nur in der Symbolkette des Jupiterprinzips herauszufinden, was es wirklich ist und auf welcher Ebene. Anschließend sollte der Mut aufgebracht werden, davon auch genug und vielleicht sogar im Überfluss zu nehmen. Aus Überfluss lässt sich dann leichter weitergeben und zum Gönner, Geber und Mäzen werden.
Fettsucht ist übersetzt die Suche nach dem Jovischen. Es ist allerdings eine entwickeltere Ebene zu finden und vom Körper zum Geist fortzuschreiten. Wenn der Geist vor Ideen und Bildern überfließt und sich immer mehr ausweitet, besteht die Chance, dass diese Bildung in Weisheit übergeht.
Arroganz ist die Anmaßung, etwas Besseres zu sein. Im buddhistischen Sinn ist das mit der Inkarnation als Mensch bereits gegeben. Daraus könnten Dank und Verpflichtung erwachsen. Es ist die Verpflichtung zu erkennen, möglichst das Beste aus sich zu machen und sich ständig in diese Richtung zu entwickeln. Kritiklosigkeit bedeutet im erlösten Sinn völliges Annehmen dessen, was ist. Byron Katies Programm Lieben was ist bringt hier eine wundervolle Lösung. 34
3. Die dritte Entwicklungsebene deutet mit intellektueller Arroganz die Chance an, sich vom bloßen Wissen Richtung Weisheit zu entwickeln und über Wissenserwerb Bildung zu erlangen. Dies geschieht, indem sich Wissen mit Lebenserfahrung zu inneren Bildern, Symbolen und Mustern zusammenfügt und schließlich aus Detailwissen Zusammenhänge deutlich werden. Das Abstraktionsniveau wächst, und aus vielen Bäumen entsteht der Wald. Sich vom Detail zum Zusammenhang zu entwickeln ist der Weg vom Zwillinge-Merkurprinzip zum Schütze-Jupiterprinzip. Die jovische Schütze-Aufgabe ist es, aus den vom Gegenzeichen Zwillinge angelieferten
Details eine Synthese zu schaffen, denn unter dem Jupiterprinzip ist man auf der Suche nach dem Sinn hinter allem.
Der Versuch, das Paradies auf Erden zu verwirklichen, bleibt schwer, aber es ist wundervoll, ihm im jovischen Sinn äußerlich immer näher zu kommen, um es innerlich zu verwirklichen. Hier ist die Gefahr des Jupiterprinzips, dass man sich in hohen Ansprüchen an das Außen erschöpft und schließlich verliert, so dass das Innere und Eigentliche auf der Strecke bleibt. Egoistische Expansion findet ihre Lösung in der Ausweitung des Selbst und der Erkenntnis, in allem zu sein und alles auch in sich zu tragen. Die mystische Erfahrung Meister Eckharts macht das deutlich, wenn er sinngemäß sagt, wenn der Mensch in den Spiegel schaue, betrachte Gott sich selbst. Von ihrem Niveau aus erkannte die Inquisition daran Anmaßung und Gotteslästerung, von des Meisters Entwicklungsstufe her gesehen, war es die Ausweitung seines Selbst auf alles.
Maßloses Übertreiben zeigt den Wunsch, das rechte Maß zu finden, und die Gewissheit, noch nicht so weit zu sein. In der Übertreibung lässt sich die Aufforderung sehen, die Entwicklung weiterzutreiben, auch über das Ziel hinaus, in der Hoffnung, es so wenigstens irgendwann zu erreichen. Angemaßte Unfehlbarkeit ist der scheiternde Versuch, einen Zustand der Makellosigkeit zu spielen. Hier wäre es wundervoll, daraus ein Ritual zu machen und die Vervollkommnung als erlöste Stufe bewusst zu wählen, um immer vollkommener zu werden. Wenn der Papst ex cathedra , also mit dem Anspruch der Unfehlbarkeit spricht, sollte er sich dieser Verantwortung erstens bewusst sein und zweitens versuchen, ihr gerecht zu werden. Sonst kommt es zu der leidigen Situation, die ein alter Freund und Theologe mit den Worten kommentierte: »Schade, da hat der Heilige
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